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Sommersprossen

Ich weiß genau in welcher Zeile meiner vielen Bücher ich über deine Sommersprossen rede.

Ich weiß es, weil ich die Worte hundert mal gelesen habe. Ich weiß es, weil ich dich endlich vergessen will, aber noch diesen einen Text schreiben musste, für den Fall, dass ich nachts aufwache und beginne, dich wieder zu vermissen, aber vor allem, um mich davon abzuhalten, dann irgendetwas dagegen anzustellen. Nachts sind meine Gedanken am Wirrsten und ich am Unberechenbarsten.

Dich zu vermissen ist das Allerschlimmste.

Und ich weiß, dass ich noch hundert Liebeskummersongs schreiben muss.
Und tausend Bücher über gebrochene Herzen.
Auch dann, wenn ich dich schon längst vergessen habe.
Ich lüge wieder, denn ich weiß, dass das nie passieren wird.

Ich will aufhören, Metaphern zu benutzen, aufhören, zu versuchen, hoch literarische Werke zu erschaffen, aufhören, etwas zu werden, was ich nicht bin, während ich genau das bin und genau das tue.
Und ich rege mich immer so sehr darüber auf, wenn Menschen absichtlich hochgestochene Texte schreiben, ich regte mich darüber auf, während ich hier saß und über deine Sommersprossen schrieb und Alliterationen, Anaphern und Hyperbeln verwendete.
Wahrscheinlich hattest du nicht mal Sommersprossen.
Wahrscheinlich ist dein Bild in meinem Kopf schon so sehr verschwommen, dass ich mir Dinge einbilde, die gar nicht existieren.
Wie immer, wenn ich zu viel über etwas nachdenke.
Und du beschäftigst mich noch immer enorm.

Vielleicht kann ich dich doch irgendwann vergessen und vielleicht, ganz vielleicht, wäre das dann das Beste, was ich überhaupt tun könnte.

WORTE AUS MEINEM KOPFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt