Ganz nah dran

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Nach ein paar Minuten kehrte die Nachbarin mit dem Schlüssel zu uns zurück und übergab ihn uns mit den Worten: "Gut, dass es Menschen wie Sie gibt. Sonst wäre der arme Chico verloren..."
Ich persönlich fand die Aussage maßlos übertrieben, was aber vielleicht auch daran lag, dass ich ja wusste warum wir eigentlich hier waren...
"Das ist unsere Berufung," erwiderte Caro mit einem Lächeln, " und nochmal vielen Dank für Ihre Unterstützung". Sie wedelte mit dem Schlüssel und drehte sich zur Tür um sie aufzuschließen. Währenddessen verschwand die Nachbarin, zum Glück,wieder in ihr Haus und wir konnten wieder offen und ungestört reden.
Die Tür war gar nicht richtig abgeschlossen gewesen. Es wirkte eher, als hätte sie jemand nur schnell hinter sich zu gezogen.
Als wir das Haus betraten, schlug uns der Geruch nach Hundeurin und -kot entgegen, doch vom Hund war keine Spur. "Chico. Wo bist du mein kleiner?" rief Caro. Doch nichts rührte sich. "Ich glaube am besten sehe ich mich mal hier unten um und gucke ob ich den Hund finde und du machst das gleiche oben..." schlug ich Caro vor. Sie nickte nur, rief erneut nach dem Hund und begann die Treppe hinauf zu steigen.
Zuerst ging ich in die Küche. Sie wahr modern eingerichtet und wirkte dank drei großen Fenstern sehr hell und luftig. Auf dem Esstisch stand zu meiner Verwunderung eine Schale mit Müsli und Milch. Daneben stand ein großes Glas mit Saft. Alles in dieser Küche wirkte wie ein Stillleben, das gerade erst von den Bewohnern verlassen worden war. Doch als ich mich dem Tisch näherte verströmte besagte Schale einen säuerlich, vergorenen Geruch. Stimmt ja die Nachbarin sagte ja bereits, dass seit ein paar Tagen niemand mehr hier gewesen war...
Ich setzte meinen Rundgang fort und kam ins Wohnzimmer. Sofort bekam ich eine Gänsehaut, denn aus irgendeinem Grund kam mit der Raum bekannt vor... Die Dekoration, die Raumaufteilung... Ich hatte das schonmal gesehen...
Klar! Es traf mich wie der Blitz. Lilly hatte diesen Raum gezeichnet! Genau diesen hier. Jetzt erkannte ich die Bilder an den Wänden. Kein Zweifel! Lilly hatte diesen Raum hier gezeichnet und das bedeutete, dass dieser Raum irgendetwas mit dem Ganzen zu tun hatte ... Nur was?
"Zoey !" Caros Stimme klang verzweifelt also überlegt ich nicht lange, ließ Wohnzimmer Wohnzimmer sein und lief die Treppe in den ersten Stock hoch. "Zweite Tür links" lautete Caros Wegbeschreibung.
Als ich den Raum betrat hockte Caro vor einem Kinderbett auf dem Boden. Das Zimmer war in einen unerträglichen Gestank gehüllt, aber das schien Caro nicht im Geringsten zu stören.
Ich hockte mich ebenfalls hin, um unter das Bett sehen zu können.
Da lag ein kleiner Jackrussel-Terrier eng zusammen gerollt und mit weit aufgerissenen Augen, der uns drohend anknurrte. " Er will nicht raus kommen und wenn ich ihn anfassen möchte, dann schnappt er nach mir..." berichtete Caro. " Er wird sicher zutraulicher wenn wir ihm etwas zu fressen geben..." sagte ich und machte mich auf den Weg um nach Hundefutter zu suchen.
Ich wurde schnell fündig und ging mit einer Schüssel Futter zurück nach oben. Nachdem ich sie in die Mitte des Raumes gestellt hatte, sagte ich an Caro gewandt: "Wir sollten ihn jetzt mal alleine mit dem Futter lassen... Komm mal mit mir runter mir ist was aufgefallen..."
Hintereinander gingen wir die Treppe runter und ins Wohnzimmer. Ich holte mein Handy raus, denn ich hatte Lillys Bilder abfotografiert. Ursprünglich wollte ich sie mal einem Psychologen zeigen und ihn fragen, was er davon hält. Aber jetzt waren sie ebenfalls sehr hilfreich. Ich hielt Caro das Bild unter die Nase. Sie betrachtete es kurz und dann sagte sie: " Das ist dieser Raum hier. Sie hat diesen Raum gemalt. Aber warum?"
"Das habe ich mich auch schon gefragt." sagte ich.
Und plötzlich hatte ich eine Idee. Ich legte mich auf den Boden, um unter das Sideboard sehen zu können.
"Was hast du denn jetzt für Anfälle? Ist alles okay Zoey?" fragte Caro verwirrt.
Aber das bekam ich nur mit einem Ohr mit, denn ich war unter dem Schränkchen fündig geworden.
"Da sind Blutspritzer." sagte ich. Sofort lag Caro neben mir auf dem Boden. "Du hast Recht! Meinst du hier ist jemand... " "umgebracht worden." beendete ich ihren Satz.
"Das wissen wir gleich."sagte Caro, stand vom Boden auf und holte eine UV-Taschenlampe aus ihrer Tasche. Sie ließ den Lichtkegel über den Marmorboden fahren. Gespannt verfolgten wir ihn mit den Augen, wie eine Katze einen Laserpointer verfolgt...

Bloody PicturesWhere stories live. Discover now