.1.

50 4 10
                                    

Endlich war sie wieder da. Erschöpft von ihrer Arbeit im Kindergarten setzte sie sich neben mich auf die Couch und ließ ihren Kopf auf meine Schulter sinken.

Sie begrüßte mich.
"Hey."
Leise seufzte sie.

"Hey, war dein Tag wieder anstrengend?" fragte ich sie.

Langsam nickte sie. Sie schloss ihre Augen und ich küsste sie auf ihre Stirn.

"Die Kinder waren wieder anstrengend, doch ich liebe sie. Ich liebe diesen Job!" sagte sie, so wie jeden Abend.

Sie öffnete ihre Augen, neigte ihren Kopf nach oben und blickte zu mir.

"Und ich liebe dich, Calum."
Auch dies sagte sie jeden Abend wenn sie Heim kam, oder wenn sie ging. Sie sagte es so oft wie nur möglich.

"Ich liebe dich mehr, Deobra."
Dann lächelte sie immer und zog mich zu ihr, um mich zu küssen.
Es war normal. Unsere Normalität.

Doch das liebte ich. Jeden Abend war es gleich, doch auch irgendwie nicht.

Sie trug wieder ihre hellblaue Bluse und ihre schwarze Skinny Jeans. Jeden Tag hatte sie ihre hellblaue Bluse und ihre schwarze Skinny Jeans an.

Deobra hatte auch andere Klamotten, andere Farben in ihrem Kleiderschrank, doch sie liebte dieses Outfit, und so tat ich es.

Hellblau war meine und ihre Lieblingsfarbe.
Rot, hassten wir.

"Wie war dein Tag, Schatz?" fragte sie mich und verteite kleine Küsse auf meiner Wange. Sie wusste wie sehr ich meinen Job hasste und gleichzeitig auch liebte.

"Traurig. So wie immer. Da war heute diese Beerdigung von einem Mädchen. Sie war sehr jung. Erst 7."

Tröstend fuhr sie durch mein Haar.

"Du solltest nicht mehr auf dem Friedhof arbeiten. Es nimmt dich zu sehr mit." Wieder einer dieser Phrasen die sie öfters sagte.

"Einer muss den Job ja machen, stimmts? Es ist ja nicht immer so wie heute."

Eigentlich mochte ich meinen Job. Ich sorgte mich um die, an welche die Familie und Freunde gar nicht mehr dachten.
Wer sagt, dass die Toten keine schönen Gräber haben möchten?

Doch wenn junge Menschen ihr Leben verlieren, machte ich mir noch lange Gedanken.

"Du bist Automechaniker, nicht Gärtner. Du solltest wieder in einer Werkstatt arbeiten." schlug Deobra vor.

"Du weißt, dass das nicht geht." sagte ich leise. Ich wollte nicht über meinen alten Job nach denken.

"Das Geld reicht kaum mit dem bisschen Gärtnern was du machst und mit meinen Job!" Deobra distanzierte sich von mir.

Sie hatte recht. Wir konnten gerade so die Miete zahlen. Es blieb nicht viel übrig.
Als ich in der Werkstatt arbeitete war das anders.

"Ich kann einfach nicht, bitte verstehen das doch." erklärte ich, mit ruhiger Stimme.

Sie kreutze ihre Arme vor ihrer Brust. Sie war sichtlich genervt.

"Nein, du willst nicht! Das ist alles."

Ich wusste, dass es zu einem Streit kommt, würden wir so weiter machen.
Das musste ich verhindern. Schnell. Wir durften nicht streiten. Nicht wieder.

"Du hast recht. Ich will nicht. Lass uns bitte nicht streiten."

Lass uns nicht streiten. Ich hätte das vor Monaten viel früher sagen sollen.

"Schon gut. Ich will ja gar nicht streiten. Du weißt ja, dass es nicht gut ausgeht, wenn wir streiten." sagte Deobra.

Ghost Of You // c.h.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt