Rosenkrieg

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Sein Kopf ist schief gelegt. Aber nicht so, dass es tölpelhaft aussieht. Es hat mehr etwas majestätisches an sich. Unwillkürlich muss ich an Aslan denken. Wo er wohl nur schon wieder ist? Lebt er überhaupt noch, oder hat man den Löwen auch schon zur Strecke gebracht? Nein. Aslan hat schon weit mehr als die Telmarer überlebt. Er ist immer genau da, wo man ihn am wenigsten ertwartet und deswegen habe auch ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Diego bietet mir mit fragenden Blick seine Hand an. Kurz zögere ich, ehe ich auf ihn zugehe und er mich mit aus der Türe zieht.
"Wo bringst du mich hin?", frage ich beiläufig, als wir den in einen der unzähligen langen Gänge des Schlosses einbiegen. Der Boden ist ganz klassisch mit einem roten Läufer belegt und an den Wänden kann ich Fenster aus buntem Glas erkennen.
Sein Blick schweift zu mir und kurz lächelt er mich sanft an: "Ich will dir heute unseren Schlossgarten zeigen. Ich hoffe du fühlst dich dort wohl."
"Da bin ich mir sicher", antworte ich ehrlich, "ich mochte die Natur schon immer sehr. Wenn ich so zwischen den Pflanzen umher wandere, werde ich ruhig und kann besser nachdenken."
Verständnisvoll nickte er: "Da geht es mir genau so. Würde ich hier nicht ab und an rauskommen, dann wäre ich vermutlich schon eingegangen."
"Weißt du", fing er dann an zu erklären, "nachdem König Kaspian der Neunte, mein Vater, gestorben ist, hat sich hier sehr viel verändert. Es wirkt alles viel trister und weniger lebendiger als vorher. Ich hoffe nur, dass mein jüngerer Bruder ein besserer Herrscher wird, wenn er einmal gekrönt ist"
Mitfühlend sah ich ihn an. Wir waren mittlerweile schon dabei, die ersten Treppenstufen zum Schlossgarten hinunter zu steigen: "Das tut mir sehr leid für dich. Ich weiß wie es ist, seinen Va... Geliebte Personen sehr früh zu verlieren. Ich hoffe, du kommst einmal über die Trauer hinweg!" Beinahe hätte ich mich verraten. Ich beiße mir bestrafend auf die Lippe und schaue mir die prachtvollen Blumen im weitläufigen Garten des Telmarerschlosses an: Rosen, Narzissen, Dahlien, Nelken... Ich muss besser Aufpassen, ehe ich mich noch versprechen würde. Catarina de Salvatores Vater ist ganz sicher nicht tod. Meiner Schon...
Und Diego ist auch definitiv nicht dumm. Zweifellos ist ihm mein kleiner Versorecher Aufgefallen. Er hat nur nichts weiter dazu gesagt.
Um ihn irgendwie auf andere Gedanken zu bringen versuche ich so schnell wie möglich das Thema zu wechseln: "Warum ist überhaupt dein jüngerer Bruder vor dir in der Thronfolge. Sollte es nicht eigentlich anders herrum sein?"
Mein Begleiter runzelte die Stirn und sah von dem Rosenbusch auf, über dessen blühende Schönheit er gerade gebeugt war: "Caspian ist der Sohn unseres Vaters und der Königin. Ich wurde vor ihrer Zeit mit einer Frau niedereren Ranges gezeugt und bin deshalb nicht befugt den Thron zu erben, es sei denn als letzter Ausweg. Ich habe zwar einige Länderreien und Reichtümer gelte aber nicht direwkt als Mitglied der Königlichen Familie. Dass hat man dir doch aber schon in deiner Heimat erzählt, als sie dir sagten, dass wir verlobt sind. Oder etwa nicht?"
Oh Shit... Was jetzt? Okay, okay Kate, immer natürlich wirken und improvisieren: "Ich weiß es nicht... Ich denke schon, dass es mir erzählt wurde, doch ich habe wohl nie wirklich aufgepasst, weil diese Hochzeit damals für mich nie in Frage gekommen ist. Statdessen habe ich viel lieber Fluchtpläne geschmiedet und Vorräte für den Ernstfall gesammelt." Ganz genau so improvisiert man, Kate! Gut gemacht!
Diego nickt nur stumm. Ich muss ganz schnell das Thema wechseln, sonst reite ich mich noch in etwas hinein, aus dem ich nicht mehr herraus komme. "Sag mal...", beginne ich deswegen vorsichtig, "Ich habe einige Geschichten über die Eroberung Narnias gehört. Aber leider wollten mir meine Lehrer nie wirklich viel darrüber erzählen und ich finde die alten Geschichten schon irgendwie interessant..." Sein Lachen unterbrach mich. Es war schön und fröhlich. Seine perlweißen Zähne glitzerten dabei im Licht der Sommersonne. Unwillkürlich musste auch ich anfangen leicht zu lächeln, und ich wusste nicht warum.
"Du willst die alten Geschichten hören, nicht wahr?", fragte er mich schließlich.
Ich nickte und versuchte dabei so unschuldig wie möglich in den Boden zu schauen: "Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht. Jeder Telmarer steht ja anders zu den alten Geschichten."
Noch ehe ich richtig ausgesprochen habe, fasst mich Diego schon am Handgelenk und zieht mich sanft mit sich. Ein schelmisches Lächeln erscheint in seinem Gesicht, als er sich unterm gehen kurz einmal zu mir umwendet: "Keineswegs. Ich lese mir selbst sehr gerne die alten Schriften durch und interessiere mich auch sehr für sie. Was liege da näher, als sie auch dir vorzulegen?"
Wir haben den wunderschönen  Garten schon wieder verlassen und Diego führt mich durch unzählige Gänge des Schlosses. Es wird einige Zeit dauern, bis ich mir hier eingeprägt habe wo sich welcher Raum befindet.
"Wo bringst du mich eigentlich hin?", frage ich ihn schließlich.
Kurz bleibt er stehen, um mir tief in die Augen zu sehen: "An einen meiner Lieblingsorte!" Kurz erscheint ein verträumter Ausdruck in seinen tiefbraunen Seelenspiegeln, fast so als würde er kurz in eine andere Welt abdriften.
"Und der währe?", frage ich noch einmal nach.
"Du bist ganz schön neugierig", stellt er fest, gibt sich aber dann doch geschlagen, "Die Bibliothek!"

Die Rückkehr der RetterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt