Kapitel 7

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Claire

Eigentlich hatte ich nur vor, Catherine zu fragen, was das alles sollte. Doch damit hatte ich nicht gerechnet...

Als ich an ihrer Zimmertür ankomme und gerade anklopfen will, vernehme ich laute Stimmen aus ihrem Zimmer. Meine Hand stoppt und ohne es richtig zu wollen lausche ich dem Stimmengewirr.

Als ich Jakes aufgebrachte Stimme höre, zieht sich mein Magen zusammen, Was macht er, denn in ihrem Zimmer?

Der Lautstärke nach zu urteilen, streiten sich die beiden und ich höre einige Male wie mein Name fällt, doch als ich hineinstürme, um mich einzumischen, sehe ich nur wie Jake Catherine in seinen starken Armen festhält und sie ihren Kopf an seine muskulöse Brust drückt. Ich starre fassungslos auf die Szene, die sich mir bietet. Nach wenigen Sekunden halte ich es nicht mehr aus und stürme, die Tränen unterdrückend aus dem Zimmer. Die Tür lasse ich krachend hinter mir ins Schloss fallen.

Ich renne den Gang entlang und schmeiße mich, in meinem Zimmer angekommen schluchzend aufs Bett.

Aber mal ehrlich, was habe ich denn erwartet? Dass Jake Catherine wegen mir ignoriert und sich nur noch um mich kümmert? Mist, ich muss wirklich aufpassen, dass ich mich nicht in Jake verliebe. Er ist zwar hübsch und hat eine sehr nette Art an sich, aber wie heißt es so schön? Andere Mütter haben auch schöne Söhne.

Zehn Minuten später vernehme ich ein leises, zaghaftes Klopfen an meiner Tür. Ich richte mich auf und werfe einen Blick in den Spiegel. Ich habe nichts anderes erwartet, als in ein verheultes Gesicht zu blicken. Ich fahre mir mit der rechten Hand durch die Haare, um sie wenigstens ein bisschen in Form zu bringen. Allerdings mit recht wenig Erfolg, wie ich frustriert feststelle. Ich wische mir die restlichen Tränen von der Wange und öffne dann zaghaft die Tür einen spaltbreit.

Als ich jedoch erblicke, dass niemand anderer als dieser Macho vor mir steht, schließe ich sie direkt wieder. Doch er lässt nicht locker und klopft erneut. Diesmal fester und energischer.

Ich öffne und trete zurück. Mit dem Rücken zu ihm gewandt versuche ich meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. „Was willst du?"

Ich spüre seine Hand an meiner Schulter. Bei seiner Berührung zucke ich kurz, aber kaum merklich zusammen. Als ich mich immer noch nicht umdrehe, übt Jake einen leichten Druck auf meine Schulter aus, um mich zu zwingen ihn anzusehen.

„Was ist los, Claire? Ich mache mir Sorgen um dich. Tut dein Bauch wieder weh? Soll ich dich zur Krankenschwester bringen?"

Jake überhäuft mich mit Fragen und ich sehe echte Besorgnis in seinen Augen. Um ehrlich zu sein, habe ich die Schmerzen in meinem Bauch kaum noch gespürt, doch jetzt wo er mich dran erinnert, vernehme ich einen stechenden Schmerz in der Magengegend. „Nein, es geht schon, aber lass mich jetzt einfach in Ruhe."

Ich sehe wie Jakes Augen für einen kurzen Moment einen traurigen Ausdruck annehmen. Doch so schnell wie er aufgetaucht ist, ist er auch wieder verschwunden und ich bin mir nicht sicher, ob ich es mir nicht nur eingebildet habe.

Die Hand, die immer noch auf meiner Schulter liegt, entfernt sich ruckartig und Jake geht rückwärts Richtung Tür. Es sieht so aus, als ob er noch etwas sagen wollen würde, doch dann entscheidet er sich scheinbar dagegen und verlässt schweigend den Raum.

Ich schaue ihm hinterher und fühle mich schuldig.

War meine Reaktion vielleicht zu heftig? Er hat sich ja nur Sorgen um mich gemacht, was ja irgendwie süß ist. Ich kann ihm den Kontakt mit Catherine ja nicht verbieten.

Auf dem Weg zum Speisesaal versuche ich Jake einzuholen, doch meine Bauchkrämpfe sind zu stark und ich breche auf der Treppe zusammen.

Das erste Mal ist Jake nicht da um mir zu helfen. Dafür aber zwei Typen aus der Stufe über mir. Sie heben mich mühelos hoch und bringen mich zur Krankenschwester. Ich bin zu schwach, um mich richtig bei ihnen zu bedanken und bringe nicht mehr als in gemurmeltes „Dankeschön" zustande, bei dem ich mir nicht einmal sicher bin, ob sie es überhaupt verstanden haben. Doch sie nicken mir freundlich zu und lassen mich dann mit der Krankenschwester allein zurück.

„Was ist denn los, mein Kind?" Die etwas rundliche Krankenschwester hat eine sehr sanfte Stimme und scheint sehr nett zu sein.

„Ich habe heute einen Volleyball in den Bauch geschmettert bekommen und jetzt habe ich ziemlich strake Schmerzen.", murmle ich vor mich hin. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich verstanden hat. Es scheint allerdings so, denn sie nickt und holt eine Packung Tabletten aus dem Arzneischrank. Sie reicht mir ein Glas Wasser und gibt mir eine der Tabletten.

„Gegen die Schmerzen", erklärt sie. Ich versuche ein Lächeln zustande zu bringen, was mir allerdings misslingt und greife nach dem Wasser.

„Am besten legst du dich jetzt erstmal auf die Liege und ruhst dich ein wenig aus. Ich behalte dich bis morgen mal hier. Nicht, dass es doch etwas Ernsteres ist, als Catherines Wut."

Ich gucke sie erstaunt an. Davon, dass Catherine diesen Ball geschmettert hat, habe ich doch gar nichts gesagt oder?

Die Krankenschwester schmunzelt und meint nur: „Ich hatte schon viele Leute hier liegen, die Catherines Wut abbekommen haben und meistens durch irgendeinen Ball im Sportunterricht.

Naja, jetzt versuch am besten erst einmal zu schlafen"

Diese Worte allerdings hätte sie sich sparen können, da ich schon längst ins Traumland abgeschweift bin.

Das Erste, was ich beim Erwachen am nächsten Morgen wahrnehme, ist das Gesicht von Maria. Ich bin erstaunt sie hier zusehen, da ich nicht sehr viel mit ihr zu tun hatte bis jetzt, doch ich merke auch, wie sehr ich mich über ihren Besuch freue.

„Na wie geht es dir?", sie lächelt so herzlich, dass mir nichts anderes übrig bleibt als ihr Lächeln zu erwidern.

„Es geht mir schon wieder viel besser als gestern. Woher weißt du eigentlich, dass ich auf der Krankenstation liege?"

„Herr Feulner hat es uns eben gesagt. Und da hab ich gedacht, dann kann ich in der Pause ja mal besuchen gehen."

„Das ist wirklich sehr nett von dir. Dankeschön ich freue mich wirklich über deinen Besuch." Das stimmt zwar, aber noch mehr würde ich mich freuen, wenn Jake mich besuchen kommen würde. Obwohl ich gestern so sauer auf ihn war. Nun ja ich bezweifle eh, dass er mich besuchen kommt. So wie ich mich ihm gestern gegenüber verhalten habe...

Maria steht auf. „Ich kann dich ja später noch mal besuchen. Im Gegensatz zu dir muss ich nämlich in den Unterricht"

Sie winkt mir noch kurz zu und verschwindet dann wieder.

Ich sinke zurück in die Kissen und schwebe kurze Zeit später schon wieder im Traumland.

Der Unbekannte FremdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt