Jackpot

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Schon als ich am nächsten Morgen aufstand stand ich unter Strom. Ich wusste selber nicht genau warum, aber ich hatte mal wieder ein komisches Gefühl in der Magengegend wenn ich an heute Nachmittag dachte. Wieso hatte ich mich auch überreden lassen?!
Naja, aber Caro war ja dabei und sie hatte bei ihrer Ausbildung zur Polizistin schon öfter Hausbesuche und andere unangenehme Tätigkeiten hinter sich gebracht. Sie war erfahren!
Mit dem Gedanken tröstete ich mich über den Vormittag im Kindergarten hinweg. Die Arbeit tat gut. Sie lenkte ab. Aber natürlich hatte ich auch an diesem Tag (leider) irgendwann Feierabend.
Meine Handyuhr zeigte 16:38 Uhr an. Ich war erst in einer knappen Stunde mit Caro am Herrbuschweg 13 verabredet. Also fuhr ich gemächlich und meine Lieblingsmusik hörend nach Pulheim.
Ich war die erste von uns beiden, die besagte Adresse erreichte. Ich parkte meinem Wagen in einer Parkbucht, blieb aber noch sitzen und sah mir das Gebäude von außen an.
Es war ein schönes und gemütlich wirkendes Einfamilienhaus und im Landhausstil gebaut. Ein gepflegter Vorgarten mit blühenden weißen Rosen rahmte die Front des Hauses nahezu malerisch ein.
Trotz dieser Idylle fühlte ich mich hier nicht sonderlich wohl, diese Atmosphäre...
Meine Gedanken wurden abrupt durch ein ohrenbetäubendes Hämmern an die Scheibe unterbrochen. Ich zuckte panisch zusammen und starrte erschrocken in Caros lachendes Gesicht. Ich kurbelte die Scheibe runter.
"Bist du bescheuert?! Du hast mich total erschreckt!" fuhr ich Caro an. " Tut mir leid, aber deine Beschattungsnummer war einfach zu witzig!" erwiderte sie grinsend.
"Du solltest froh sein, dass ich überhaupt gekommen bin! Mir fehlt nämlich definitiv das >Stalker-Gen< " sagte ich beleidigt.
"Jetzt stell dich nicht so an, komm wir gehen da jetzt einfach mal klingeln. Sieht doch nett aus." sagte Caro.
Etwas widerwillig verließ ich den Schutz meines Wagens und folgte ihr zu dem Haus.
"Was willst du überhaupt sagen ?" fragte ich panischer als ich klingen wollte.
"Na das ist doch dein Job. Frag einfach wieso Lilly nicht mehr in den Kindergarten kommt..." antwortete Caro mir lässig.
Die hatte vielleicht Nerven! Die Nummer hier war doch ihre Idee gewesen.
Ehe ich es mir nochmal anders überlegen konnte, klingelte Caro und ich dachte ich falle um...
Doch nichts tat sich.
Caro klingelte nochmal. Jetzt wesentlich länger und bestimmter als das erste Mal.
Sie wollte gerade zum dritten Mal ansetzen, als ich eine ältere Frau im Nachbargarten entdeckte, die uns echt gruselig ansah.
"Wer sind Sie und was wollen sie hier?! Die da,"sie wies mit dem Kopf Richtung Haus,"habe ich seit 4 Tagen nicht mehr gesehen."
Ich war total perplex und auch Caro schien keine Antwort parat zu haben.
Doch das Schicksal hatte Mitleid, denn im Haus bellte ein Hund.
Caro kombinierte blitzschnell und sagte: " Deshalb sind wir hier, wir sind vom Tierschutz und haben einen anonymen Anruf erhalten, dass hier ein armer Hund sich selbst überlassen wurde"
"Ja , der arme Chico tut mir wirklich leid... Wie kann man so etwas grausames tun?!" erwiderte die Dame.
Ich wäre an dieser Stelle gerne zu meinem Auto gelaufen und verduftet. Aber Caro forderte unser Glück weiter heraus: " Wirklich schrecklich... Haben sie denn keine Ahnung, wann diese Leute wieder zurück kommen?"
"Nein, es sieht ihnen auch nicht ähnlich. Sonst sind sie immer so fürsorglich gewesen und haben mir Bescheid gegeben wenn sie weggefahren sind... Ich habe dann auf das Haus geachtet, die Post reingelegt und die Blumen gegossen... Chico war dann immer in einer Pension..."erzählte die Dame.
Caro war schon immer frech und abenteuerlustig gewesen, aber was sie jetzt sagte haute mich glatt um :" Oh wunderbar! Dann haben sie ja sicher einen Zweitschlüssel und können uns so Zutritt zu diesem armen Tier verschaffen..."
Wütend und geschockt sah ich Caro an. "Bist du blöd?!!!" zischte ich ihr leise zu.
Und auch die nette Dame wollte uns nicht einfach ins Haus lassen. "Haben sie denn einen Ausweis oder so etwas? Sonst lasse ich ja nachher noch Diebe durch die Vordertüre hinein..."
"Natürlich haben wir einen Ausweis"trumpfte Caro auf. Sie kramte nach ihrem Dienstausweis und ich betete, dass die ältere Dame ohne ihre Brille nur schemenhaft lesen konnte.
Caro hielt ihr den Ausweis unter die Nase. Ich traute mich kaum zu atmen. Jetzt würden wir auffliegen! Oh mein Gott!
Die Frau sagte nichts, sondern las nur angestrengt den Ausweis.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hob sie den Kopf und sagte: " Na ihr habt ja Nerven!" Ich unterdrückte den Wunsch weg zu laufen nur mit Mühe. "Wieso kreuzt ihr beiden denn hier in Zivil auf?! So ein peinliches Missverständnis wäre mit Dienstkleidung nicht entstanden..."
Puhhh. Ich atmete (hoffentlich nicht all zu hörbar) aus. "Ich bin gleich wieder da, ich hole nur schnell den Schlüssel" fügte die Dame hinzu und verschwand in Richtung ihres Hauses.
Als sie außer Hörweite war fragte ich Caro : "Spinnst du eigentlich ?! Das ist Urkundenfälschung und Einbruch was du hier vor hast!"
"Beruhig dich mal, Zoey. Hat doch alles geklappt. Mach dir keine Sorgen, ich bin Polizistin und weiß welchen Mist wir uns erlauben können. Wir lassen ja nichts mitgehen, sondern sehen uns nur etwas um... Außerdem tut mir der Hund total leid!" sagte Caro darauf.
" Du machst mich fertig... Wieso warst du dir so sicher das du mit der Ausweisnummer durch kommst ?" fragte ich neugierig.
"Sicher? Ich war mir keineswegs sicher... Aber es war unsere einzige Chance..."  erwiderte sie grinsend.
Ich verdrehte empört die Augen und sagte provozierend " Die Polizisten von heute sind auch nicht mehr das was sie mal waren! Die reinsten Pokerspieler!"
Dafür erntete ich einen einen Ellbogenstoß in die Rippen und einen belustigten Blick von Caro. "Aber es hat geklappt... Jackpot würd ich sagen..."

Bloody PicturesWhere stories live. Discover now