Kapitel 2

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Jake

Als Claire den Raum betritt sieht sie noch besser aus als vorhin. Ich sehe, wie sie verzweifelt nach einem Platz sucht und mir fällt ein, dass ich sie niemandem vorgestellt habe und sie somit kaum jemanden kennt.

„Claire!" Als ich ihren Namen rufe dreht sie sich verwirrt um und der halbe Raum guckt neugierig zwischen ihr und mir hin und her.

Ich fühle mich schuldig, denn schließlich habe ich sie ja niemandem vorgestellt und deshalb winke ich sie jetzt zu mir, versuche ich mir selbst einzureden.

Der eigentliche Grund ist, dass sie mich wie magisch anzieht, aber diesen Grund ignoriere ich und schiebe den anderen in den Vordergrund.

Sie dreht sich zu mir und sieht nicht allzu erfreut aus über meinen Anblick. Trotzdem kommt sie zu mir und als die Mädchen ihr neidisch hinterher schauen, glaube ich sogar den Hauch eines Lächelns in ihrem Gesicht wahrzunehmen. Doch in der nächsten Sekunde ist es schon wieder weg und einem ernsten Gesichtsausdruck gewichen.

Ich kann meinen Blick einfach nicht von ihr reißen, erst als mein Kumpel Sven mir auf die Schulter haut und meint: „Mach den Mund wieder zu.", wende ich meinen Blick von ihr ab und schlage Sven mit der Faust gegen den Oberarm.

Sein Grinsen verzieht sich kurz zu einer schmerzhaften Grimasse doch das Grinsen kehrt schnell wieder auf sein Gesicht zurück.

Claire rückt neben mir ihren Stuhl zurecht und setzt sich. Ich bemerke die fragenden Blicke der anderen und stelle ihnen Claire vor.

Ich muss grinsen, als ich sehe, mit was für Blicken meine männlichen Kumpane sie ansehen, doch insgeheim versetzt es mir auch einen kleinen Stich in der Magengegend.

Was ist denn nur los mit mir, frage ich mich. Sie gehört mir doch gar nicht und außerdem gibt es doch noch andere hübsche Mädchen. Wie heißt es so schön? Andere Mütter haben auch schöne Töchter oder so...

Aber sie ist nicht einfach nur schön. Sie ist bezaubernd, atemberaubend und... und ich glaube ich... ich habe zu viel getrunken. Bei den Gedankengängen, die mein Gehirn durchlaufen, könnte das gut möglich sein.

Ich greife nach den Pizzabrötchen, die auf dem Tisch liegen und mich durchfährt ein wohliger Schauer als meine Hand Claires berührt, die im selben Moment nach den Brötchen greift.

Ich merke wie sie ihre Hand scheu wieder zurückzieht. Auch ich ziehe meine Hand schnell wieder zurück und unterhalte mich wieder mit meinen Freunden.

Immer wieder werfe ich einen Blick auf Claire und jedes Mal, wenn sie auch gerade in meine Richtung guckt, senkt sie ertappt den Blick nach unten auf ihre Pizza.

Nach dem Essen steht Claire schnell auf und verschwindet.

Als ich später mit meinen Freunden im Aufenthaltsraum abhänge, halte ich verzweifelt nach ihr Ausschau, aber ich kann sie zu meinem Enttäuschen nicht entdecken.

Zwei Hände legen sich sanft auf meine Schultern und ich drehe mich hoffnungsvoll um, aber es ist nicht Claire, sondern Catherine, die lächelnd hinter mir steht.

Sanft, aber bestimmt schiebe ich ihre Hände von meinen Schultern und sehe ihr tief in die Augen, während ich ihr versuche zu erklären, dass ich nicht mehr an ihr interessiert bin. „Aber ich liebe dich doch und wir waren doch so ein tolles Paar.", versucht sie mich umzustimmen. Allerdings ganz ohne Erfolg.

„Aber, es ist so, dass du dich einfach zu sehr an mich geklammert hast. Ich habe mich von dir bedrängt gefühlt und...", während meines kläglichen Versuches es ihr erneut zu erklären, sehe ich aus den Augenwinkeln plötzlich wie Claire den Raum betritt.

„Es ist alles wegen ihr oder? Hab ich nicht Recht? Gib es doch wenigstens zu!" Catherine muss meinen Blick zu Claire bemerkt haben und zeigt nun mit dem ausgestreckten Finger auf sie. Catherine hat nun angefangen hysterisch herum zu schreien.

„Nein, sie hat nichts damit zu tun. Ich habe mich doch schon viel früher von dir getrennt, da war Claire noch nicht mal hier und ich kannte sie noch nicht einmal. Außerdem hör auf irgendwelche Leute in unsere Angelegenheiten mit reinzuziehen."

Ich bin mir bewusst, dass uns mittlerweile alle im Aufenthaltsraum anstarren, aber ich kann es einfach nicht ertragen, wie Catherine versucht die ganze Schuld auf Claire zu schieben. Ich meine, sie hat damit doch überhaupt nichts zu tun. Ok, klar. Natürlich finde ich sie hübsch und ich gebe ja auch zu, dass ich sie mag aber...

„Gib doch zu, dass du scharf auf sie bist. Warum auch immer!", schreit Catherine mich an. Ich habe keine Lust mir ihr verdammtes Gelaber noch weiter anzuhören.

Ich wende mich ab und suche Claires Blick doch sie schaut nur betroffen zu Boden.

Ich hoffe, dass sie sich nicht wirklich als Schuldige sieht. Ich stürme wütend aus dem Raum.

„Catherines Verhalten von heute Abend tut mir wirklich sehr Leid. Dich trifft nun wirklich keine Schuld. Sie sucht nur einen Schuldigen und bemerkt nicht, dass sie alleine dafür verantwortlich ist.", entschuldige ich mich zwei Stunden später bei Claire, als sie mir die Tür zu ihrem Zimmer öffnet.

Ich muss mir ein Pfeifen verkneifen, denn sie sieht wirklich heiß aus in ihrem kurzen Pyjama. Sie trägt eine graue Hose und ein knappes gelbes T-Shirt, bei dem unten ihr flacher Bauch herausschaut. Ihre Haare liegen in wilden Locken auf ihrer rechten Schulter.

Ich muss mich wirklich bemühen, nicht die ganze Zeit auf ihre langen, nackten Beine zu starren.

Ich hasse mich dafür, nicht selbst noch mal einen prüfenden Blick in den Spiegel geworfen zu haben, als ich mein Zimmer verlassen habe. Ich muss ja schrecklich aussehen.

Ich sehe wie ihr Blick an mir hinunter gleitet. Nervös fahre ich mir noch einmal durch die Haare. Aus ihrem Gesichtsausdruck kann ich leider nicht erkennen, was sie grade denkt.

Aber vielleicht ist das ja auch besser so, denke ich.

Ich will mich gerade wieder abwenden und gehen, als sie mich am Arm festhält.

„Du kannst doch nichts für die Anschuldigungen von Catherine. Trotzdem Danke, dass du dich bei mir entschuldigt hast." Sie grinst leicht, lässt meinen Arm wieder los und verschwindet in ihrem Zimmer.

Ich lehne mich von außen an ihre inzwischen geschlossene Zimmertür.

Der Unbekannte FremdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt