Moriarty

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Molly Moriarty war nervös.
Was zum Teufel würde sie auf dem St. Barts erwarten? Wer würde sie dort erwarten?

Natürlich war ihr erster Gedanke gewesen: „Sherlock!" Aber das konnte nicht sein. Der war gestorben, ihre Leute in Serbien hatten ganze Arbeit geleistet. Niemand würde sich ihr widersetzen, wenn sie den Tod eines Menschen anordnete. Niemand. Da war sie sich sicher ... nun eigentlich.
Und ein Irrtum konnte auch unmöglich vorliegen. Niemand in Moriartys Organisation konnte sich leisten, einen Irrtum zu begehen, wenn er den nächsten Tag noch sehen wollte. Lebendig.

Andererseits ... wer sollte es sonst sein? John Watson?
Molly war mehr als nur nervös.
Denn die Tatsache, dass die Nachricht, von wem auch immer, auf ihr Handy gekommen war, zeigte deutlich, dass man, dass irgendwer wusste, dass sie, Molly Hooper, in Wahrheit Moriarty war.
Oder?
Oder war alles nur ein unwahrscheinlicher Zufall?
Nein. Molly glaubte nicht an solche Zufälle.

Das Taxi näherte sich dem Krankenhaus. Molly ließ den Fahrer zwei Straßen weiter halten.
„Danke", sagte sie, bezahlte ihn und stieg aus.
Als sie um die Straßenecke bog, ging ihr Blick hinauf zum Dach den Krankenhauses. Dort oben hatte Sherlock gestanden, damals, als er den Showdown mit diesem kleinen Schauspieler hatte, den er damals noch für Moriarty hielt. Er war gesprungen, doch unten hatte ein Luftpolster auf ihn gewartet, Mycrofts Leute, die involviert waren hatten ganze Arbeit geleistet, und sie hatte in ihrer Eigenschaft als verliebte Pathologin Molly dafür gesorgt, dass Sherlock blutend und tot aussah, als John ihn erreichte. Sie hatte anschließend dafür gesorgt, das er verschwinden konnte und niemand an seinem Tod zweifelte.
Und dann hatte sie ihre Leute beauftragt, seine Spur zu verfolgen und in Serbien hatten sie ihn erwischt.

Dort oben war es gewesen.
Sollte sie nun wirklich dort hoch gehen?
Sie würde damit aus ihrer Deckung treten. Und das wäre gefährlich.
Andererseits, wenn sie es nicht täte, hätte sie keine Kontrolle über die Situation, würde nicht erfahren, wer sie dort hinbestellt hätte.
Denn ihre Kommunikationswege funktionierten nicht mehr, viele ihrer Handlanger existierten nicht mehr.
Also blieb ihr, wenn sie darüber nachdachte, keine Wahl.
Sie hasste das. Sich in einer Situation zu befinden, in der sie keine Wahl hatte und etwas tun musste, von dem sie nicht hundert Prozent überzeugt war.

Bisher hatte das nur einer geschafft: Sherlock.
Aber Sherlock war ... tot!!!

Molly betrat das Krankenhaus durch eine Seiteneingang. Er führte durch die ihr so vertrauten Räume, der lange Flur, von dem aus man die Labore, die Kühlräume und eben die Pathologie betrat.
Sie betrat das Treppenhaus und stieg Stufe um Stufe hinan.
War es das richtige, was sie hier tat?
Selten in ihrem Leben, ihrer Karriere hatte sie sich das fragen müssen. Immer war bisher alles so geplant gewesen, dass sie sich um derlei nicht hatte sorgen müssen. Doch jetzt ...
Wo war ihre Sicherheit geblieben? Ihr Ego war angekratzt, und das gefiel ihr nicht.
Auch das hatte bisher nur einer schaffen könne.
Sherlock.

Das oberste Stockwerk.
Nun bleib nur noch die ausklappbare Bodentreppe zu besteigen, die zum Dach hinauf führte, und das Dach zu betreten.
Noch einmal nahm Molly Moriarty, ihres Zeichens hochintelligente Meisterverbrecherin, ihr ganzes Selbstbewusstsein zusammen.
Sie atmete durch und trat mit Schwung auf das Dach hinaus.


Wind fegte um sie herum und im ersten Augenblick schien es ihr, als sei sie hier allein.
Doch dann ertönte in ihrem Rücken eine Stimme.

„Hallo Molly. Oder sollte ich lieber sagen ... Hallo, Miss Moriarty...?"
Molly drehte sich um.

Vor ihr stand mit verächtlichem Lächeln John Watson.

Du musst weitermachen, John!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt