„Oh." Ich starre ihn einfach an, weil ich nicht erwartet habe, dass mir jemand nach draußen folgt. Erst recht nicht wegen den albernden Grund, mir mein verlorenes Plüschtier zurückzubringen, als wäre es ein lebenserhaltender Gegenstand. Aber umso mehr bin ich erstaunt darüber, mit welcher Entschlossenheit er mir das Stofftier hinhält.Als ich das sanfte Spiegeln der Sterne in seinen tiefbraunen Welpenaugen erkenne, muss ich allerdings lächeln. Er kann kaum älter als ich sein. Nicht bloß, weil er als einer der wenigen keinen Bart trägt, es ist sein ganzes Auftreten. Sein weiches Gesicht mit den großen Augen, den breiteren Wangen und den feinen Augenbrauen, wobei einer von dieser etwas wilder ist als die andere, da einzelne Strähnen aus der Form heraus stehen, und irgendwie erwische mich dabei, wie ich es als „entzückend" beschreibe. Er wirkt ein bisschen unbeholfen und nervös in dieser Situation, und sein Lächeln ist zappelig, da er nicht dazu imstande ist, meine Reaktion einzuschätzen. Sein aschbraunes Haar steht hier und dort etwas ab, hat sich bereits aus der nach zu streng gegeelten Frisur befreien können, die nicht wirklich zu ihm passt. Er scheint in der Tat nicht der normale Gast einer derartigen Veranstaltung zu sein. Wenn ich ihm mit meinem Bruder vergleiche, dann ist Tom hingegen zu ihm schlechthin der neue Prinz von England. Und dieser junge Mann... ist gewöhnlich, aber irgendwie auch nicht. Und es ist irritierend, nicht zu wissen, was ihn so ungewöhnlich macht.
„Danke", presse ich schließlich zwischen den Zähnen hervor und nehme ihm achtsam den Raptor ab.
Er nickt und will etwas erwidern, da liegen seine Schokoaugen eines unschuldigen Welpen auf meinen Unterarm. Dieser ist durch verschmierte Worte aus Tinte kaum erkenntlich, wirkt wie eine alte Schriftrolle aus dem Japanischen Mittelalter, da die Wörter ineinander verlaufen und graziöse Schwingungen aufweisen. Er verzieht das Gesicht, die eine Augenbraue wirkt noch unordentlicher als zuvor, als er sie fragend hochzieht, und dann sieht er den blauen Füller in meiner anderen Hand, an der auch schon einige Tintenflecke hängen.
„Ist das... gesund?", will er wissen, und sein Blick in meinen ertappten Gesichtsausdruck verrät mir bereits alles. Er hält mich für eine Wahnsinnige, wenn nicht sogar für einen Junkie. „Ich meine, ich habe gehört, dass Tinte krebserregend sein kann."
Ich blinzle, da seine Fürsorglichkeit mich völlig überrumpelt. „Komisch, dass sich dann andere tatsächlich Tattoos stechen lassen", sage ich mit dem Anflug eines leichten Lächelns.
Er muss zu meiner Überraschung grinsen und hebt die Hand, um noch mehr Strähnen aus dem Gel zu befreien. „Ja, richtig seltsam. Aber... du hast vorher wirklich unglaublich mit Tom getanzt. Das hat uns alle schnell die Situation mit dem Raptoren vergessen lassen."
Mir fällt es leichter mit ihm zu sprechen, wenn ich auf die geschriebenen Wörter auf meine Haut schaue. Ich setze das Plüschtier noch neben mich, da ich es schon lange genug gehalten habe, und ich will nicht ein weiteres Mal daran zurückerinnert werden, was es in mir ausgelöst hat.
„Irgendwas habe ich ja tun müssen, um diese Blamage zu retten."
„Blamage? Ich finde nicht, dass es das gewesen ist." Daraufhin muss ich ihn überrascht anschauen, und diese Wärme in seinen Welpenaugen ist so unbeschadet und ehrlich wie ich kaum die Seele eines einzelnen Menschen erblickt habe. „Darf ich mich zu dir setzen?", fragt er dann und deutet auf den Platz neben dem Raptoren. „Mir tut es auch gut, nach dem ganzen Trubel ein bisschen frische Luft zu schnappen, ehrlich zu gegeben."
„Nun, jetzt musst du mir auch erklären, warum du es nicht peinlich findest", entgegne ich ihm schmunzelnd und stecke dabei den Füller zurück in die Tasche meiner Latzshorts. Das Geschriebene auf meinem Unterarm müsste für den heutigen Abend reichen. Und wenn nicht, gibt es bestimmt noch Frauentoiletten, bei denen ich mein Ritual ungestört fortführen kann. Auch wenn sie kein so schönes Ambiente bieten wie der Ausblick des Balkons über den Sternenhimmel und die weit entfernte beleuchtete Großstadt. Doch mich interessiert in diesem Augenblick viel zu sehr, wie dieser jungen Mann mein Problem sieht und, vor allem, warum er nicht so gewöhnlich ist wie er aussehen mag.
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writing on skin. || Tom Holland FF
FanfictionEin Stift, eine Haut und Abertausenden von Worten. Immer wenn die Stimme in ihrem Kopf zu laut wird, dann sind es die Worte auf ihrer Haut, die sie letztlich retten. || Emilia ist das jüngste Mitglied der Hiddleston-Familie und hat es nicht immer le...