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Ein Tag im Jahr

Menschen sind temporär.

Licht.
Ich kneife die Augen zusammen und lege meine rechte Hand auf mein Gesicht um nicht völlig zu erblinden.

Das Gras unter mir fühlt sich feucht an und es riecht nach Gewitter, obwohl die Sonne auf meiner Haut brennt.

Ich habe Sommerdepression wie jeden Juli und kann die Tage, bis ich wieder ein Jahr älter werde an einer Hand abzählen.

Im Sommer spüre ich mehr, wie die Tage rasen und irgendwann fliegen die vielen Momente, in denen ich die großen Deowolken einatmen, die laut durcheinander redenden Fünftklässler hören, und die ganzen knutschenden Teenager ansehen muss, wie ein großer ekelhafter Matsch an mir vorbei.

Ich schließe meine Augen wieder und seufze.

Auf dieser Wiese liege ich mutterseelenalleine.

Ich versuche mich für alle die zu freuen, die glücklich sind.
Das ist nur nicht so einfach. Ich könnte an diesen Satz ein: seit wir nicht mehr reden hängen, aber ich möchte nichts unnötig überdramatisieren.

Ja, vielleicht fühle ich mich sogar besser ohne dich.
Mist.
Egal, was ich denke, ab einem bestimmten Punkt schweifen meine Gedanken immer zu dir und wollen mich wieder zu dem Mädchen machen, das in ihrem Zimmer sitzt und heult.

Aber ich bin nicht in meinem Zimmer. Und der Winter ist lange vorbei.
Und um das wichtigste klarzustellen: ich bin kein Mädchen mehr, dass wegen jemandem wie dir traurig ist.

Du bist jetzt glücklich.
Ich versuche es auch zu sein.
Obwohl Sommer ist.

Ich halte meine Hand so nach oben, dass sie die Sonne verdeckt und zähle an den Fingern die Tage ab.

Noch drei.

Den meisten ist es egal.
Manchen sogar so sehr, dass sie nicht kommen und mir gratulieren werden, obwohl sie für mich das ganze Jahr über zu den wichtigsten gehört haben.
Du hast es auch schon längst vergessen.
Ist ja auch nur ein Tag wie jeder andere im Jahr.

Vielleicht lege ich das Altern zu sehr auf die Goldwage.

Ich will keine Geschenke. Oder irgendwelche Bemühungen.
Ich möchte nur, dass sie alle kommen und bei mir sind, damit ich nicht alleine alt werden muss.

Vielleicht nehme ich Menschen zu wichtig. Und vielleicht vor allem die, denen ich egal bin.

Aber jeder hat Schwächen.
Gefühle sind meine.

WORTE AUS MEINEM KOPFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt