Das Haus der Familie Deyer war klein und wirkte heruntergekommen. Ich fragte mich wann das letzte Mal die Außenfassade erneuert worden war oder ob jemand den Sprung in der Glasscheibe der Eingangstür bemerkt hatte.
Als ich den Wagen vor dem Haus parkte, war ich unschlüssig ob ich ebenfalls aussteigen sollte. Immerhin hatte unsere Abmachung nur gelautet, dass ich sie nach Hause fahren sollte. „Kannst du mir helfen?", fragte Paul da plötzlich. Er war ausgestiegen und hatte die hintere Tür geöffnet um seine Geschwister aus dem Auto zu holen. „Die beiden sind eingeschlafen und ich kann sie nicht gleichzeitig tragen.", sagte er leise um die beiden nicht zu wecken.
„Klar." Ich stieg aus und ging um den Wagen herum um mich neben Paul zu stellen. Er hob seine Schwester vom Sitz und pflanzte sie mir auf den Arm. Ihr kleiner Kopf fiel gegen meine Schulter und ihre Hand hielt sich instinktiv an meiner Jacke fest. Sofort verspürte ich eine Welle der Zuneigung für dieses kleine Mädchen.
Paul nahm seinen Bruder auf den Arm und schloss die Haustür auf. Dahinter lag ein kleiner Flur von dem drei Türen in weitere Räume führten. Sie waren geschlossen. Doch Paul betrat die schmale Treppe und stieg mir voran in das obere Stockwerk, dort gab es mehr Türen, doch diese waren ebenso geschlossen, wie die im Erdgeschoss. Wir gingen in den Raum, der rechts von der Treppe lag. Sobald Paul das Licht einschaltete, wurde offenkundig, dass dies das Zimmer von seinen Geschwistern war. Es war in zwei Hälften geteilt, in denen die Betten der beiden standen. Sie waren vollkommen unterschiedlich gestaltet. Die eine Seite war von Bildern und Plakaten übersäht, die allesamt Prinzessinnen und die verschiedensten Fabelwesen zeigten, doch die andere Hälfte des Zimmers war wesentlich karger, nur ein einzelnes Plakat von Batman hing über dem Bett.
Wir verfrachteten die Kinder in ihre Betten, deckten sie zu und verließen den Raum so leise wie möglich. Als wir wieder draußen in der Dunkelheit standen, atmete ich kurz aus und wandte mich dann zur Treppe. „Warte.", sagte Paul und hielt mich am Arm fest. „Du kannst gerne noch bleiben, wenn du willst." Seine Worte drangen in mich ein und ihre Bedeutung wurde mir erst nach wenigen Momenten bewusst. Ich wusste nicht ob er mein Nicken sehen konnte, doch er wandte sich zu der Tür zu unserer Linken und ließ meinen Arm währenddessen nicht los.
Pauls Zimmer, schien größer zu sein, als das seiner Geschwister, was vermutlich daran lag, dass hier nur ein Bett stand. Aber abgesehen davon, war das Zimmer mit allen möglichen Dingen vollgestellt, wie einem Stapel Holzkisten auf dem – ein wenig wackelig – ein Plattenspieler thronte. Auch der Schreibtisch, war mit verschiedensten Broschüren und Zeitschriften übersäht, die alle das Thema Musik zu behandeln schienen. „Was ist das?", fragte ich, löste meine Hand sanft aus seinem Griff und ging um ihn herum um die Papiere genauer in Augenschein zu nehmen. Auf fast allen waren große, herrschaftliche Gebäude abgebildet. „Das ist Infomaterial von verschiedenen Musikakademien, auf die ich gehen will.", antwortete Paul und stellte sich hinter mich. „Du willst Musik studieren?", selbst ich konnte die offenkundige Überraschung in meiner Stimme hören. „Naja, es ist das einzige, was mich wirklich interessiert.", sagte Paul. Ich drehte mich zu ihm um. „Wirklich das Einzige?", fragte ich und registrierte im selben Moment, dass unsere Nasenspitzen sich fast berührten. Sein Blick fiel auf meine Lippen und er schüttelte leicht den Kopf. „Nein.", seine Stimme war ein wenig heiser. Dann beugte er sich vor und küsste mich.
Dieser Kuss fühlte sich anders an, als der erste. Ich legte meine Hand an seine Wange und dann zog er mich näher an sich heran. Durch seine Jacke hindurch, konnte ich die Stärke seiner Arme spüren. Mit jedem Moment wurde der Kuss intensiver und wir wankten zu seinem Bett hinüber. Als wir schließlich hinfielen lösten wir uns für einen Moment voneinander. Ich lag auf Paul und konnte direkt in seine dunklen Augen sehen. Sie waren am Rand dunkler als an der Pupille, wo sie mit goldenen Sprenkeln benetzt waren. Ich beugte mich hinab und küsste ihn erneut. Er rollte sich herum und als er über mir war zog er seine Jacke aus. Da er nur ein T-Shirt darunter trug, konnte ich seine Tatoos sehen. Ich hob meine Hand und strich mit den Fingern über die drei Ringe auf seinem Oberarm, bevor ich mich aufsetzte und ebenfalls meiner Jacke entledigte. Wir sanken zurück auf das Bett und ich strich mit meinen Händen über jeden Zentimeter von Paul den ich erreichen konnte. Mir war jeder Platz, der zwischen ihm und mir war zu groß und meine Klamotten waren viel zu eng. Ich zog Paul noch näher zu mir, sodass er sich nicht mehr auf die Ellenbogen stützten konnte, sondern auf mich fiel. Ich schnappte kurz nach Luft und Paul lachte. Er beugte sich gerade wieder hinunter als ein Klopfen den Moment wie eine Seifenblase zerplatzen ließ.
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All Of Me
RomancePaul Deyer. Wie beschreibt man Paul Deyer? Als Bad Boy? Als gefährlich? Als abgefuckt? Als Einzelgänger? Letztendlich ist Paul Deyer das genaue Gegenteil von Luke. Luke hat gute Noten, eine Clique von treuen Freunden und eine Faszination für den geh...