Chapter 5 ~ Ein neuer Tag

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Remus wälzte sich im Bett. Im war übel und schwindlig. Er kniff die Augen fest zu, denn wenn er sie öffnete drehte sich alles. Sein Magen rumorte und grummelte wie wild. Er wälzte sich noch länger auf dem Bett herum, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Er unterdrückte einen Würgereflex und japste nach Luft. Jemand zog ihn an beiden Händen hoch und schliff ihn quer durch das Zimmer. Sirius setzte ihn vor der Kloschüssel ab und ehe er danke sagen konnte spie er die stinkende Brühe in den Topf. Er hatte eindeutig zu viel getrunken, denn Remus spie  nie. Seine Lippen brannten und als er mit dem Finger entlangfuhr, bemerkte er dass diese aufgerissen war.  Nach mehrmaligem Erbrechen, lag er nun keuchend mit beiden Händen angelehnt auf der Klobrille. Der Schweiß ran ihm von der Stirn, über die Wangen und tropfte ihm am Kinn runter. Er fühlte sich Elend und hatte den größten Filmriss aller Zeiten. Sirius tätschelte ihm leicht auf den Rücken und er hörte, dass die anderen auch im Bad waren.
  - Was habe ich verpasst?
Peter starrte Remus an, der zitternd am Boden saß. Keiner der Jungs antwortete. James stand im Türrahmen und warf einen mitleidigen Blick auf seinen Freund und Sirius blieb hinter Remus.
  - Ne, echt jetzt was war gestern?
Seine Stimme war komplett rau und er fing an zu husten. Sirius und James sahen sich gegenseitig überrascht an. 
  - Du-Du erinnerst dich nicht?
 In Sirius Stimme schwang Erleichterung mit. 
  - Nur an Bruchstücke....
  - Achja... An was genau. 
  - Das letzte.. an das ich mich erinnere ist dass ich Wormtail ins Bett gebracht habe. Da ist noch irgendwas von nem Spiel dass wir gespielt haben und das war's.
  - Danke Kumpel.
 Peter, der keine Ahnung von dem gestrigen Drama hatte sah ihn dankbar an. 
  - Was ist bei dem Spiel passiert?
Remus wollte wissen warum es ihm so erbärmlich ging und sah seine Freunde an.
  - Nichts besonderes Moony. Du hast einfach zu viel getrunken. 
 Sirius sprach und fixierte dabei James als ob er nach seiner Bestätigung suchte. Dieser sah ihn verwirrt an und antwortete darauf nichts. Als Sirius seinen Blick verstärkte nickte James.
  - Ja... Nichts besonderes....
 Er klang unsicher bei seinen Worten. 
  - Und... warum ist meine Lippe aufgerissen?
 Bei dieser Frage riss Sirius die erschrocken die Augen auf. Er suchte verzweifelt nach einer Antwort. 
  - Keine Ahnung Moony.
 Das war die einzige Erwiderung die ihm einfiel. 

Die Schüler saßen alle in der großen Halle und frühstückten. Remus bekam keinen einzigen Bissen herunter. Er stützte seinen Kopf auf seine Hände und versuchte mit großer Mühe einen normalen Gesichtsausdruck zu zeigen. Er merkte selbst dass seine Visage aufgedunsen und etwas schlaff wirkte und dass die anderen Schüler aus Griffyndor ihn verwundert musterten. Er hatte die letzten Jahre in dieser Schule oft Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Meist durch sein regelmäßiges Fehlen, aber auch oft durch die Nachwirkungen der Verwandlung, die er jeden Monat hinter sich hatte. Er war meist nach und kurz vor Vollmond müde und sah erschöpft aus, nicht selten hatte er auch mit Schüttelfrost oder Fieber zu kämpfen. Madame Pomfrey konnte aber meist etwas gegen seine Zustände unternhemen damit es ihm besser ging und er auch besser dreinsah. Doch an diesem Tag sah er schlimmer aus als nach jeder Verwandlung und die Schüler waren es nicht gewohnt ihren Vertrauensschüler mit einem offensichtlichem Kater sitzen zu sehen. Sirius der Remus schräg gegenüber saß kaute lustlos auf einer Semmel herum, während die anderen ihren Morgen wie üblich starteten. Remus war aufgefallen dass Sirius, seitdem er sich auf dem Klo übergeben hatte, nicht mehr mit ihm gesprochen hatte. Zudem mied er den Blickkontakt und auch seine Körpersprache gab ihm ein klares Zeichen, dass er sich zurückzog. Es war nicht unüblich für Sirius, dass er Abstand nahm. Kurz bevor er von zu Hause weglief, war es sogar Standart gewesen. Emotional war Sirius oft sehr empfindlich und wenn er sich danach fühlte ging er auf die Barrikaden. Für Remus war es aber ungewöhnlich, dass er dies genau nach dem gestrigen Abend tat. Wäre er Peter und James gegenüber ebenfalls abweisend, würde er es auf irgendwelche Launen schieben, aber dem war nicht so. Er verstand sich mit beiden prächtig. Remus war es den er wegstieß. Er war sich sicher dass gestern nicht 'Nichts' passiert war doch keiner wollte ihm die Wahrheit sagen. Er war sich nicht sicher ob er es überhaupt wissen wollte. Er müsste nur abwarten, bis Sirius sich wieder beruhigt hatte, vielleicht konnte er dann etwas herauskitzeln. 
  - Was wollen wir heute machen?
  - Keine Ahnung Prongs was willst du machen?
  - Also, ich hätte den Plan, dass wir uns nach Hogsmeade schleichen und uns bei Zonkos ein paar Stinkbomben holen und die übliche Nummer mit Filtchs Büro abziehen. Ich glaube Remus ist für größere Aktionen nicht fit genug.
Remus sah James entschuldigend an, welcher darauf hin schmunzelnd den Kopf schüttelte. 
  - Stört es dich wenn ich heute nicht dabei bin Prongs. Mir ist gerade nicht danach.
Sirius der seinen Blick fest auf den Lehrertisch gerichtet hatte klang demotiviert. Erst als Remus ihn genau musterte fielen ihm die dunklen Ringe unter seinen eisgrauen Augen auf. Er machte den Eindruck als hätte er die Nacht nicht geschlafen.
  - Kein Problem. Was machst du stattdessen Pads?
  - Frische Luft schnappen.
 Mit diesen Worten stand er auf und ging Richtung Ausgang. Er gab sich große Mühe Remus nicht anzusehen. Als er verschwand, verabschiedete er sich nicht einmal. James sah ihm verwirrt nach, zuckte dann aber mit den Schultern. Peter tat so als ob nichts passiert wäre und aß munter weiter. Remus fühlte sich  von Sirius verstoßen und der Gedanke versetzte ihm einen Stich. Er wollte nicht warten bis seine Launen vorbei waren. Er wollte dass sie sich wieder vertrugen und Sirius sich neben ihn setzte wie er es sonst immer tat. Diese Haltung war verletzend und frustrierend für Remus. 
  - Wieso ignoriert er mich.
Diesen Satz spuckte er gekränkter heraus als er wollte.
  - Er hat nicht viel geschlafen Moony. Das ist sicher eine seiner Launen. Bis morgen hat er sich beruhigt.
Das hoffte er auch. Jedoch erinnerte er sich, dass es nicht das erste Mal für Sirius war, dass er nur Remus gegenüber Abstand nahm. Das hatte er letztes Jahr bereits mitgemacht, kurz vor den Sommerferien. Sirius hatte ihm damals versichert, dass er einfach nicht gut drauf war und deswegen abgerückt ist und dass es nicht an Remus lag. Es fühlte sich an wie ein Deja-vü. Tief in seinen Gedanken versunken hatte Remus nicht bemerkt, dass Lily den leeren Platz von Sirius einnahm. Sie und James flüsterten sich einige Dinge zu die Remus aufgrund der hohen Lautstärke der umliegenden Schüler nicht hören konnte. 
  - Was redet ihr denn?
Gereizt sah er zu seinen Freunden hinüber. Er kam sich ausgeschlossen vor und war wütend dass sein Zustand ihn so leicht die Beherrschung  verlieren lies.
  - Ich wollte James fragen, ob er heute Abend nach dem Essen Zeit hätte?
  - Zeit wofür?
James sah sie wie vom Donner gerührt an.
  - Einen Ausflug. Ich würde gerne zum See gehen aber die Mädels können heute nicht, weil sie lernen müssen. Da habe ich mich gefragt, ob du nicht vielleicht Lust hättest mit mir dort hin zu gehen.
  - Ja gerne Lily, treffen wir uns dann hier. Also nach dem Essen? Ich würde gerne mit dir zum See. 
 James der mit Wahnsinnggeschwindigkeit auf Lily einredete strahlte vor Freude.
Remus kam sich dumm vor. Dieses Gespräch ging ihn nichts an und trotzdem war er angepisst, weil er sich außen vor gelassen fühlte.
  - Ich gehe in die Bibliothek. Ich muss noch Lernen.
Er stand auf und wollte sich verabschieden als Peter sich ebenfalls erhob.
  - Ich gehe mit. Ich muss noch mit den Aufgaben fertig werden. 
  - Bis später Prongs.
 Die beiden machten sich auf den Weg in den Schlafsaal um die Sachen zu holen. Vor dem Portrait der fetten Dame stand Regulus, Sirius' jüngerer Bruder und schien zu warten. In genau diesem Moment klappte das Portrait um und Sirius kam durch das Loch geklettert. Er sah die beiden entsetzt an. 
  - Gehen wir, Siri.
  Sirius fixierte seinen Bruder und hatte keinen Blick für seine Freunde über. 
  - Ja, bitte. Hauen wir ab.
Bitte. Dieses Wort hallte in Remus Kopf herum als er die Bibliothek erreicht hatte. Motorisch setzte er sich an den Tisch und kramte seine Sachen zusammen. Er hatte überhaupt keine Lust auf irgendetwas. Am liebsten wollte er wieder ins Bett. Es war nicht einmal die Hälfte des Tages vorbei und Remus war bereits bis an der Grenze seiner Nerven angekommen.
  - Moony?
  - Ja?
  - Hast du Pergament?
 Remus schob seine Blätter rüber zu Peter und versuchte sich auf seine Unterlagen zu konzentrieren. 
  - Habt ihr Streit?
  - Nein!
 Bissig gab Remus ihm eine Antwort. Er bereute es als er Peters verschrecktes Gesicht sah.
  - Bist du dir da sicher? Ihr geht euch schon seit heute morgen aus dem Weg und gerade eben sah er auch nicht nett aus. Ist irgendetwas zwischen euch beiden passiert, gestern auf der Party?
  - Ich weiß es nicht Wormtail. 
 Remus kam kurz ins stocken.
  - Ich erinnere mich an fast gar nichts mehr von gestern. Meine ganzen Erinnerungen hängen in Fetzen und ich tue mir dabei schwer Geschehnisse zu rekonstruieren. Ich erinnere mich nicht einmal mehr richtig daran wie ich dich überhaupt ins Bett gebracht habe, verdammt! 
Er stützte den Kopf in seine Hände und seufzte. Das mit dem Lernen konnte er vergessen.

Sirius und Regulus gingen gemeinsam den Feldweg entlang, der in der Nähe des Schlosses lag. Keiner von beiden sprach. Sirius hatte seinen Bruder über den Zwei-Wege-Spiegel gefragt ob sie sich nicht die Beine vertreten wollten. Regulus hatte sofort zugestimmt. Seit er von zu Hause weggelaufen war sah er seinen Bruder kaum mehr, außer wenn sie sich in der Schule begegneten und selbst dann hatten sie sich meist nichts zu sagen. Sie gingen weiter bis sie an den verbotenen Wald anstießen, dann machten die Brüder kehrt. Nach dem halben Rückweg war es Regulus der als erster sprach. 
  - Willst du wirklich nicht wieder zurück?
  - Das Thema hatten wir schon Reg. Diese Frau hat mich bereits aus dem Familienstammbaum gebrannt. 
Er vermied es das Wort 'Mutter' zu sagen. Dieses Weib war Geschichte.
  - Ich gehe nie wieder zurück eher sitze ich in Askaban.
 Regulus bliebt abrupt stehen. 
  - Ich bin mir aber sicher dass wir deinen Namen wieder reinwaschen können.
  - Nein!
  - Aber Siri, denk darüber nach. Was hast du davon mit Schlammblüter und Blutsverrätern abzuhängen.
  - Regulus, wir haben eine Abmachung! Du hälst dich aus meinem Leben heraus und ich aus deinem! Dieses Gespräch kannst du gerne mit deinen Todesser-Freunden führen!
  Der Geduldsfaden war ihm gerissen und er schrie seinen Bruder förmlich an. Die Beziehung zwischen den beiden war kompliziert. Regulus hatte ihm zwar nie verziehen, dass er die Familie Black verraten hatte, aber im Gegensatz zu den anderen hielt er keinen Abstand. Sirius liebte seinen Bruder und er wusste dass Regulus ihn auch liebte aber was ihre Weltansichten anging hätten die beiden nicht unterschiedlicher sein können.
  - Warum bist du dann hier?!
 Jetzt erhob auch Regulus seine Stimme. Krampfadern zeichneten sich auf seinem Hals ab. Regulus war eine Spur temperamentvoller als Sirius selbst. Eine Eigenschaft die beide ihrer Mutter zu verdanken hatten. Sirius erwiederte nichts darauf. 
  - Du verbringst doch nur Zeit mit mir, wenn du Streit mit deinen Freunden hast. Für andere Dinge bin ich dir egal!
  - Das stimmt doch nicht...
  - Und warum bist du dann hier?
  - Weil-
 Warum war er wirklich hier? Er hatte kein Thema über das er mit Regulus reden wollte. Nicht wirklich.
  - Weil? Red nur weiter!
 Sein Bruder sah ihn eindringlich an. 
  - Weil ich verliebt bin!
 Regulus sah ihn verwirrt an. Dann änderten sich seine Züge und Sirius bereute dass er ihm diese Info preisgegeben hatte.
  - Ist sie Reinblut?
  - Nein.
  - Dann will ich es nicht wissen.
  Mit diesem Satz war das Gespräch beendet. Regulus setzte seinen Weg fort und lies Sirius alleine am Feldweg stehen.

Was sind diese Gefühle....Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt