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Luke trat in Ian's Zimmer. Er hatte ihn wecken wollen, doch Ian saß schon längst angezogen auf seinem Bett.

"Wann kommt Finn?", fragte er und seine Stimme klang seltsam drängend.

Luke zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu Ian.

"Finn hat leider abgesagt. Seine Frau und zwei seiner Kinder haben wohl Grippe, er muss sich um sie kümmern. Wir sollen Ihnen gute Besserung ausrichten und dass es ihm leid tut. Ich habe jetzt Ihre Mutter angerufen. Sie wird Sie vorerst mit zu sich nach Hause nehmen."

Ian raufte sich verzweifelt die Haare.
"Oh nein, bitte nicht, bitte! Warum kann ich nicht einfach wieder zu mir nach Hause?"

"Ich bin nicht blind, Mr.Walker, und dumm bin ich auch nicht. Ich sehe, dass es Ihnen nicht gut geht. Ich weiß nicht genau, warum, und Sie können auch sagen, dass es mich nichts angeht. Doch es geht mich und auch jeden anderen, mit dem Sie irgendwie Kontakt haben sehr wohl etwas an, dass Sie sich selbst in tödliche Gefahr bringen könnten."

Ian starrte ihn still an, man konnte die Emotionen in seinem Gesicht nicht erkennen.

"Warum sollte ich-"

"Ich habe Angst, dass Sie sich umbringen."

Es war so plötzlich aus Luke herausgerutscht, dass der Pfleger erschrocken die Augen aufriss, doch ändern konnte er es nun auch nicht mehr.
Ian saß eine Weile still da, die Augen ins nichts gerichtet, bis er von der aufgehenden Tür aus seiner Trance gerissen würde.

"Ihre Mutter ist da, Mr.Walker", informierte ihn eine Schwester.

Er nickte und erhob sich von dem Bett, schnalzte, damit Ginger ihm folgte und verließ den Raum. Luke blieb sitzen, doch so leicht würde er trotzdem nicht aufgeben. Er wollte keine Mitschuld am Tod eines Menschen haben.
Wenn er so darüber nachdachte, waren eigentlich so viele Leute Mörder, wenn auch keine ganzen. Jeder ließ mal unbedacht einen fiesen Kommentar ab, ohne es wirklich so zu meinen. Manche steckten das gut weg, doch bei Manchen führte so etwas auch dazu, dass sie zur Klinge griffen oder sogar den Tod wählten.

Währenddessen traf Ian im Krankenhausflur zum ersten Mal nach einiger Zeit wieder auf seine Mutter. Er wusste sofort, was ihr erste Kommentar sein würde und ärgerte sich schon, dass er keinen Rasierer parat gehabt hatte.

"Ian!"

Sie nahm ihn ungelenk in den Arm und schob ihn dann wieder an den Schultern von sich weg, betrachtete ihn.

"Du bist ja wieder nicht rasiert. Sag nicht, dass du diesen komischen Bart immer noch trägst, weil er ihm gefallen hat."

Sie sagte es beinahe verächtlich und Ian wünschte sich einfach nur nach Hause. Das war die ehrliche, offene Art seiner Mutter, die er die nächsten Tage oder sogar Wochen ertragen musste.

"Er hat auch einen Namen. Und ja, ich trage diesen Bart, weil Nick ihn mochte."

Seine Mutter seufzte.
"Und ganz blass bist du auch! Wie geht es dir inzwischen? Dass du tatsächlich wieder laufen kannst... Das können dein Vater und ich immer noch nicht ganz glauben."

Iam ging durch den Kopf, dass seine Eltern ihn im Krankenhaus in Dublin kaum besucht hatten und ihn auch eher wenig unterstützt hatten. Als er nach Greystones gezogen war, hatten sie sich einmal das Haus angesehen, doch dann waren sie nie wieder gekommen, obwohl es von Glencree nach Greystones nur ein Katzensprung war, vielleicht eine halbe Stunde mit dem Auto.

Beinahe verzückt zog die kleine, etwas rundliche Frau mit dem bunten Filzschal ihn schließlich bis auf den Krankenhausparkplatz und redete auf ihn ein.

Helicopter Heart Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt