Am nächsten Morgen wurde ich unsanft von meinem, viel zu lauten, Wecker geweckt. Verschlafen tastete ich auf dem Nachttisch nach ihm, um ihn auszuschalten und warf dabei mein Glas Wasser vom Tisch. Es landete auf Chico, der bis gerade friedlich auf dem Boden neben meinem Bett geschlafen hatte und nun empört bellend die gesamte Nachbarschaft mit aufweckte. Fluchend setzte ich mich auf und griff, diesmal wirklich, nach meinem Wecker, der aber zu meiner Verwunderung stumm war wie ein Fisch. Vollends verwirrt begriff ich, dass mein Handy den Lärm verursacht hatte.
Genervt nahm ich den Anruf an: "Guten Morgen", flötete mir Caro aufgeregt entgegen. Ich antwortete nur mit einem mürrischen Brummen, was sie allerdings ignorierte und sofort anfing zu reden, "Du hast mir doch gestern diesen mega schnulzigen Brief geschickt." begann sie. "Ja" sagte ich, immer noch verschlafen. "Ich hab da eben schon mal recherchiert", sagte sie. Ich sah auf die Uhr. Es war erst viertel vor fünf und mir wurde klar, dass sie wahrscheinlich noch gar nicht geschlafen hatte. Wieso war sie dann bitte immer noch so wach?! "Verstehst du was das bedeutet?!", brüllte sie mir förmlich ins Ohr. "Was?" fragte ich leicht dümmlich. "Mensch Zoey, dieser Steven war mit der Schwester von Alice verheiratet und hatte eine Affäre mit Alice und ist mit Sicherheit der Vater von Lilly! Das ist so skandalös und auch irgendwie aufregend!" "Und dafür rufst du mich um diese Uhrzeit an? Ich meine alles was du gesagt hast geht aus diesem Brief hervor und war mir gestern schon klar..." sagte ich leicht säuerlich. "Hast du mir eben nicht zu gehört?!" fragte Caro und dieses Mal war sie es, die einen verärgerten Unterton in der Stimme hatte. "Steven ist tot! Und das seit vier Jahren." "Was?! Wieso?" fragte ich geschockt. "Ja..." sagte Caro nun etwas ruhiger "es war wohl ein schwerer Unfall mit Fahrerflucht. Ich habe hier den Unfallbericht vorliegen. Er ist noch an der Unfallstelle verstorben und man hat nie den anderen Unfallgegner gefunden." "Das ist ja grausam. was ist denn nur los mit dieser Familie?!" antwortete ich verzweifelt. "Ich weiß auch nicht wie man so viel Pech haben kann... Ich meine überleg mal. Diese Claire Dwane heiratet Steven, er verliebt sich in ihre Schwester und bevor die die Sache richtig stellen können ist er einfach tot. Dann findet Claire einen neuen Mann und der wird dann kaltblütig ermordet in einem Müllcontainer gefunden." zählt Caro auf. Ein bisschen viel Pech für meinen Geschmack, dachte ich in diesem Moment und war froh, dass mir sowas bisher erspart geblieben ist. "Danke für die Info, auch wenn es leider nicht das ist, was ich hören wollte." antwortete ich. "Ja das tut mir leid, aber du machst das super mit Hund und Kind und ich bewundere dich dafür Zoey." baute Caro mich auf.
"Ach ja, das hätte ich fast vergessen. Die Psychologen von Alice halten es für hilfreich und heilsam, wenn sie Besuch von ihrer Tochter bekommt. Allerdings muss dann auch der Psychologe von Lilly einem Treffen zu stimmen." "Ich kümmere mich drum, Lilly hat da heute sowieso wieder einen Termin." antwortete ich. "Okay sehr gut. Hoffentlich bringt Alice so ein Treffen zum Reden..."erwiderte Caro. Wir verabschiedeten uns und ich stand auf. Um wieder einzuschlafen, war ich jetzt eh schon zu wach. Also ging ich, begleitet vom nassen und vorwurfsvoll guckenden Chico, in die Küche, um mir Kaffee und ihm ein Entschuldigungsfrühstück zu machen. Währenddessen ging ich das Telefonat mit Caro immer und immer wieder im Kopf durch. Ich war einerseits frustriert, weil ich die Hoffnung hatte, dass Steven des Rätsels Lösung war. Aber da Tote bekanntlich sehr schweigsam sind, war auch er wieder nur ein Umweg gewesen, der letztendlich in einer Sackgasse endete.
Wenn ich an den heutigen Tag und seine Herausforderungen dachte wurde mir außerdem ganz schlecht. Ich wollte nicht, dass Lilly wieder aufs Neue mit ihrer Mutter und den vergangen Erlebnissen konfrontiert werden würde. Ich machte mir Sorgen, ob und wenn ja wie ein so junges Mädchen mit solchen Situationen umgehen könnte. Aber die Entscheidung, ob sie bereit dafür war lag ja nicht in meiner Hand, sondern in der von Dr. Montgomery. Allein der Gedanke an ihn brachte mich so aus dem Konzept, dass mir das Marmeladenglas, das ich gerade auf den Tisch stellen wollte aus der Hand glitt, auf den Boden fiel und mitsamt der Marmelade meiner Küche innerhalb von Millisekunden einen ganz neuen Farbakzent verlieh. Chico, der auch noch in der Küche war und gerade dabei war seinen Napf zu leeren, schienen die kleinen, kirschroten Kleckse auf seinem Fell gar nicht zu gefallen. Er warf mir einen kurzen Todesblick zu und verzog sich dann grummelnd ins Wohnzimmer. Wie konnte ein Hund an einem Morgen, der gerade mal zwei Stunden alt war so viel Pech haben?
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Bloody Pictures
Mystery / Thriller"Bloody pictures" ist meine erste veröffentlichte Geschichte. Sie handelt von zwei zusammenhängenden Mordfällen und der Verstrickung eines der unschuldigsten Wesen auf dieser Welt, in solch eine Horrorsituation- einem kleinen Kind. Welches malt und...