Kapitel 1

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"DAS IST NICHT EUER ERNST!", schrie ich meine Eltern an.
"Beruhig dich, Somia. Ich weiß, es kommt alles ein bisschen plötzlich, aber... Bitte, versuch uns doch zu verstehen...", sprach mein Vater mit ruhiger Stimme. Ich schnaubte entrüstet. Ja, ich sollte sie verstehen. Es war so klar, dass sie mich wie diejenige darstellten, die kein Verständnis hatte. Aber versuchten sie mich zu verstehen?! Nein!

"Wir dachten du würdest dich freuen. Du hattest dir doch auch schon immer gewünscht, in einer Villa zu leben.", versuchte es meine Mutter. Ich lachte bitter auf.

"Sicher doch. Aber nicht so weit weg von meinen Freunden. Wisst ihr überhaupt wie das ist, alles zurückzulassen?!" Mein Vater seufzte und wollte schon gehen, doch meine Mutter gab nicht so leicht auf.
"Taehyung wird das sicherlich verstehen. Und ihr könnt euch ja trotzdem noch in den Ferien sehen oder an den Wochenenden." Sie verstanden es einfach nicht. Ich konnte Taehyung einfach nicht zurücklassen. Ich schüttelte fassungslos den Kopf.

"Taehyung braucht mich. Und jetzt soll ich ihn verlassen!" Ich wurde wieder lauter. Ich war so sauer, dass sie mich nicht einmal gefragt hatten.

"Es reicht jetzt, Somia! Geh nach oben in dein Zimmer und fang schonmal an deine Sachen zu packen! Wir reisen in einer Woche ab. Ohne Wiederrede!" Mit diesen Worten von meinem Vater war unser Gespräch beendet.

Ich stürmte wutentbrannt in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu. Das konnte einfach nicht wahr sein. Manchmal wünschte ich mir so sehr, dass mein Leben nur ein Traum wäre.

Schnell wählte ich auf meinem Handy Taehyungs Nummer und startete einen Videoanruf. Er ging fast sofort ran.
"Hey, Som. Was gibt's?", fragte er fröhlich. Oh, wie ich es hasste ihn traurig zu machen.

"Meine Eltern haben die Villa meines Großonkels geerbt. Sie wollen in einer Woche abreisen.", sagte ich möglichst ruhig und versuchte meine Wut zurückzuhalten.
"Aber, das ist doch super! Das habt ihr euch doch schon die ganze Zeit gewünscht." Ich seufzte und setzte zum schwierigsten Teil an.

"Ja, und es wäre auch schön gewesen, wäre da nicht die Entfernung." Taehyung schwieg eine Weile und fragte dann mit belegter Stimme: "Wie weit?" Ich schloss kurz meine Augen.
"Über 600 km." Die unendliche Stille ließ mein Gehirn fast platzen.

"T-Taehyung?", fragte ich unsicher. Ich hörte ihn seufzen.
"Ja, ich bin noch da. Ich übernachte heute Abend bei dir. Ist mir egal was deine Eltern sagen." Ich musste lachen.
"Okay, geht klar. Ich werd's ihnen ausrichten." Er lachte jetzt auch wieder.
"Bis gleich.", verabschiedete sich Taehyung.
"Bis gleich.", entgegnete ich.

Unser Gespräch hatte mir ein wenig mehr Motivation gegeben, also begann ich meine Sachen zu packen. Wenig später klingelte es auch schon an unserer Haustür. Wahrscheinlich machte meine Mutter gerade auf. Als ich ihr gesagt hatte, dass Taehyung heute hier übernachten würde, hatte sie es einfach so in Kauf genommen. Er stürmte sofort in mein Zimmer.

"Ich habe Ariane Bescheid gegeben. Sie wollte morgen kommen. Wir können ja etwas zu dritt unternehmen. Diese Woche lassen wir dich ganz bestimmt nicht alleine." Ich stupste meinem besten Freund in die Seite.

"Danke, Tae. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun würde." Er lachte laut.
"Tja, ich bin ja nicht umsonst dein bester Freund!" Ich lachte auch. Das würde er auch bleiben, egal wie weit wir voneinander entfernt sein würden.

"Oh, tut mir leid. Hätte ich fast vergessen.", scherzte ich. Er schüttelte nur grinsend seinen Kopf.
"Schon klar.", schnaubte er eingeschnappt und drehte sich von mir weg. Ich wechselte schnell das Thema.

"Glaubst du, du schaffst es auch ohne mich?", fragte ich besorgt.
"Denke schon. Ich habe ja noch Ari. Und du?" Ich seufzte schwer.
"Bestimmt nicht... Wenn dir diese Arschlöcher von Schwulenfeindlichen wieder Schwierigkeiten machen, dann sag mir Bescheid. Ich werde sofort kommen." Tae lachte.

"Keine Sorge. Sie können eben nicht mit dem umgehen, was anders ist." Ich nickte gedankenverloren. Taehyung wurde früher gemobbt. Mittlerweile war es besser geworden, aber noch immer waren viele Leute ihm gegenüber feindlich gesinnt. Ich konnte es absolut nicht verstehen. Als er sich vor ein paar Jahren geoutet hatte, hatte ich nie ein Problem damit gehabt. Er war schließlich immer noch der Selbe. Die Zeit danach war eine sehr schlimme für Tae gewesen. Ari und ich hatten ihm da raus geholfen. Damals versetzten wir diesen Vollidioten einen so heftigen Schlag, dass sie sich noch nicht einmal mehr trauten in Taehyungs Richtung zu gucken. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken daran.

"Und? Bist du froh endlich 16 zu sein?", fragte er mit einem verschmitzten Grinsen. Meine Freunde liebten es mich wegen meinem Alter aufzuziehen, da ich die Jüngste war. Vor ein paar Tagen hatten wir meinen Geburtstag gefeiert.

"Oh ja! Ariane hat mich das auch schon gefragt. Du kommst zu spät Tae." Er fluchte laut.
"So ein Mist!" Wir prusteten beide los.

Begin [BTS FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt