Es war ernst.
Er hörte die Schüsse schon, während er auf den Hubschrauber zurannte.
Auf den Ernstfall war jeder hier genau vorbereitet, sein Körper schüttete Adrenalin aus und sein Herz pumpte das Blut rasendschnell durch seine Adern. Die grünliche Militärkleidung klebte aufgrund der hoch am Himmel stehenden Mittagssonne verschwitzt an seiner Haut und im Laufen setzte er sich den schweren Pilotenhelm auf, sodass seine auffällig roten Haare darunter verschwanden.Er befand sich an einem Stützpunkt des Britischen Militärs im Irak.
Er selbst war zwar gebürtiger Ire, doch seine Fähigkeiten waren enorm und sein Vater in den Kreisen bekannt, sodass ihn das Britische Militär ohne zu Zögern zum General Lieutenant der British Airforce ernannt hatte.
Mit seinem Co-Piloten Second General Lieutenant Watson sprang er nun in seinen Helikopter Christoph II. Er liebte es, wenn die Rotoren begannen, sich immer schneller zu drehen und man an einer gewissen Leichtigkeit im Bauch spürte, dass der olivgrüne Hubschrauber abhob.
Er liebte das Adrenalin, wenn Schüsse fielen, wenn es um das Leben und die Sicherheit von Menschen ging.
Er liebte den Blick aus der Luft auf das Geschehen und das genaue Abschätzen und Analysieren einer Situation, bevor man eine Entscheidung treffen konnte.
Dafür war er geboren.Aus der Luft beobachtete er nun die kritische Lage unter ihm, einen heftigen Zusammenstoß der Terrorgruppe IS mit britischen, im Irak stationierten Soldaten. Er gab einen Funkspruch durch.
"Walker mit Watson aus Christoph II in der Luft. Die IS Kämpfer überwiegen. Warten auf Anweisungen zum weiteren Vorgehen. Wiederhole; Warten auf Anweisungen."
Mit einem Rauschen meldete sich sofort eine zweite Stimme, die ihn nach einer kurzen Absprache und dem Erkundigen nach seiner Meinung schließlich anwies, den Helikopter möglichst nah über den Kämpfern des IS zu platzieren und ein ungefährliches Luftgeschoss abzusetzen, um sie zurückzudrängen.
Gekonnt flog der 24-jährige eine enge Kurve und folgte der Anweisung, indem er einen Flugkörper mit Tränengas über den IS Kämpfern fallen lassen wollte. Seine Hand schwebte schon über dem Knopf, als er sich doch umentschied. Die IS-Kämpfer waren sehr stark, er sah erste britische Soldaten am Boden, Funksprüche der Militärärzte dominierten schon den Kanal und rauschten in seinen Ohren.
Der junge Pilot musste etwas tun, um so viele seiner Leute wie möglich zu retten.Er schickte ein explosives Luftgeschütz in Richtung der Feinde, obwohl er sich damit einer Anweisung widersetzte. Konzentriert beobachtete er dessen Wirkung, streichelte dabei abwesend die Hand seines Co-Piloten und Verlobten Nick Watson, sodass er das feindliche Luftgeschoss von hinten nicht kommen sah.
Der Schlag durchfuhr den kompletten Hubschrauber, das olivgrüne Metall ächzte unter der Druckwelle und Christoph II geriet ins Taumeln, kam dem ausgetrockneten Boden immer näher. Eines der Rotorblätter hatte Feuer gefangen, welches sich schnell ausbreitete.
"Verdammt!", fluchte der Pilot.
Mit einer schnellen Bewegung griff er nach dem Funkgerät.
"Walker mit Watson aus Christoph II in der Luft; Wir wurden getroffen."
Seine Stimme war so deutlich und souverän wie möglich, doch in seinem Kopf rasten Gedanken, drehten sich wie ein Uhrwerk, als er verzweifelt versuchte, den Helikopter wieder nach oben zu lenken. Doch durch das Feuer, welches sich langsam in die Verstrebungen an der Unterseite der Rotoren gefressen hatte, war es ihm nicht mehr möglich, die Flughöhe zu kontrollieren.
"Walker!", tönte es mahnend und knapp aus dem Funkgerät, doch der Pilot wusste auch so, dass es General Kane's Stimme war. "Was verstehen Sie nicht an den Worten 'ungefährliches Luftgeschoss'?! Sie sind hier um Mut zu beweisen und ihr Leben zu riskieren, wenn es sein muss, jedoch nicht auf so eine törichte Art und Weise, ich-"
Urplötzlich verstummte die Stimme des Generals und als der rothaarige Pilot einen Blick nach unten wagte, sah er auch, warum. Die IS-Kämpfer zogen sich urplötzlich zurück. Seine Idee hatte gezündet. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch das änderte auch nichts daran, das Christoph II mit einer beachtlichen Geschwindigkeit in einer Art Schraube in Richtung Erdboden raste.
Nun konnten die Piloten in seinem Inneren nichts mehr tun.
Sie hatten gewusst, dass es eventuell irgendwann soweit kommen würde.
Langsam wurde es warm, die züngelnden Flammen näherten sich."Ich liebe dich, Walker, das weißt du", bemerkte der dunkelhaarige Co-Pilot plötzlich, ließ die Steuerhebel los und griff nach der schweißnassen Hand des Piloten, nach der Hand des Mannes, den er liebte.
"Ich liebe dich auch, Watson. Nicht nur jetzt, sondern immer."
Kurz darauf schlug Christoph II mit einem ohrenbetäubenden Knall auf dem Erdboden auf.
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Helicopter Heart
RomanceIan ertrinkt. In einem Meer aus Wut und Trauer, aus zerrissenen Beleidskarten und Hundefutter in Dosen, in den sanften Berührungen des ehemaligen Militärarztes Dr. Marcus Young und in den Augen von Liam, dem gehörlosen jungen Mann, der ihn so an sei...