nineteen

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Ian konnte den Hubschrauber, der vermutlich auf dem angrenzenden Feld landen würde, schon lange vorher hören. Doch sehen konnte er ihn erst, als er nur noch wenige Meter vom Erdboden entfernt war, die Erde und die Blätter auf dem Acker mit den Rotorblätter in Bewegung brachte.

So wie es aussah, war es ein Hubschrauber der Küstenwache, die nicht nur zur Seenotrettung, sondern manchmal auch für Krankentransporte in der Umgebung eingesetzt wurden.

Die Erkenntnis, dass es sich bei dem Hubschrauber tatsächlich auch um seinen Diensthubschrauber Delta I handelte, schnürte Ian auf eine seltsame Art die Kehle zu. Und noch enger wurde es in ihm, als der relativ kleine, jedoch breitschultrige Notarzt Henry Campbell auf die dunkle Erde des unbepflanzten Ackers sprang, einen Notfallrucksack auf dem Rücken, der dort beinahe überdimensional groß wirkte.
Henry war vermutlich der einzige Mitarbeiter der Küstenwache, mit dem Ian sich nicht verstand. Er dachte an den Fall mit dem Schwimmer, Olivias Bruder, wo sich glasklar herausgestellt hatte, dass die beiden keine guten Arbeitspartner waren.
Der Schwimmer. Ian war mehr als brennend daran interessiert, wie es ihm momentan ging und ärgerte sich, dass er Olivia nicht gefragt hatte.

Direkt hinter Henry verließ Finn Smith den Helikopter, gefolgt von einem etwas älteren Piloten, den Ian nur vom Sehen her kannte. Sie hatten eine Trage dabei, alleine durch diesen Anblick fühlte sich Ian schon irgendwie erniedrigt.

Die Schmerzen hatten sich weiter verschlimmert in der Zeit, die er in seinem Auto gewartet hatte. Sie zogen sich über seinen gesamten Rücken, sodass sich schon ein dünner Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet hatte und Ian verfluchte sich dafür, keine Schmerzmittel hier zu haben. Seine Hand zitterte leicht, doch noch hatte er sie einigermaßen unter Kontrolle.

Schnell hatten die drei Männer sein Auto entdeckt, Finn öffnete die Fahrertür.

"Ian! Was machst du für einen Scheiß?" Er schüttelte den Kopf. "Geht es dir gut?"

Ian rollte leicht mit den Augen.
"Ja. Ja klar."

Er sah an Finns Gesicht, dass er nicht abschätzen konnte, ob seine Worte ironisch gemeint waren oder ernst. Und eigentlich wusste Ian es selbst nicht genau.

Plötzlich schob Henry Campbell sich an Finn vorbei.

"Es ist immer noch meine Aufgabe, zu beurteilen, wie es ihm geht. Das Hemd muss leider dran glauben...", sagte er fast beiläufig und hatte im nächsten Moment Ians Hemd mit einer Stoffschere vorne zerschnitten, klebte ihm Elektroden auf die Brust.

"Na, Walker, machst du wieder ein bisschen Soldaten-Drama?", grinste er dann und schloss ein kleines Gerät an die Kabel an. Kurz betrachtete Henry ihn daraufhin mit schiefgelegtem Kopf. "Neue Frisur?", fragte er mit spöttisch erhobener Augenbraue.

"Klappe, Campbell", antwortete Ian harsch und biss kurz darauf die Zähne zusammen, als Henry ihm mit ein bisschen mehr Kraft als nötig einen Zugang legte.

Finn und der andere Pilot standen ein wenig hilflos daneben und stellten die Trage ungefähr auf die gleiche Höhe wie seinen Autositz.

Henry rieb sich einmal kurz die Hände und legte sie dann an Ians unteren Rücken, direkt auf seine warme Haut. Ian sog scharf die Luft ein.

"Sorry, sind ein bisschen kalt, meine Hände", sagte Henry daraufhin, doch wirklich leidzutun schien es ihm nicht.

Ian verzog das Gesicht, als er ihn abtastete und dabei konzentriert ins Nichts sah, schließlich bestätigend nickte.

"Tut's weh?"

Ian biss sich auf die Unterlippe.

"Geht."

Helicopter Heart Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt