„Melania, du hast Post bekommen!", hörte ich die bekannte Stimme der Heimleiterin Miss Miller rufen.
Mein Herz machte einen Sprung. Obwohl es für Kinder im Waisenhaus sehr unwahrscheinlich war, hoffte ich, wann immer es Briefe gab oder jemand klingelt, dass es eine Nachricht von jemandem aus meiner Familie war.
Ich wusste fast nichts über sie, nur dass, was Miss Miller erzählt hatte. Und das war nicht viel. Meine Mutter hatte wohl mich und meinen Bruder vor ungefähr 10 Jahren - also Mitte Juli 1981 - mit einem Brief in diesem Waisenhaus abgegeben. Miss Miller wurde jedoch gebeten, uns diesen Brief noch nicht auszuhändigen. Erst sobald wir einen anderen Brief erhalten haben. Deswegen war ich gespannt und mein Gefühl mir sagt, dass es der erste Schritt wäre, das Rätsel zu lösen.
Also stürmte ich aus meinem Zimmer, rannte die Treppe hinunter – wobei ich fast hinfiel – und stand nur wenige Sekunden später vor Miss Miller, die gerade sagte:
„ ... und dein Bruder auch."
Dann schüttelte sie den Kopf und fuhr tadelnd fort:
„Wie oft habe ich dir jetzt schon gesagt, dass du nicht die Treppe runter rennen sollst? Bestimmt schon fünfzig Mal. Du verletzt dich noch und außerdem machen dir das dann alle nach!"
„Sie haben es mir oft gesagt, aber ich zähle es doch nicht mit! Mir passiert schon nichts! Und dass die anderen es mir nachmachen, dafür kann ich nun wirklich nichts. Schließlich denk ich nicht für sie", antwortete ich und strich mir eine lange, schwarze Strähne aus dem Gesicht. „Wo ist der Brief?"
Miss Miller seufzte.
„Wie immer mit der Tür ins Haus fallen, nicht wahr?"
Doch gnädiger Weise holte sie meinem Brief aus ihrer Schürze und wollte ihn mir gerade geben, als die Türglocke ertönte.
Mein Herz rutschte ausnahmsweise bei dem Geräusch in die Hose. Heute war nur Miss Miller da, was bedeutete, dass sie gehen musste und mir den Brief erst hinterher geben würde. Denn immer wenn hier einer Briefe bekam, wollte sie dabei sein, wenn sie geöffnet und gelesen wurde, falls einen der Inhalt zu sehr mitnahm. Und ich würde nicht weglaufen, da war die Wahrscheinlichkeit bei dem vor der Tür größer.
Miss Miller lächelte als sie mein Gesicht sah und meinte:
„Hol doch schon mal Arcturus und geht in mein Arbeitszimmer."
Damit konnte ich leben. Arcturus, mein Zwillingsbruder, war die einzige Person, der ich bedingungslos vertraute. Hatte ich Probleme, ging ich zu ihm. Umgekehrt war es genauso. Wo ich zu impulsiv und voreilig war, bremst er mich und brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Alle meine schlechten Eigenschaften, konnte er durch seine guten aufwiegen. Und das waren nicht wenige. Doch ich hatte den Verdacht, dass er hin und wieder fluchte, weil ihm das Leben als Zwillingsschwester einen so planlosen Menschen zur Seite stellte. Und ich konnte es ihm nicht verdenken.
Wir standen uns sehr nah, auch wenn wir so verschieden waren – oder vielleicht gerade deswegen.
Ich stürmte die Treppen also wieder hoch, rannte in den Jungenkorridor und verlangsamte erst kurz vor der Zimmertür meines Bruders die Schritte. Früher hatten wir noch in einem Zimmer geschlafen, doch vor ein paar Jahren wurde entschieden, dass ich bei den Mädchen und Arcturus bei den Jungen schlafen sollte. An seiner Tür angekommen, klopfte ich dreimal an, wartete fünf Sekunden, und öffnete sie dann. So hatten wir es vereinbart, damit wir uns schon am klopfen erkannten.
Als ich in das Zimmer trat, sah ich ihn auf seinem Bett liegen und lesen. Er hob einen Finger, als ich beginnen wollte zu erzählen, um mir zu signalisieren, noch kurz zu warten, bis er einen Abschnitt erreichte. Dann blickte er auf.
„Was gibt es?"
„Für uns ist Post angekommen, Turi. Wir sollen in Miss Millers Arbeitszimmer kommen."
„Gleich." Er senkte die Stimme. „Wann ist es bei dir zuletzt passiert?"
Ich wusste sofort, was er meinte, doch im Moment wollte ich nicht darüber nachdenken.
„Es ist schon eine Weile her – können wir darüber bitte später reden? Ich will wissen, was in den Briefen steht!"
Er lächelte sanft.
„Wie du willst. Aber, bitte, mache dir nicht so große Hoffnungen. Diese Briefe müssen nicht unser Leben verändern."
„Aber es wäre schön", murmelte ich, wusste aber, was er meinte. Mein Wunsch, etwas über meine Familie herauszufinden war so groß, dass ich häufig schon irrationale Hoffnungen hatte. Und es war Arcturus, der mich tröstete. Ich war wirklich froh, dass ich ihn hatte.
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Bildquelle Hogwarts:
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Der Weg von Melania Black
FanfictionMelania und ihr Bruder Arcturus erfahren, dass sie nach Hogwarts gehen können. Dort ändert sich ihr Leben und ihre Beziehung zueinander vollkommen. ABGESCHLOSSEN Fortsetzungen: "Melania Black - Schatten der Vergangenheit" "Melania Black - Bande der...