Kapitel 4

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Kapitel 4

Kyle


Noch immer verärgert stampfe ich durch die abgefallenen Blätter hin und her. Wir sind kurz davor, in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten und Enyas Vater hat nichts Besseres zu tun, als mich wegen meiner Zugehörigkeit zu verachten. Dabei wäre es so viel einfacher, wir würden zusammenarbeiten und unsere Probleme gemeinsam beseitigen. Aber nein, wir werfen uns nur gegenseitig Dinge an den Kopf und ich habe es so satt, immer der Feind zu sein. Für das Feuerreich bin ich Luft und für das Luftreich Feuer. Egal was ich tue, ich gehöre immer zu den anderen.

Mit schweren Schritten lasse ich meine Ziellosigkeit hinter mir und folge einem schmalen Trampelpfad tiefer in den Wald hinein. Jetzt, da Nebelschwaden an den Bäumen entlangziehen, verschwindet das Gefühl von Frieden und Ruhe vollständig. Mehr erinnert die Düsterkeit an das Elend, welches im Feuerreich herrscht. Immer wenn ich versucht habe, mich für etwas einzusetzen, wurde ich in Dinge hineingezogen, mit denen ich nichts zu tun haben wollte. Als ich für den Frieden in meiner Heimat gekämpft habe, wurde mir der Tod der Feuerkönigin zuteil, hier sucht man einen Grund mich zu töten, weil ich manchmal für das Luftvolk spreche.

Warum tue ich mir das eigentlich an? Zu Hause habe ich die Dinge auch einfach an mir vorbeiziehen lassen. Zwar war ich allein, dafür hatte ich meinen Frieden. Aber gerade diese Gleichgültigkeit meiner Umwelt gegenüber ging seit der Eroberung meiner Heimat verloren. Man hat mich aus meinem trostlosen Dasein herausgerissen und mir eine Chance gegeben, mein Leben zu verändern. Dafür bin ich Shade auch dankbar, jedoch geschahen so viele Dinge, die ich am liebsten einfach vergessen würde. Der Tod der Feuerkönigin lastet stärker auf mir als je zuvor, jetzt, da ich die Auswirkungen meines Handelns selbst miterlebe. Auch Shade lässt mich nicht mehr los, denn es waren meine Naivität und ihre Leichtsinnigkeit, die ihr das Leben kosteten. Ein Leben, das nicht hätte enden dürfen. Wir sind in meinen letzten Tagen im Rekrutenlager ziemlich aneinandergeraten, hauptsächlich wegen Enya. Ich wünschte mir, der einst stolzen und selbstbewussten Königin ein letztes Mal gegenüberzustehen, auch wenn ich nicht wüsste, was ich ihr sagen sollte. Sie war ein wichtiger Teil meines Lebens, der mich, wie so einiges, zu früh verlassen hat.

Mit einem kurzen Blick zurück, versichere ich mich, allein zu sein, und weiche vom Weg ab. Bei einem morschen Baum bleibe ich stehen und fahre mit meinen Fingern in das Loch hinein, bis sie einen metallenen Gegenstand berühren. Mit ein wenig Herzklopfen ziehe ich den Gegenstand aus dem Versteck hervor. Kurz zögere ich, bevor ich das Schwert herausziehe, das weiss des Nebels spiegelt sich auf der abgenutzten Klinge wieder. An den Kerben erkennt man, dass der letzte Besitzer tapfer damit gekämpft hat. Als es in der Nähe einen Kampf mit den Dämonen gab, habe ich geholfen, die Toten zu bestatten. Zwischen den leblosen Körpern fand man hin und wieder eine Waffe, die zurückgelassen wurde, und etwas in mir wollte das Schwert behalten. Also habe ich die Leichtsinnigkeit zugelassen und es mitgenommen, seither halte ich es in diesem Baum fern von allen anderen versteckt.

Beide Hände greifen fest um den Griff und aus der Erinnerung versuche ich, das Gelernte aus dem Rekrutenlager wieder aufkommen. Ich habe nur eine kurze Zeit mit den Schwertkämpfern trainiert, aber es blieb einiges hängen, dass ich nicht verlieren will. Egal wie sehr ich es versuche, der Umgang mit dem Bogen will mir nicht gelingen, ein Schwert liegt mir einfach besser.

Nach den ersten Schwüngen kommt das Gefühl für die Waffe wieder auf und meine Schläge werden präziser. So gut wie möglich versuche ich, keine Spuren an meiner Umwelt zu hinterlassen, um keinen auf mich aufmerksam zu machen. Als ich zum nächsten Schwung aushole, höre ich ein Rascheln hinter mir. Langsam wende ich mich um, den Blick aufmerksam in den Wald gerichtet. Ein Stück von mir entfernt entdecke ich eine Gestalt, vom Nebel umhüllt. Während ich vorsichtig auf die Gestalt zugehe, schlingen sich meine Finger fester um den Griff des Schwertes. Mein Gegenüber zieht mit einem metallenen Klang etwas aus seinem Gürtel hervor und mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Ein Dämon.

Die Elemente des Lebens - Flammen der RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt