Caspian der Zehnte

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Innerlich beleidige ich Diego immer noch als wir die große Bibliothek wieder verlassen. Immerhinn bin ich durch dieses gezwungene "Date" dazu in der Lage, einige wichtige Informationen über Narnia aufzugreifen. Nach über eintausend Jahren - wie ich eben erfahren habe - ist es schließlich ganz normal dass man nicht mehr so Up-to-date ist, oder? Auch habe ich herrausgefunden, dass Peter und Co. anscheinend auch verschwunden sind, während die Telmarer angegriffen haben. Dies erhöht immerhinn die Chance, dass er und die Anderen auch wieder nach Narnia Teleportiert wurden. Zudem ist zu meinem Glück der Glauben hier sehr verbreitet, dass es Mel und mich als Herrinen der Elemente niemals gegeben hat. So kann ich immerhinn weiter in die Rolle der Catatina de Salvatore schlüpfen, ohne Gefahr zu laufen erkannt zu werden. Zu meinem Leidwesen sind aber anscheinend auch nicht mehr viele der ursprünglich so zahlreichen Narnianen übrig. Was die Rückeroberung - sollte es denn eine geben - um Welten schwerer machen würde. Die einzige Frage, die sich mir stellt ist die, aus welchem Grunde ich gerade jetzt hier gelandet bin.
Nunja, ich hoffe, dass sie sich mir irgendwann doch noch erschließt...
Der Schleimbolzen führt mich einen anderen Weg zurück als den, den wir gekommen sind. Ich kenne mich hier absolut nicht aus, doch versuche trotzdem mit die Umgebung so gut wie möglich einzuprägen... Überall Verzweigungen und Sackgassen. Das wird schwer hier raus zu kommen.
Aber Gott sei Dank nicht unmöglich.
Wir sind gerade eine Steile Wendeltreppe hochgestolpert, als wir auf einen (zugegeben) traumhaft schönen, märchenhaften Balkon landen. Die Strahlen der letzten Abendsonne spiegeln sich in einem einfachen, munter sprudelnden Brunnen. Rosenstöcke mit tiefroten Blüten schließen das Becken von einer Seite in eine sanfte Umarmung und passen sich perfekt in die kalte, dunkelgraue Fassade des Schlosses ein. Ein Tropfen Schönheit in einer trostlosen Umgebung. Traurig und doch so wunderschön.
Diego steht vor dem Brunnen und streicht nachdenklich über den kaltfeuchten Stein ehe er sich an dessen Rand setzt und seine Hand sanft in das klare Wasser eintaucht.
„Das war früher der private Balkon meiner Mutter. Sie kam hier oft zum lesen her. Ich dachte du würdest ihn vielleicht gerne nutzen, Catarina.", er sieht mich aus tiefbraunen Rehaugen an und streckt mir leicht schüchtern seine Hand entgegen. Ich nehme sie unter zieht mich sanft aber bestimmt neben ihn auf den Rand des Brunnens.
Leicht lächele ich ihn an: „Das würde ich sehr gerne, wenn das für dich in Ordnung ist" Diego nickt nur und sieht mir stumm in die Augen. Ohne Worte, aber so lange und tiefgründig dass es auch keine Sprache benötigt um seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
Faszinierend. Ich würde fast schon sagen dass dieser Moment etwas romantisches an sich hat. Wenn auch nur einen Hauch. Doch lässt eben dieser unschuldige sanftmütige Hauch irgendetwas in mir einstürzen. Macht mich ein wenig sanfter gestimmt.
So schrecke ich auch nicht zurück als Diego unschuldig und sanftmütig eine Hand auf meine Wange legt und mir leicht, so dass ich es fast nicht bemerke, mit dem Daumen über die Lippen streicht.
Oh, wie ich solche Berührungen vermisst habe. Wie lange hat mich niemand mehr so angesehen? Es fühlt sich wie eine Halbe Ewigkeit an.
Wenn ich die Augen schließe kann ich mir sogar vorstellen wie Peter gerade mein Gesicht in seinen Händen hält. Instinktiv schmiege ich meine Wange etwas mehr in die warmen Handflächen.
Peter. Irgendetwas zuckt in mir zusammen bei dem Gedanken an ihn. Irgendwo kommen Schuldgefühle in mir hoch und ein Stimmchen schreit mich an dass ich hier ganz schnell die Notbremse ziehen sollte bevor noch etwas passiert das ich nicht geplant habe. Doch ich befördere das Stimmchen mit einem gekonnten Fußtritt in das hinterste Eckchen meines Bewusstseins. Gerade jetzt. Genau jetzt im Moment fühlt sich das alles gut an. Mehr als gut. Und ich will mich zumindest für einen kleinen Augenblick der Illusion hingeben wieder mit jemandem vereint zu sein an dessen Gesicht ich mich noch nicht mal mehr richtig erinnern kann. Alles was ich sehe wenn ich an Peter denke ist eine verschwommene Wasserzeichnung mit tiefblauen Augen und goldblonden Augen. Einen Mann mit dem Stolz eines Löwen.
Diego hingegen ist eher ein Wolf. Ein geschlagener, aber nicht zu unterschätzender treuer und doch grausamer edler Wolf.
„Entschuldigt. Ich störe dich nicht, oder?", eine fremde Stimme ertönt und lässt mich zurückzucken. Binnen einer Sekunde wurde ich aus meinem Tagtraum zurück in die Realität geschleudert. Und irgendwo in mir bin ich absolut froh darüber.
Diego lässt ein geschlagenes Seufzen ertönen als ich seine Hand wegschlage: „Hallo Bruder."
„Hallo Diego, hallo Madamme. Es tut mir sehr leid. Ich habe euch nicht gesehen. Eigentlich wollte ich hier her zum lesen. Aber dann suche ich mir wohl einen anderen Platz." , der Jüngling hat schulterlange schwarze Haare und lächelt mich freundlich an.
Ich stehe gehetzt auf und entschuldige mich bei dem Fremden: „Nein ist schon in Ordnung. Ich wollte sowieso gerade zurück in mein Gemach. Ihr könnt hier in Ruhe lesen. Herr..."
„Nennt mich Caspian. Caspian der Zehnte", hilft er mir in einem durchaus charmanten Akzent, nimmt sanft meine Hand in seine und drückt einen Kuss darauf während er eine leichte Verbeugung andeutet. Ganz kalt lässt mich das auch nicht.
„Verzeiht mir Prinz. Mein Name ist Catarina de Salvatore", auch ich Knickse leicht und beiße mir dabei auf die Lippen. Die haben hier schon ein paar richtige Schnittchen am Start.
„Na dann hoffe ich dass wir uns bald wieder sehen, Catarina", er verbeugt sich nochmals leicht und wendet sich dan lächelnd ab. Aber nicht ohne sich nochmals zu mir umzudrehen.

Die Rückkehr der RetterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt