Kapitel 4

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Ich traf Paul in dieser Woche noch zwei Mal wegen unserem Projekt. Einmal waren wir auch in der Bibliothek um nach literarischen Quellen zum Thema "Tropische Fischarten" zu finden. Wir redeten nicht viel. Vor allem nicht über persönlichen Kram, was mir sehr recht war. Ich wusste nicht was ich darüber denken sollte, dass ich Paul von meiner toten Mutter erzählt hatte. Eigentlich ging es ihn nichts an, aber ich bereute es auch nicht. Sein Mitgefühl und Verständnis hatten so echt gewirkt.

"Hey, Loverboy!", rief Jade und schnippte mit ihren langen Fingern vor meinem Gesicht herum. "Mmh?", fragte ich und sah auf. "Oooh, ist da etwa jemand in den Gedanken bei einem gewissen Paul Deyer?", fragte sie und verzog amüsiert die Mundwinkel. Ich warf ein Kissen nach ihr. Sie fing es aus der Luft und grinste. "Ich habe dich gefragt ob du jetzt heute bei der Party dabei bist oder nicht.", wiederholte sie so geduldig, als würde sie einem Kind erklären, dass eins und eins zwei ergibt. Ich verzog das Gesicht. "Wer schmeißt bitte Donnerstagabends eine Party? Sind alle so heiß darauf mit Kater in die Schule zu gehen?" Jade verdrehte die Augen über meine Spießigkeit. "Jemand der nun mal nur donnerstags sturmfrei hat.", erklärte sie und zog sich vor ihrem Schminkspiegel die Lippen nach. Ich streckte mich auf ihrem Bett aus. "Was ist jetzt? Kommst du mit?", fragte sie und drehte sich zu mir um.

"Habe ich eine Wahl?"

"Nein."

"Das ist unfair."

"Ich weiß." Jade grinste. "Meinetwegen, ich gehe mit.", gab ich mich geschlagen. "Gut, dann musst dich jetzt nur noch umziehen.", ordnete meine beste Freundin an, während sie sich dunkelgrünen Lidschatten mit Glitzer auf die Augenlieder pinselte. Ich sah an mir herunter. "Was stimmt denn mit meinen Klamotten nicht?", fragte ich verwirrt. Jade hob eine gepiercte Augenbraue. "Soll ich dir darauf ehrlich antworten?" Ich verdrehte die Augen. "Ich gebe dir was von meinem Bruder.", sagte sie und verschwand aus dem Zimmer. Kurz darauf kam sie mit einem schwarzen Shirt und einer ausgebleichten Hose wieder.

"Und für deinen Bruder ist es ok, wenn ich seinen Kram nehme?", fragte ich als ich mir kurz darauf das Shirt über den Kopf zog. Es saß ebenso gut wie die Hose und war sehr bequem. "Der bemerkt wahrscheinlich gar nicht, dass etwas fehlt.", antwortete sie und fing an meine Haare zu zerzausen. "Was machst du da?", fragte ich und versuchte mich ihren Fingern zu entziehen. "Ich versuche dich ein bisschen lockerer aussehen zu lassen.", gab sie zurück und begann wieder an meinen Haaren zu zupfen.

Die Party stieg bei Todd Spring, einem Zwölftklässer, der nur zwei Straßen von mir entfernt wohnte. Wir konnten die Bässe schon von weitem hören. Vor dem Haus standen Leute, die entweder rauchten, knutschten oder kotzten. Manche taten auch alles gleichzeitig. Es war kein schöner Anblick. Wir betraten das Haus und sofort kam ein Typ und begrüßte Jade überschwänglich. Sie war eher verhalten und schlängelte sich an ihm vorbei in die Küche. Mich im Schlepptau. Dort stand ein Fass Bier und mindestens ein Dutzend Footballer. Jade begrüßte ein paar von ihnen, dann gingen wir weiter ins Wohnzimmer, wo wir von Lucy und Aaron begrüßt wurden. Beide rochen nach Bier und schienen ausgesprochen gute Laune zu haben.

Ich setzte mich zu den beiden auf die Couch und Jade ging los um Getränke zu besorgen. Und dann sah ich ihn. Paul Deyer saß umringt von ein paar Mädchen an einem Fenster und rauchte. Sein Blick war verklärt und er wirkte nicht besonders sicher auf den Beinen. Ich kannte die Mädchen nicht, sie schienen von einer anderen Schule zu sein und in ihm wohl weniger den Außenseiter als den Bad Boy zu sehen. Ich verdrehte innerlich die Augen. Da musste man diesen Tussis nur einen Typen mit abgewetzter Lederjacke und langen Haaren hinhalten und schon schwirrten sie um ihn herum.

Jade kam gerade mit unseren Getränken zurück, als ich eine Stimme hörte, die meine gesamte Stimmung in den Keller rauschen ließ. "Huhu, Luke!", rief Ava Twigley und stöckelte auf ihren glitzernden Schuhen auf mich zu. Sie winkte und ließ damit das Bier in ihrem Becher gefährlich hin und her schwanken. "Was ein Zufall, dich hier zu sehen.", zwitscherte sie und wollte sich zwischen Jade und mich plumpsen lassen. Dabei stieß sie mit dem Ellbogen gegen meinen Becher und dessen gesamter Inhalt kippte sich über mein Oberteil und meine Hose aus.

All Of MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt