Kapitel VI.

25 1 0
                                    


Matos Sicht:
Silver hatte mich nun rausgenommen.

"Ein bisschen den Kopf frei kriegen..ich schätze, dass tut uns beiden mal ganz gut."

Shooter wollte in die Stadt gehen und nach Stofftieren gucken. Seit sie aus der anderen Welt raus war, hatte sie irgendwie ein Fabel für diese ausgestopften Fellknäule entwickelt. Unglaublich aber wahr. Dazu noch, als ob das nicht schon außergewöhnlich genug war, nein, sie sammelte gerne Stoffvögel. Eine ganze Kiste war schon voll davon. Das hatte mich immer zum amüsierten Grinsen gebracht und auch jetzt, wo der Otherself meiner Freundin und ich am Ufer des vielbedeutenden Flusses entlang liefen, tat es das. Silver schaffte es fast so gut wie Shooter, mich auf andere Gedanken zu bringen. Die gewisse Grausamkeit, die Eleganz und der Humor, welcher von Sarkasmus und Ironie gefüllt war, lenkten mich den ganzen Abend perfekt ab. Nur sehr wenige Male dachte ich noch an die derzeitige Problematik. Ich hatte doch gerade erst die Prüfungen geschafft und das wollte Silver anscheinend feiern. Stimmt...daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.

"Da wären wir, verehrtes Vögelchen."

Mein Blick wanderte zu der Stelle, auf die die Orangehaarige deutete. Es war ein schöner Platz auf dem saftig grünen Gras auf dem Deich neben den Fluten. Verträumt dreinblicktend drehte ich mich nun komplett zu dem Ort. Das klare Wasser glitzerte im Sonnenlicht und die verschwommenen Abbilder der Häuser auf dem anderen Ufer waren deutlich zu erkennen. Durch die kühle Luft, welche von dem Kanal kam, war es hier nicht so warm, wie es eigentlich sein sollte.

"Wie schön.."

raunte ich leise und ich sah zu Silver zurück. Kurzweilig hatte sie ihren Kopf gesenkt und schien sehr in Gedanken zu sein, ehe sie wieder lächelte.

"Alexis und ich sind oft hier gewesen. Dann hat sie mir erzählt, was ihr auf dem Herzen lag. All diese Geschichten, von denen sie mir...mitteilte..ich kenne keine stärkere Person als sie. Wirklich. Selbst ich, die unglaubliche Silver Rose Claw..ich glaube, nichtmal ich könnte meiner Alexis das Wasser reichen. Lange Rede, kurzer Sinn..."

Sie drehte sich zu mir um und legte mir beruhigend eine Hand an die Wange. Wie viele Kämpfe sie wohl schon bestritten hatte? Hätte sie diese Hand überhaupt noch? Dumme Frage, denn vermutlich nicht, so hart, wie sich die Otherselfs bekriegten. Das hatte ich am eigenen Leibe bei dem Kampf als Insane erfahren. Damals hatte ich vor unbändigbaren Schmerzen aus den tiefen meiner Kehle aufgeschrien. Kein Wunder, wenn einem einfach der Arm ausgerissen wird. Oder man das zumindest dachte, aber es nicht mein eigener war. Aber die Otherselfs in der anderen Welt, sie sagten dazu nichts. Sie zerbissen sich höchstens die Lippen oder schrien stumm auf. Teufelswesen. Wirklich. Aber zurück zu Silver. Ihre Narben am Körper verrieten einiges über Kämpfe von ihr oder auch Alexis. Was genau damals bei ihr Zuhause geschehen war, das hatte sie mir nochimmer nicht ganz verraten. Trotz dass der Otherself meiner Geliebten so oft eine Waffe in der Hand trug und so oft kurz vor dem Existenzaus stand, war ihre Haut tatsächlich sehr weich. Aber was wunderte es mich. Immerhin drehten sich gerade meine Gedanken um die 'unglaubliche Silver Rose Claw'.

"Egal wer sie genau im Gewahrsam hat...sie wird es schaffen. Und das sage ich nicht aus Leichtsinn. Ich weiß es einfach. Alexis hat alles erreicht, was sie wollte und hat sich immer für das aufgerafft, was ihr wichtig war. Hat Kraft geschöpft, obwohl keine mehr da sein sollte. Mach dir keine Sorgen um meine Schwester, kleines Vögelchen...ich kenne viele Kriegerinnen...aber meine Alexis ist mit Abstand die Stärkste."

Ein warmes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Etwas überrascht musterte ich sie genau. Das war so ungewohnt, dass ich schon fast mit einer spontanen Kitzelattacke rechnete. Silver war sehr selten so. Um genau zu sein nur, wenn sie zu viel getrunken hatte, an unseren Familienabenden, meist bestehend aus Stella, Silver, Alexis und meiner Wenigkeit. Leicht legte ich meinen Kopf schief, trat aber auf sie zu und kuschelte mich in ihre Arme. Ihre Brust war zum einschlafen weich. Wenn sie in der realen Welt geboren worden wäre, würden ihr bestimmt nahezu alle hinterherlaufen. Ob Mann oder Frau oder ein Geschlecht, für welches niemand einen Namen fand. Nun war die Orangehaarige diejenige, die vollkommen überrascht da stand. Erst einige Sekunden später, spürte ich langsam ihre Arme um meinen Rücken. Schweigend standen wir da und blickten zum Kanal hinaus. Wasser. Freiheit.

Erstrahlende Kontraste - BRS FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt