Angst

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Niedergeschlagen betrat Paddy wenig später den Kelly Bus und verkroch sich in sein Bett. Er wollte niemanden sehen, mit niemandem reden. Paddy fühlte sich furchtbar. Unterwegs hatte er immer wieder gegen die Tränen ankämpfen müssen und vor Lauter Wut auf sich selbst, gegen eine Mülltonne getreten. Leider war gerade ein Polizist auf Streife und Paddy bekam eine Verwarnung.

Nun lag er auf dem Rücken, den Vorhang hatte er zugezogen und starrte an die Decke. Alexa hatte ihn geküsst. Und das seltsame dabei: Er fand es schön. In seinem Magen hatte es gekribbelt und am liebsten hätte er nie aufgehört, sie zu küssen. Aber nein! Wieder einmal hatte er alles vermasselt!
"Fuck ey! ", fluchte er halblaut, als er hörte, wie seine Geschwister über ihn und das Mädchen redeten. "Ich glaube, sie haben sich gestritten ", mutmaßte Maite gerade, während Angelo einwarf:"Oder er hat ihr gesagt, dass er sie geil findet und sie hat ihm eine geklatscht. " Man konnte deutlich an seiner Stimme hören, wie Angelo grinste und Paddy lächelte im Dunkeln grimmig. Wenn der nur wüsste! "Jetzt hört schon auf mit den Gerüchten! Wenn Paddy oder Alexa uns etwas erzählen wollen, dann werden sie auf uns zukommen!", unterbrach Patricia nun streng die beiden und Paddy dankte ihr im stillen. Da ging die Bustür auf und Paddy erstarrte. Auch die anderen verstummten und Barby rief entsetzt:"Alexa?! Wie siehst du denn aus? " In Windeseile riss Paddy den Vorhang zurück und stürzte zu den anderen. Sein Herz raste vor Angst. Was war mit Alexa geschehen?

Alexa liefen die Tränen über das Gesicht, als sie sich umdrehte und davon lief. Paddy's verdattertes Gesicht konnte sie einfach nicht ertragen. Mit hochgezogenen Schultern eilte sie den Weg Richtung Bus entlang, bis ihr auffiel, dass sie falsch abgebogen war. Alexa war in einer dunklen, verwinkelten Gasse gelandet und sah sich erschrocken um. Es stank nach Urin und billigem Rasierwasser, was ihr eine leichte Übelkeit versetzte. Da wurde hinter ihr ein Geräusch laut und sie fuhr herum. Hinter ihr stand ein kleiner, dreckiger Mann und starrte sie lüstern an. Seine Klamotten standen vor Dreck und Schweiß, was Alexa mit einem angeekeltem Blick feststellte. "Was willstn du hier?" Als der Typ den Mund öffnete, wehte ihr ein Alkoholgeruch entgegen, der sie fast umwarf. Langsam ging sie rückwärts, Richtung Ausgang, als der Typ verhältnismäßig schnell nach vorne sprang und ihr Handgelenk packte. Scharfer Schmerz durchzuckte sie und Alexa sehnte sich nach dem sanften Paddy. Sie hätte nicht weglaufen dürfen! "Ich hab gefragt, was du hier willst!", lallte der Typ und seine Augen blitzten gefährlich. Ängstlich hob sie die Hand und führte sie zu ihrem Hals, um zu zeigen, dass sie nicht sprechen konnte. Tatsächlich verstand der Typ, aber er wirkte keineswegs mitleidig. Im Gegenteil, er grinste und flüsterte:"Dann kannst du auch nicht schreien oder?"

Paddy riss geschockt die Augen auf, als er Alexa in der Tür stehen sah. Sie wirkte völlig apathisch und lehnte sich kraftlos an den Türrahmen. Ihr hübsches Gesicht war geschwollen von Schlägen und anscheinend hatte ihre Nase geblutet. Ihre Klamotten waren schlammverschmiert und teilweise zerrissen.
"Alexa! ", Paddy's Ruf war ein panisches Keuchen und mit einem Satz stand er vor ihr und zog sie in seine Arme. Das Mädchen schien aus ihrer Erstarrung zu erwachen und brach in Tränen aus. Langsam und mit Hilfe seiner Geschwister bugsierten sie Alexa in sein Bett, wo er sofort zu ihr kroch und ihre Hand nahm. In Alexas Blick war nichts. Kein fröhliches Leuchten. Kein wütendes Blitzen. Leere. Ganz vorsichtig zog Paddy ihr mit zitternden Händen die Schuhe aus und fragte sich, was er wohl fragen sollte. Aber da packte Alexa plötzlich krampfhaft seine Hände, starrte ihn angsterfüllt an und begann zu zittern. Erschrocken sah er das Mädchen an, die jetzt zu merken schien, dass ihr keine Gefahr drohte und umschlang laut auf schluchzend seinen Hals. Paddy zog sie fest an sich, versuchte ihr Sicherheit zu geben, ihr zu zeigen, dass er für sie da war. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sich die 17 jährige aus seiner Umarmung und wischte sich über das geschwollene, schmutzige Gesicht. "Möchtest du duschen? ", fragte Paddy behutsam und langsam nickte Alexa, ließ aber seine Hand nicht los. Paddy verstand. "Ich...soll mitkommen. Aber die Dusche ist so klein, da kann ich nicht mit. Außerdem willst du dich bestimmt nicht nackt vor mir zeigen, oder? " Paddy's Gesicht wurde ein wenig rot, doch Alexa's Blick nahm etwas flehendes an. Also seufzte Paddy ergeben und nickte. Zusammen mit Patricia suchten sie ein paar Klamotten heraus und dann verschwanden die beiden in der Dusche.
Es war unglaublich klein und Paddy wich an die Tür zurück. So würde er wenigstens nicht nass werden. Unsicher sah Alexa an sich herunter, bevor sie versuchte, ihre Bluse zu öffnen. Aber ihre Finger zitterten so sehr, dass sie immer wieder abrutschte und schließlich verzweifelt anfing zu weinen. Paddy seufzte und fragte leise:"Soll ich dir helfen?" Das Maschen nickte dankbar und Paddy atmete tief durch. Okay, dann mal los. Er trat vor sie und zu seinem Entsetzen zitterten auch seine Hände etwas. Aber er schaffte es, die Bluse Knopf um Knopf zu öffnen, was seinem Kopfkino nicht gut tat. Er half ihr auch aus der Hose und murmelte dann:"Ich drehe mich um, okay? " Da stand sie, in BH und Slip und lächelte etwas. Doch als er sich umdrehen wollte, ergriff sie seine Hand und zog ihn zu sich. Dann sah die ihm tief in die Augen, was sein Herz Rasen ließ und als ihre Lippen auf seine trafen, stöhnte er leise auf. Wie sehr hatte er sich das nochmal gewünscht! Ihre weichen Lippen küssten ihn leidenschaftlich, aber als ihre Hände unter sein Short wandern wollten, wich er zurück. "Alexa, nein. Ich möchte das nicht so. " Sofort sah sie wieder verzweifelt aus und flüsterte jetzt:"Aber...ich...will meinen Körper...reinigen! " Bei dem Satz, hörte Paddy's Herz auf zu schlagen.

Tonlose LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt