VI Gekorbt

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Ich setzte mich gerade auf den Balkon, als es an der Tür klopfte. "Ja?" Mein Vater kam rein: "Hi, ist zwar etwas peinlich, aber hast du unseren Zimmerschlüssel gesehen? Er hängt nicht mehr am Schlüsselbund" Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. "Uff, nein nicht dass ich wüsste, Dad" "Na gut", er drehte sich um und wollte wieder rausgehen, aber da schien ihm was einzufallen und ich zuckte halb zusammen. "Du hast dich aber nicht mit diesem Mädchen getroffen, als wir nicht da waren oder?" "Hab ich nicht, Dad" "Gut, ist alles okay mit dir? Du schwitzt ja richtig", er durchbohrte mich mit einem Blick, den ich noch nie an ihm gesehen hatte. Als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen. "Alles bestens Dad, ist nur die Sonne hier draußen" Er nickte nur und ging raus.

Ich saß den ganzen Tag draußen und wartete auf Sophie. Doch sie kam nicht. Als es langsam dunkel wurde machte ich mir Sorgen. Also kletterte ich am Balkonbalken runter und ließ mich die letzten 2 Meter in den Sand fallen. Dann lief ich über den Strand zum Haus der Solts. Ich hoffte, dass Sophie auch Meerblick hat und fing an über deren Balkon hochzukellern. Und tatächlich. Oben angekommen sah ich Sophie auf ihrem Bett sitzen. Ihre Arme hatte sie um ihre Beine geschlungen und sie weinte. Leise klopfte ich gegen ihr Fenster. Sie schreckte hoch und sah sich um. Als sie Richtung Fenster blickte winkte ich ihr zu. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und stand sie auf um das Fenster einen Spalt zu öffnen. Ihre sonst schönen Augen waren vom Weinen ganz gerötet. "Was machst du hier?" "Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, weil du nicht draußen warst." "Dann geh wieder. Es ist alles in Ordnung." "Warum weinst du dann?" Sie überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf und fing wieder an zu schluchzen. "Bitte geh einfach und bitte... Komm nicht mehr her um nach mir zu sehen " Mit diesen Worten schloss sie das Fenster wieder und ließ mich im wahrsten Sinne des Wortes hängen.

Die ganze Nacht lang konnte ich kein Auge zudrücken. Was wenn Sophie von ihren Eltern misshandelt wird und es meine Schuld ist. Oder es ist jemand zu Hause gestorben, sie brauchte Zeit für sich und ich hab sie durch mein stalkerhaftes Verhalten erschreckt. Um 3Uhr schloss ich dann endlich doch meine Augen, nur um gefühlt ein paar Minuten später von meinem Wecker geweckt zu werden.
Verschlafen blickte ich auf mein Handy und sah, dass wir schon 9Ihr hatten. Ich schaltete den nervigen Weckton aus und wollte weiterschlafen, doch ich war schon zu wach. Also beschloss ich eine Runde joggen zu gehen. Ich würde es Sophie gegenüber niemals zugeben, doch es war sehr beruhigend und ich konnte bei der schönen Meerluft klar denken.

Ich joggte am Strand den selben Weg lang, wie vor 2 Tagen mit Sophie. Als ich bei der Eisdiele ankam. Griff ich in meine Hose, in der Hoffnung das ich genug Kleingeld dabei hatte. Im Urlaub nahm ich fast nie Geld mit, da ich ja sonst immer nur bei meinen Eltern gegammelt habe und sie mir immer alles bezahlt hatten. Ich hatte Glück und fand noch einen zerknüllten 1$ Schein in meiner Hosentasche. Also ging ich hinein und wurde sofort von Henry angesprochen "Hey, du bist doch dieser Junge mit dem Sophie vorgestern hier war, stimmt's?" "Ja, wieso?" "Ist alles okay bei ihr? Seit sie hier Urlaub macht, hat sie keinen Tag verpasst und wenn sie wieder wegfuhr, hat sie sich immer verabschiedet." "Sie ist äh...krank, aber ihr geht's bald besser" In meinen Gedanken fügte ich ein Hoffentlich hinzu. "Na dann sag ihr gute Besserung von mir, wenn du sie siehst." Ich nickte und er fragte dann: "Also, was darfs für dich sein, mein Junge." Ich hielt ihm meinen Dollarschein hin und bestellte. Er nahm das Geld und gab mir mit einem zwinkern eine größere Portion davon.

Nachdem ich aufgegessen hatte verabschiedete ich mich und lief zurück zu Strand. Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel und knallte ungewöhnlich heiß herab. Irgendwie fühlte ich mich beobachtet im Gewusel der Badegäste und ich fing an zu rennen. In Rekordzeit sprintete ich los zurück zu unserem Haus. Ich konnte zwar nicht erklären warum, aber es fühlte sich richtig an. Ich bremste erst ab, als ich zu Hause ankam, aber da stand er schon. Mein Vater. Mit verschränkten Armen und einem wütenden Blick sah er aus, als würde er schon länger warten. "Hallo Oliver. Wolltest du mir nicht etwas sagen?"

Die Legende von T15Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt