Schlimmer geht immer

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  Nach dem ich endlich eingegipst war und das Reitthema ein für alle Mal gewechselt wurde, durfte ich gehen, naja besser gesagt humpeln. Mike drückte mir zwei Krücken in die Hände.
„Das sind die nächsten Wochen deine treuen Begleiter." Lachte er mir fröhlich entgegen.
Wie kann man denn, um mittlerweile kurz nach 23 Uhr, noch so gut drauf sein.
„Sind sie sicher das sie sich, damit nicht das zweite Bein bricht?" Finn war wieder der Alte und ging mir auf die nerven.
„Sie hat ja einen Nachbarn wie sie." Er klopfte Finn auf die Schulter und verabschiedete sich dann von ihm.   

„Ich rufe dich an. Übrigens du siehst heute echt heiß aus." Damit verschwand er.
Ich stand etwas unschlüssig mit den zwei Krücken in der Hand im Flur. Wie konnte mich jemand heiß finden nach dem er mir eben den Fuß eingegipst hatte. Und das auch noch, weil diejenige zu doof war, um in High Heels zu laufen. Ich sah wahrscheinlich alles andere als heiß aus.
„Dann wollen wir mal. Soll ich dir doch wieder den Rollstuhl holen?" Holte Finn mich wieder ins Hier und jetzt.
Finn meinte das ernst mit dem Rollstuhl. Er musste wohl gesehen haben, wie argwöhnisch ich diese Dinger musterte.  

„Nein, las mal." Ich wollte mich nicht die ganze Zeit von ihm herumschieben lassen. Auch wenn mir die Krücken irgendwie Angst einjagten. Immerhin hatte ich ja wieder ein mal bewiesen, zwei linke Beine. Ich nahm die eine blaue Krücke links und die zweite rechts in die Hand und machte meine ersten sehr vorsichtigen geh versuche.

„Hat etwas von Bambi, als es laufen lernt."

„Ja, lach du nur." Nur zu gerne hätte ich mit einem der Stecken nach ihm geschlagen. Doch ich war mir zu hundertzehn Prozent sicher, dann das Gleichgewicht zu verlieren. Und auf einen zweiten Sturzflug in weniger als drei Stunden hatte ich definitiv keine Lust.  Und bei meinem Glück breche ich mir dann den Hals. Also schluckte ich meinen Frust runter und fing an wieder Richtung Ausgang zu laufen. Dies dauerte gleich doppelt so lange, wie beim ersten mal.   

Ich musste immer wieder mal eine Pause einlegen, da meine Arme so etwas nicht gewohnt waren. Immerhin stütze ich mich mit meinem vollen Gewicht, was nun mal keine 50 Kilo waren, auf diese Stecken. Wenn mein Fuß wieder heil war, brauchte ich zwei neue Arme. So viel stand fest. Finn musste sich sichtlich ein Grinsen verkneifen. Aber ich muss zugeben, wenn ich er wäre, würde ich mich auf dem Boden rollen vor Lachen. Der Gedanke brachte mich ungewollt zum Schmunzeln.

„Schau, das ist so witzig, dass du selber lachen musst." Er hatte es offenbar gesehen. 

 „Wenn du das irgendwem in der Schule erzählst, Finn Fitz bist du tot, töter als tot."
„Ich glaube, töter ist kein zugelassenen Wort."
„Klugscheißer." Ich zeigte ihm die Zunge. Der Zeigefinger wäre mir wesentlich lieber gewesen aber dazu hätte ich eine der Krücken los lassenmüssen.
Er sah mich nur amüsiert durch seine blauen Augen an.
Draußen angekommen war die Luft jetzt nicht mehr ganz so warm wie noch vor einigen Stunde.
Und in meinem etwas sehr luftigen Kleidchen bekam ich unwillkürlich eine Gänsehaut.
Bis zum Auto würde ich locker noch einmal eine Stunde brauchen.   

  „Du wartest hier, ich hole das Auto." Kann er jetzt Gedanken lesen. Etwas unheimlich.
Er war schon einige Schritte weit gegangen, als er sich umdrehte und wieder zu mir zurück kommt.
„Was? Ist dir eben ein dummer Spruch eingefallen?" Durch leicht zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an.
Doch er erwiderte nichts. Er kam um mich herum, zog seine Jacke aus und legte sie mir um die Schulter.
„Ich will nicht auch noch schuld sein, dasdu krank wirst." Damit verschwand er in schnellen Schritten. In dem dunklen nur vom Mondlicht und einigen Laternen beleuchtetem Parkplatz, sah ich ihm nach.   

 Sofort, nahm ich den Duft von Aftershave war. Herb aber gut. Schnell schüttelte ich den Kopf und versuchte nicht weiter über das heute gesehene nachzudenken.
Es dauerte kaum fünf Minuten, da parkte Finn vor mir und sprang aus dem Wagen.
„Die Krücken leg ich in den Kofferraum." Ich nickte und setzte mich auf den Beifahrersitz, da er mir die Türe geöffnet hatte.
Als er die Stecken im Kofferraum verstaut hatte, setzte er sich ins Auto und lies den Motor an.   

Amor und sein scheiß Pfeil.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt