In Windeseile ritten die beiden Ayia mit der kranken Naima zu Marlene nach Hause.
Dort wurde sie erstmal auf das Sofa gelegt.
„Mein Medizinbuch. Wo ist es?"
Besorgt durchforstete sie ihr riesiges Bücherregal.
Sie nahm alle Bücher raus und stapelte sie auf dem Tisch.
Kerzenlicht erhellte das Zimmer.
„Da! Zum Glück"
Während Marlene sich um Naima kümmerte, schaute Xeyla sich die vielen Bücher an.
Da war eins hinter das Regal gerutscht.
Es war ein großes und dickes Buch.
Eingeschlagen in wertvolles Leder mit goldener Aufschrift.
Sie wischte den Staub vom Umschlag
Es war eine fremdartige Schrift.
Unlesbar.
Sie öffnete es.
Es begann förmlich zu leuchten.
Es war alles Handgeschrieben, in einer schönen, schnörkeligen Schrift.
Leider auch unlesbar.
Zum Glück gab es kleine Zeichnungen neben den Texten.
Sie waren mit Bleistift dazugezeichnet.
Auf einer Seite sah man einen Drachen. Er kniete nieder vor einer Person.
Diese Person hatte eine Schriftrolle in der einen Hand, und einen Zepter in der anderen.
Es sah aus wie ein junger Mann, nur mit langen Haaren.
Diese waren mit schwarzer Tinte nachgezeichnet.
Auf einem anderen Bild war ein seltsames Objekt im Himmel zu sehen.
Es sah ein bisschen aus wie eine Pferdekutsche.
Nur ohne Pferde.
Langsam blätterte sie ein paar Seiten weiter.
Sie sah ein Bild von einem Ayi.
Er hatte seine Hände erhoben und man sah eine ferne Landschaft.
Darunter stand ein Wort.
Sie glaubte, das Wort 'Illusion' zu erkennen.
Sie blätterte durch bis zur letzten Seite.
Diesmal war es ein Portrait.
Ein Kind, ungefähr fünf Jahre alt.
Die Tinte war an einigen Stellen verwaschen.
Man sah noch getrocknetes Blut am Papier.
Unten stand nur ein Satz.
Drei Wörter.
Sie waren nicht schön und schnörkelig, sondern mit zittrigen Händen und schnell geschrieben worden sein.
Xeyla versteckte das Buch unter ihrem langen Rock, als auch schon Marlene ins Zimmer kam.
„Es ist nichts Schlimmes, nur eine Windrohrdistel Vergiftung.
Ich konnte ihr das Gift aus dem Blut zaubern" sagte sie ruhig.
Xeyla nickte nur.
Dann verschwand sie mit Naima in ihrem Zimmer.
Sie konnte nicht von dem Buch wegsehen.
Sie schaute das Portrait noch mal an.
Die Haare des Jungen waren auch mit schwarzer Tinte nachgezeichnet.
Plötzlich fuhr ein Windstoß aus dem Fenster.
Ein paar Seiten wurden mit dem Wind umgeblättert.
Da stand groß wieder das Wort ‚Illusion'.
Zumindest sah es sehr danach aus, dachte Xeyla.
Sie versuchte die kleine Schrift zu entziffern.
„Ich mache das Licht aus" sagte Naima kurz darauf.
„Ist okay. Ich habe den Lichtzauber" antwortete Xeyla.
Dann widmete sie sich wieder dem Buch.
Sie schaute konzentriert auf die schnörkelige Schrift.
Es waren vier Zeilen.
Die Uhr schlug zwei Stunden.
Xeyla kämpfte gegen ihre Müdigkeit an.
Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder.
Da lag das Buch.
Noch immer aufgeschlagen.
Sie beugte sich vor. Und da stand der Spruch.
Lesbar.
Langsam las sie die Sätze.
Sie flüsterte vor sich hin.
Mit Kraft und mit Licht
Das alles erhellt
Seh ich was ich will
Und erschaff' meine Welt.
Sie wiederholte die Worte.
Erst zaghaft, dann entschlossener.
Dabei stellte sie sich die Stadt vor.
Die Türme, die Dächer, den Marktplatz, die Kirchen, die Burgen...
Alles.
Sie sah es förmlich vor sich.
Dann schaute sie in den Himmel und erblickte ein seltsames Flugobjekt.
Jemand winkte ihr zu.
Sie konnte nur nicht erkennen, wer.
Langsam winkte sie zurück.
Sie hörte die Worte leise klingen, in einer fernen Melodie.
Erschaff meine Welt!
Erschaff meine Welt!
Ich erschaff meine Welt!
Echote es aus allen Ecken.
Sie war auf dem Marktplatz.
Es war laut.
Das Flugobjekt kreiste über dem Platz.
Es sah aus wie eine Pferdekutsche, nur ohne Pferde.
Sie schaute sich um.
Langsam verflossen die Farben.
Sie verlor den Halt unter ihren Füßen und fiel in die Tiefe.
Etwas wollte sie halten, sie spürte eine Hand ihre umklammern.
„Wo ist das Buch?"
Dann wurde es dunkel um sie herum.
Eine Kinderstimme rief etwas.
Sie verstand nur „Papa"
Danach antwortete eine Männerstimme: „Das Buch, mein Sohn. Das Buch"
Schüsse.
Ein Weinen. Ein kindliches Weinen.
Xeyla schreckte hoch.
Naima rüttelte sie.
„Aufwachen! Frühstück ist fertig!"
Xeyla schaute verschlafen auf die Uhr.
Halb elf.
„Oh Gott, hab ich so lange geschlafen?"
Naima nickte nur und lachte.
Xeyla stimmte mit ein.
Am Frühstückstisch dachte sie nach.
So etwas Aufregendes hatte sie noch nie geträumt.
Mit Kraft und mit Licht,
Murmelte sie,
Das alles erhellt,
Sie machte eine Pause,
Seh ich was ich will
Ihre Augen schlossen sich,
Und erschaff' meine Welt.
Sie wurde lauter.
„W-wie bitte?" Marlene schaute sie verdutzt an.
Dann schaute sie auf den Tisch.
Ihre Augen weiteten sich.
Sie konnte es nicht glauben.
Vor ihrer Nase, auf dem Tisch schwebte eine kleine, etwas durchsichtige Abbildung des Marktplatzes.
Sie zitterte einige Sekunden in der Luft und verschwand dann allmählich.
Xeyla öffnete die Augen.
Naima und Marlene schauten sie nur mit riesigen Augen an.
Marlene murmelte etwas, was sich wie „unglaublich" anhörte, aber Xeyla war sich nicht sicher.
„Was?" fragte sie nach.
„Was ist passiert?" fügte sie hinzu.
„Du-du..."
Aber ihrer Lehrerin blieben die Worte im Hals stecken.Und hier der 2. Teil! 🖤
Danke fürs lesen🖤
Feedback und Verbesserungsvorschläge immer willkommen!🖤
Eure Symenica
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Wo die Magie kein Ende hat
FantasyAls die junge Ayia Schülerin Xeyla ihre Heimat für immer verlässt um eine echte Ayia zu werden, ändert sich alles. Sie wird in ein spannendes aber auch gefährliches, langes Abenteuer hineingezogen, entdeckt die Schönheit der Welt, aber auch ihre dun...