Molly Moriarty fürchtete den Tod nicht. Sie hatte ihm schon so oft ins Auge geblickt und es hatte immer wieder Situationen gegeben, wo sie nur mit knapper Not entkommen war.
Molly Moriarty fürchtete das Scheitern.
Nein, nicht einmal das stimmte. Sie fürchtete nicht das Scheitern an sich, sondern vor allem, dass andere von ihrem Scheitern erfuhren.
Sie wusste noch immer, dass sie einer der klügsten, ja genialsten Köpfe auf diesem Planeten war. Es gab nur den einen einzigen, der ihr überlegen war. So ungern sie das auch zugab, doch es war eine Tatsache. Und so groß und aufgeblasen ihr Ego auch war, wie seltsam verquer und schräg ihr Gehirn auch dachte, so sehr auch Allmachtsfantasien ihr Denken beherrschten und Größenwahn unbestreitbar ein Teil ihrer Persönlichkeit war – sie bestritt das ja nicht einmal selbst – so wenig war sie doch geneigt, unverrückbare Tatsachen zu übersehen.
Und Sherlock hatte sie ganz offenbar besiegt.
Hier stand sie nun, auf diesem Dach, das eigentlich Sherlocks letzte Stunde hätte sehen sollen, und das nun offenbar der Ort sein würde, wo sie selber den letzten Atemzug tat.
Denn ja, sie hatte sich entscheiden.
Sie würde springen.
Sie fürchtete den Tod nicht.
Doch vor aller Welt als besiegt dazustehen. Als derjenige, der den Mund zu voll genommen hatte und letztendlich eben doch von Sherlock Holmes, dem genialen Detektiv, zur Strecke gebracht wurde.
Nein.
Dass fürchtete sie mehr als ein Ende auf den Pflastersteinen des Bürgersteiges vor dem St. Barts.
Also würde sie springen.
Sie bereute nicht eine einzige ihrer Taten. Kein Verbrechen. Keinen Überfall. Keinen Mord. Keine Folterung, keine Quälerei, keinen Psychoterror, keinen Anschlag.
Sie bereute nichts von alle dem.
Das einzige, was sie bereute, war, Sherlock unterschätzt zu haben. Sherlock und verdammt noch mal seinen Schoßhund John Watson.
Ihre Augen glühten.
In ihrem Kopf lief ein wahres Gewitter ab an Gedanken, Möglichkeiten, Optionen. Um schließlich zu dem Ergebnis zu kommen, dass es, mochte man es auch drehen und wenden wie man wollte, nur eine einzige gab.
Nur eine einzige.
Sie würde springen.
Ihr Ruf als der große Meisterverbrecher würde gewahrt bleiben.
Natürlich hing das davon ab, dass Sherlock sein Versprechen hielt.
Aber zu ihrem eigenen Erstaunen vertraute sie ihm.
Es gab sonst niemanden, dem sie vertraut hätte. Das haben Leute, die selber ohne mit der Wimper zu zucken lügen und betrügen, um ihre Ziele zu erreichen, so an sich, und unzweifelhaft gehörte Molly Moriarty zu ihnen.
Aber Sherlock vertraute sie.
Also nickte sie langsam.
Ja, sie hatte ihre Entscheidung getroffen.
Sie holte tief Luft, und dann ... sie würde sich nicht die Blöße geben, so etwas wie Unsicherheit zu zeigen, schließlich war sie nicht Molly Hooper, sondern Moriarty, Ha! ... schritt sie also langsam, bedächtig, aber doch entschlossen auf die kleine Umfassungsmauer auf dem Dach des Krankenhauses zu und blickte in die Tiefe.
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Du musst weitermachen, John!
FanfictionDass Sherlock vom Dach des St. Bart's gesprungen ist, hat John Watson in seinen Grundfesten erschüttert. Er versucht, die Trauer zu bewältigen. Doch es fällt ihm schwer. Auch deswegen, weil wichtige Dinge ungesagt geblieben sind. Als es sich dann au...