Hoppe Hoppe Reiter

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 Wir saßen schon über eine Stunde in der Notaufnahme. Ich war leider kein Notfall laut der Krankenschwester. Aber gut konnte ich nachvollziehen, die Frau mit dem abgetrennten Finger ging natürlich vor. Sie hatte den Finger gut verpackt im Tüten Prinzip bei sich. Also eine Tüte, in der der Finger lag, diese lag in einer anderen größeren Tüte, und diese wiederum lag in einer mit Eiswasser gefüllten noch größeren Tüte. Perfekt  

 Ebenso ging der Mann mit der Axt, welche in seiner Brust steckte vor. Und unglaublich aber wahr, der Kerl wollte nur das man ihm die Axt herausholt und er dann wieder samt Axt gehen durfte. Immerhin friert die Herzallerliebste und Brennholz war alle. Sie wiederum wusste nicht mal, dass ihr Mann nicht mehr da war, wo er sein sollte. Der Typ ist ohne ihr etwas zu sagen alleine mit dem Auto und der Axt in der Brust hier her gefahren. Respekt und ich Weichei muss hier im Rollstuhl sitzen.   

 Nur mit mühe und Not konnte man den Mann davon überzeugen, dass die Axt eventuell doch Schäden im inneren angerichtet haben könnte. Man informierte seine Frau, und erst als diese hier völlig aufgelöst auftauchte und ihm die Hölle heiß machte, entschied er, sich doch mal näher unter die Lupe nehmen zu lassen.
Ich hätte hier gerne noch länger gesessen und dem Krankenhausrummel genossen aber leider vernahm ich dann eine bekannte Stimme.  

  „Livi, Babe bist du es?" Mike stand am anderen Ende des Flurs und eilte mit wehendem Kittel auf uns zu.
„Was ist passiert?" Besorgt sah er mich an.
Babe? Ein verwirrter Ausdruck legte sich auch auf Finns Gesicht. Hatte er mich eben echt Babe genannt?
„Kennt ihr Euch?" Wollte Finn wissen.
Naja ich weiß, dass er Arzt ist, wo er wohnt und er hat ein Muttermal auf der linken Pobacke,
zählt das untere kennen?
Wenn wir Sex haben und uns dann unterhalten, rede meistens ich oder er erzählt ab und an, wie sein Arbeitstag war  

  So was richtig Privates kenne ich eigentlich nicht von Mike. Er redet nicht wirklich über sich.
Jetzt kenne ich Mike schon so lange aber doch auch wieder nicht. Stellte ich eben erschrocken fest.
„....das Zimmer brauche ich." Schallte es eben an mir vorbei und Mike's Stimme holte mich wieder ins Hier und jetzt.
Mike wollte eben an den Rollstuhl fassen, da versperrte Finn ihm den Weg.
„Das mache ich, gehen sie vor." Ich schaute von Finn zu Mike und wieder zurück. Ohne etwas darauf zu erwidern, ging Mike vor.
Im Zimmer angekommen schloss Mike die Türe hinter uns und ich sollte Schildern, was genau passiert ist.

 „Ich bin über meine eigenen Füße gestolpert und habe mir den Knöchel verknackst." Und das auf Stelzen.
„Gab es eine lautes Schnalzen?"
„Oh ja, das hat man im ganzen Hausgang gehört." Warf nun Finn ein.
„Und sie sind?" Mike beäugte Finn.
„Der Nachbar." Ein Freund wäre zu viel des guten. Dachte ich mir.
„Livi, so wie sich das anhört hast dudir zu 99 Prozent die Sehen gerissen." Ja klaro so was kann auch nur mir passieren.   

 „Und wie behandelt man das?" Finn war neugieriger als ich.
„Entweder operativ oder konservativ. Aber in deinem Fall und da es erst vor wenigen Stunden passiert ist, würde ich es mit der konservativen Behandlung versuchen. Wir kühlen die Stelle jetzt kurz und dann bekommst du einen schönen Gips."Bahhhhhneiiiin ich will keinen Gips, ich will einfach nur nach Hause in mein Bett. Er holte schnell eines dieser blauen Kühldinger und drückte es leicht auf meinen Knöchel.
„Aber um auf Nummer sicher zu gehen, werde ich dich röntgen lassen." Das tat er dann auch.
Er nahm sein Handy und tippte eine Nummer ein.   

„Lasslo hier Mike es kommt gleich eine Patientin zu dir, die oberste Priorität hat. Olivia Johnson ....ja danke." Und damit legte er auf.
„Wenn die Bilder fertig sind, sehen wir uns wieder." Er strahlte mich an und öffnete uns die Türe. Finn stand immer noch hinter mir am Rollstuhl.
Wir sprachen auf dem Weg zur Radiologie kein Wort miteinander.
Hier war es noch voller als in der Notaufnahme. Aber dank Mike musste ich keine Minute warten. Das nenne ich mal einen Service.
Ich kann euch eins sagen. Wenn einem der Fuß weh tut, geht nicht zum röntgten. Die verbiegen euch den Fuß noch mehr.   Da sollst du den Fuß in unmögliche Positionen legen. Was sogar mit gesundem Fuß so gut wie unmöglich ist. Aber wenn er vorher heil war, ist er es danach sicher nicht mehr. 

Wieder bei Mike im Zimmer stellte sich das offensichtliche heraus. Ich hatte eindeutig einen Achillessehnenriss.
Finn war mir immer noch nicht von der Seite gewichen.
„So dann hüpf mal auf meine Liege. Ich hole schon ein mal den Gips." Ja wie denn. Der hat sich leicht reden. Damit war er auch schon verschwunden.   

 Ich machte die Bremsen in den Rollstuhl fest und versuchte mich aus dem Ding zu befreien, doch da tauchte auch schon Finn vor mir auf und hob mich allen Ernstes aus dem Stuhl und auf die Liege. Ich wurde knallrot.
„D..da...danke." Kam es stotternd aus mir.
Finn stellte sich neben mich, als Mike wieder ins Untersuchungszimmer kam.
„Dann wollen wir dich mal eingipsen." Langsam nahm er ein eben frisch eingeweichtes Gipsstück und wickelte es mir um den Knöchel.   

 „Scheiße ist das kalt." Entfuhr es mir lauthals.
„Wie damenhaft." Kicherte Finn.
„Livi, das wird unsere Aktivitäten doch etwas einschränken." Mike sah mich unter seinen langen Wimpern an.
Ich musste schlucken.
„Oh, was denn für Aktivitäten?" Fragte Finn nun ehrlich interessiert.
„Reiten." Schrie ich schon fast etwas panisch.
„Ja, unsere Livi reitet gerne die wilden Hengste." Mike grinste mich an. Wo ist das Loch im Erdboden, das sich auftut und mich mit sich verschlingt.   

„Ichwusste ja das du reiten kannst, aber das du das noch tust. Wenn ihr mich einmal mitnehmt, würde ich mich freuen." Diese Bilder, die nun in meinem Kopf entstanden, von ihnen würde ich noch Albträume bekommen. Immerhin redenMike und ich von Sex und Finn denkt, wir gehen auf Pferden reiten. Jetzt hatte ich Mike und Finn nackt in meinem Bett im Kopf und mich mitten drinnen, mit Gipsfuß. Hilfe.
Natürlich konnte ich auf Pferde reiten und das wusste Finn auch. Immerhin hat mir das meine Mam noch vor dem Laufen beigebracht.   

  Nur nach dem Tod meiner Eltern war ich schon lange nicht mehr auf einem Pferd gesessen.
„Livi, sollen wir ihn mal mit reiten lassen." Zwinkerte Mike mich an.
„Hmm." Mehr brachte ich nicht zustande. Denn in meinem Kopf hörte ich nun das unschuldige Kinderlied Hoppe Hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er. Ja der einzige der heute Gefallen ist, war ich.  

Amor und sein scheiß Pfeil.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt