Storys to be told

2.7K 89 23
                                    

Thranduil POV

"Mylord.. Ich bringe euch die Fremdländerin." "Ihr könntet mich vielleicht einmal nach meinem Namen fragen, wie wäre das?", sagt diese mit beißendem Hohn in ihrer Stimme. "Setzt euch.", heiße ich sie an. Gelassen nimmt sie Platz mir gegenüber auf dem Sessel, zieht ihre Beine an und setzt sich auf in einem so unfassbar schlechten damenhaften Verhalten, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. "Beginnt mit eurem Namen.", befehle ich ihr. Sie lacht. "Avalon.", meint sie schließlich, "Avalon Indigo Görzen. Ach ja. Die formelle Anrede muss nicht sein.", sagt sie und grinst. "Nun.. Avalon... Erzähl mir von dir. Wie war deine Kindheit? Wie bist du aufgewachsen? Lasse kein Detail aus!" "Ich bin im Jahr 1999 geboren. Am 9. September. Meine Mutter heißt Marie. Mein Vater Jonas. Ich habe drei ältere Brüder. Sid, Alex und Mirco. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Dorf mit einem starken Akzent und wenigen Freunden. Ich war schon als kleines Kind anders. Ich habe die laute und von ernsten Gefühlen sprechende Musik meines Bruders der meiner Eltern bevorzugt. Und somit war ich aufgewachsen als Anhänger einer Minderheit. Ebenso mit meiner Einstellung. Ich habe oft hochgezogene Augenbrauen geerntet, wenn ich gesagt habe, ich fühle mich wie ein Junge. Mit 2 kam ich in den Kindergarten. Dort schicken Eltern ihre Kinder hin, um arbeiten zu können und sie werden dort betreut und können in Gruppen spielen. Ich habe mich ununterbrochen mit den Jungs geprügelt. Es gab nichts besseres als eine Armee an Mädchen anzuführen und sie zu schlagen." Sie lacht und auch ich muss schmunzeln. "Mit 6 kam ich in die Grundschule. Dort lernt man schreiben, die Grundlagen des rechnens, die Grundlagen der Geographie, Biologie, Physik und Chemie, ebenso die der Informatik, aber die werde ich nicht erklären. Sagen wir einfach, es sind Wissenschaften meiner Zeit. Die Grundschule war die Hölle für mich... Denn in diesem Alter haben sich all meine Freunde, bis dahin allesamt männlich, von mir abgewandt. Plötzlich war mit Mädchen zu spielen nicht mehr eine Option. Zur selben Zeit starb erst meine Großmutter mütterlicherseits, bald darauf meine Tante mütterlicherseits und schließlich der wichtigste Mensch in meinem Leben.. Mein Großvater. Mein Vater war jeden Tag von Morgens bis abends am arbeiten. Ich habe mich nie wirklich auf ihn als Vaterfigur geprägt. Stattdessen war es mein Großvater. Ich kann bis heute seine Stimme hören, seine fleischigen, rauen Finger vor mir sehen, die Ringe an ihnen. Auf jedem Finger einer. Und auch die klobige Golduhr an seinem Handgelenk. Er roch nach Zigarrenrauch und altem Leder, Kaffee und dem Staub, den man nur auf Bücherrücken findet. Er war meine Welt. Und ich zerbrach damals an seinem Tod. Ich musste von einer Sekunde auf dir Nächste Erwachsen werden. Ich war 6, fast 7 Jahre alt. Ich hätte mit Puppen spielen sollen, lachen und tanzen sollen. Stattdessen fiel ich in ein dunkles Loch der Trauer. Ich versuchte darüber zu reden, aber niemand hörte mir zu. Ich habe damals versucht zu sterben. Sehr oft. Aber als ich nach langem merkte, dass all meine Bemühungen umsonst waren, blieb mir nichts anderes als eine schon leicht stumpfe Schere um mich lebendig zu fühlen. Ich sollte mich erst mit 14 Jahren daraus befreien können. Alleine, denn die Beleidigungen meiner Mutter, das Schweigen meines Vaters und die Abwesenheit meiner Brüder war keine sonderliche Hilfe. Da war ich schon auf dem Gymnasium. Dort wird das Wissen aus der Grundschule weiterentwickelt. Mehr Details den Schülern beigebracht. Hier habe ich einige der wichtigsten Menschen meines Lebens kennengelernt. Meine beste Freundin vor allen Anderen als die wichtigste. Ich habe hier zum ersten Mal in meinem Leben wirkliche Freunde gefunden... Doch es sollte nicht lange halten. Denn mit 16 zogen meine Eltern mit mir um in eine Stadt. Weit entfernt von meinen Freunden. Und auch wenn ich auch dort Menschen fand, die ich lieben lernen sollte, es war nie ein Ort, den ich Zuhause nennen konnte. Es gab für mich nur ein Zuhause. Das, was ich zurück lassen musste. Ich begann, das zu tun, wonach mir der Kopf stand. Ich begann zu rauchen, ich färbte meine Haare, rasierte sie sogar komplett ab. Und mit 19, meinen Schulabschluss in der Hand, machte ich mich auf zur Universität um Lehrerin zu werden. Kunst und Geschichtslehrerin um genau zu sein. Ich hatte meinen Abschluss mit 25, meine Einstellung mit 26 und mit 27 bin ich nun hier gelandet.", erzählt sie, kein Detail auslassend. "Also bist du gebildet." "Ich genoss das höchste Maß an Bildung meines Landes. Also würde ich es wagen, ja zu sagen.", lacht sie, zeigt ihre weißen Zähne. Diese Kleidung.. Ist sie in deiner Zeit gewöhnlich? Sie blickt an sich herunter. Dann nickt sie. "Ja. Vielleicht ist das hier ein wenig teuer, aber dieser Stil ist die Norm.", meint sie schließlich. "Und es ist das selbe für Männer?" "Nicht dieser Schnitt.. Aber Materialien ja. In meiner Zeit legen wir viel wert darauf, dass Mann und Frau gleichgesetzt sind in jeder Weise. Im Sommer sieht man aber am ehesten dir Unterschiede. Ich habe noch keinen Mann in so kurzen Hosen gesehen und in einem Oberteil, was den Bauch frei lässt..", lacht sie und zeigt mit ihren Händen wo die Kleidung aufhört. "Das ist doch kürzer als die Unterbekleidung und sie lacht und schüttelt den Kopf. "Die ist noch viel, viel kürzer. Und Korsetts gibt es auch nicht mehr für den Alltag.", kichert sie. "Hast du Kinder?", frage ich sie und sie schüttelt so stark ihren Kopf, dass ihre roten Haare durch die Luft peitschen. "Nein. Ganz sicher nicht. Wir in meiner Zeit haben es nicht so  eilig mit dem Kinder kriegen. Karriere, die Arbeit, geht vor. Es gibt nur selten so etwas wie Hausfrauen in unserer Generation.", sagt sie und fährt durch ihr Haar um es wieder zu zähmen. Wie gerne würde ich es anfassen. Wie gerne diese Textur unter meinen Fingern fühlen. "Ist dies deine natürliche Haarfarbe?" "Nein. Eigentlich sind sie aschblond bis hellbraun. Haare färben ist auch so eine Sache, die recht normal ist, vor allem unter Frauen. Aber meistens eher andere Farben. Sie waren auch schon einmal blau, grün, gelb, orange und jetzt rot.", erklärt sie und lächelt. "Nun.. Ich denke damit waren es genug Informationen für heute. Lass dir ein Bad geben. Ich erwarte dich zum Frühstück im Pavillon. Eine Dienerin holt dich von deinen Gemächern ab." "Muss ich ein Kleid tragen?" Die Angst in ihrer Stimme amüsiert mich. Vor einem König bekannt für sein Herz aus Eis zuckt sie nicht einmal zurück aber der Gedanke an ein Kleid lässt sie erschauern. Nur um mich zu belustigen antworte ich mit Ja. Sie stöhnt laut und für eine Sekunde entgleitet mir die Kontrolle über meine Gesichtszüge. Ich muss lächeln. Kaum sieht sie dies, lacht sie und stuppst mich spielerisch mit ihrem Ellenbogen in die Seite. "Das war gemein.", schmunzelt sie und ich schmunzele zurück. "Was willst du dagegen tun?" "Das willst es gar nicht wissen." Wir stehen nur einen Spalt breit voneinander entfernt und starren uns gegenseitig spielerisch wütend an, bis sie nicht mehr kann und anfängt zu lachen. Es ist ansteckend. Sehr sogar. Und ich muss ebenfalls anfangen zu lachen. "Bis später.", schmunzele ich und sie streckt mir spielerisch die Zunge heraus, bevor sie zu ihren Gemächern geht.

I AM DANGER [Thranduil]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt