Kapitel 16

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Frau Wilson

Da für heute eine wichtige Lehrerkonferenz einberufen wurde, soll ich jetzt jedes Zimmer des Mädchentrakts aufsuchen und ihren Bewohnern sagen, dass sie länger schlafen könne, da der Unterricht heute für sie ausfällt. Für mich ergibt es allerdings keinerlei Sinn, die Mädels erst alle zu wecken, um ihnen mitzuteilen, dass sie noch schlafen können. Meiner Meinung nach könnten wir sie ja direkt alle schlafen lassen, aber nun ja. Die Mädchen sind zwar alle erfreut darüber, dass heute kein Unterricht stattfindet, murren, aber, da sie jetzt eh schon geweckt wurden. Ich rate ihnen sich einfach noch einmal ins warme, weiche Bett zu kuscheln und dann würden sie schon wieder einschlummern. Da war ich mir sicher.

Ich komme beim letzten Zimmer an und bin froh, darüber mir nicht noch mehr Gejammer anhören zu müssen, denn ich kann ja auch nichts dafür. Als ich die Zimmertür leise öffne, bekomme ich freien Blick auf ein friedlich schlummerndes Pärchen. Da liegen Claire und Jake in einem Bett eng aneinander gekuschelt. So süß es auch aussieht, ich muss die beiden wecken und ihnen berichten, dass sie weiter schlafen können, allerdings in ihren eigenen Zimmern.

Ich rüttle leicht an Jakes Schulter, um ihn aufzuwecken. Verschlafen schlägt er die Augen auf und ich muss schmunzeln. "Ich soll euch mitteilen, dass der Unterricht für heute ausfällt und ihr also länger schlafen könnt und...", rattere ich meinen Text herunter. "Und dafür wecken sie mich extra? Nur um mir das mitzuteilen?", fragt er sichtlich verwirrt. "Ich hätte dich sowieso wecken müssen, um dich auf dein Zimmer zu schicken. Du weißt, was wir hier davon halten, dass Jungs sich in Mädchenzimmern aufhalten und umgekehrt genauso und über Nacht schon mal gar nicht. Ihr könnt froh sein, dass ich euch erwischt habe und nicht die Rektorin oder sonst wer. Das hätte echt Ärger geben können."

"Von Ihnen kriegen wir keinen Ärger?" "Ich bin da nicht ganz so streng und ihr beiden habt zusammen echt süß ausgesehen, aber ich muss dich leider trotzdem rausschmeißen. Also los jetzt. Raus hier."

"Danke Frau Wilson. Ach ja könnten sie mir noch einen Gefallen tun und Claire einfach schlafen lassen?", fragt er mich bittend. "Gut, mach ich ausnahmsweise. Aber nur, wenn du endlich in dein Zimmer gehst, bevor ich es mir doch noch anders überlege und mich dazu entschließe...", doch och komme gar nicht mehr dazu auszusprechen, da Jake mir mit einem, "Jaja ist ja gut, ich gehe schon" ins Wort fällt. Als er zur Tür raus ist, werfe ich noch kurz einen Blick auf die friedlich schlummernde Claire und verlasse, dann ebenfalls das Zimmer. Ich schmunzle noch einmal, darüber, wie sehr sich Jake um sie sorgt und mache mich dann auf ins Büro der Rektorin, wo die Konferenz stattfinden soll.

Claire

Als ich ein weiteres Mal aufwache, merke ich sofort, dass Jake weg ist, da mein Körper nicht mehr sosehr gewärmt wird wie vorher. Ich will mich gerade darüber ärgern, dass er einfach so gegangen ist, ohne sich zu verabschieden, als ich zufällig einen Blick auf meinen Wecker werfe und einen halben Herzinfarkt bekomme. Verdammt schon 10:30 Uhr. Die schule beginnt doch um neun. Ich springe hastig aus dem Bett, verheddere mich dabei mit meinen Füßen in der Bettdecke und lande bäuchlings auf dem Boden. Die Tür öffnet sich und er betritt mein Zimmer. Als er mich so auf dem Boden liegen sieht, bricht er in schallendes Gelächter aus. "Hahaha, sehr witzig. Könntest du mir jetzt vielleicht mal lieber helfen, anstatt dich halb tot zu lachen?", frage ich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ich bin nämlich geradewegs mit dem Kopf an den Stuhl geknallt, der eigentlich vor meinem Schreibtisch stehen sollte. Er stellt den Teller, den in der Hand hält, auf den Tisch und reicht mir die Hand, um mir aufzuhelfen.

Ich sehe es nicht ein, mich auch noch bei ihm zu bedanken, wo er gerade so doof gelacht hat und mich heute Nacht einfach verlassen hat. Mir fällt wieder ein, wieso ich mich überhaupt so beeilt habe. "Mensch Jake, was stehst du da so gechillt rum? Wir müssen uns fertig machen und ich muss mich noch anziehen. Der Unterricht hat schon längst begonnen." Zuerst sieht er mich nur irritiert an, doch dann scheint er zu verstehen. "Ich würde dir ja liebend gerne beim Anziehen zu sehen, aber heute fällt der Unterricht, auf Grund einer Lehrerkonferenz aus.", antwortet er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. "Grins nicht so blöd. Toll und deswegen hab ich mir jetzt den Schädel eingeschlagen? Woher weißt du das überhaupt und wieso weiß ich davon nichts?"

"Frau Wilson ist heute Morgen rumgegangen und hat es allen erzählt. Ich habe ihr erzählt, dass sie dich schlafen lassen soll." "Was ab ich dir denn jetzt schon wieder getan, dass du ihr sagst sie solle mich schlafen lassen, nur damit ich einen riesigen Schrecke bekomme, wenn ich aufwache?", antworte ich mit aufsteigender Wut. "DU hast mir gar nichts getan und ich wollte nur nett sein und dich länger schlafen lassen und außerdem..." "Moment mal", unterbreche ich ihn. "Frau Wilson ist heute Morgen reingekommen und hat es erzählt? Aber dann muss sie dich doch gesehen haben heute Morgen..." "Hat sie ja auch, aber sie hat nicht geschimpft. Sie hat nur gemeint, dass wir beide verdammt süß aussehen würden, sie aber so leid es ihr auch tut mich trotzdem in mein Zimmer schicken muss."

"Ja ok. Und wir haben jetzt den ganzen Tag freibekommen?", frage ich erstaunt. "Ja. Da du erst sehr spät aufgewacht bist habe ich dir etwas vom Frühstück mitgebracht. Ich geh dann mal wieder." Er dreht sich schon in Richtung und ist schon fast verschwunden, bevor ich ihm danken kann. "Ja, also danke." Ich bemerke noch, dass sein T-Shirt immer noch neben meinem Bett liegt und will es ihm schon hinterher rufen, entscheide mich aber dagegen. Ich vermute, dass er es extra hat liegen lassen, so wie sein Handy gestern Abend, wenn er es überhaupt liegen gelassen hat. Ich finde die Ausrede mit seinem Handy immer noch fragwürdig, da soweit ich weiß gestern kein Handy neben meinem Bett oder sonst wo lag, abgesehen von meinem eigenen. Aber ist ja im Prinzip auch egal, und so genau daran erinnern kann ich mich auch nicht mehr. Es kann also gut möglich sein, dass er es gestern, als er sich zu mir gebeugt hat, um mich zu küssen, auf dem Boden abgelegt hat oder so. Ich denke zurück daran, wie Jakes Lippen meine Wange gestreift haben und mich durchfährt bei diesem Gedanken ein wohliger Schauer. Also eigentlich möchte ich ja schon mal gerne wissen, wie sich diese Lippen an den meinen Anfühlen...

Den ganzen Tag verbringe ich damit, eines der Bücher zu lesen, welche ich mir von zuhause mitgenommen habe. Ich verlasse mein Zimmer eigentlich nur, um zum Abendessen zu gehen. Jennifer schlägt beim Abendessen vor, dass wir nochmal Karaoke singen können, und da wir anderen nichts Besseres zu tun haben stimmen wir zu. Da ich allerdings keine große Lust habe, wieder ein Duett mit Jake vor den anderen zu singen, sitze ich nur auf einem der Sessel, die im Aufenthaltsraum stehen und höre den anderen zu. Sie scheinen alle sehr viel Spaß zu haben und auch wenn ich singen wirklich liebe, habe ich heute keine Lust dazu.

Jake setzt sich auf die Lehne meines Sessels. "Na wie wär's? Sollen wir nochmal was zusammen singen?" "Ne, sorry Jake. Aber heute habe ich keine Lust zu singen. Ich höre lieber nur zu." "Ok, gut. Aber dann mach mal ein bisschen Platz, die Lehne ist verdammt unbequem und auf der Couch ist auch kein Platz mehr." Ich rutsche ein Stück zur Seite und wir versuchen uns zu zweit auf den Sessel zu quetschen. Da das aber nicht sonderlich gut funktioniert, zieht Jake mich kurzerhand auf seinen Schoß. Maria wirft mir einen verwunderten Blick zu, singt dann aber weiter. Auch ein paar der anderen Mädchen gucken erstaunt, aber es scheint sie nicht sonderlich zu stören. Anders als Catherine, die eine Viertelstunde später den Raum betritt. Als sie mich auf Jakes Schoß sitzen sieht, wirft sie mir so wütende Blicke zu, dass ich aufspringen will. Jake, der Catherines Auftritt auch mitbekommen zu haben scheint, umschließt meinen Bauch mit seinen Armen, damit ich nicht aufspringen kann. "Lass dich nicht von ihr einschüchtern, Ba..." Ich merke, dass er mir wieder einen seiner dämlichen Spitznamen geben will, aber er bemerkt es und lässt es bleiben.

Ich schaue noch eine weitere halbe Stunde zu, doch dann wird es mir zu langweilig, weshalb ich beschließe ins Bett zu gehen. Ich wünsche allen noch eine Gute Nacht und verschwinde schnell in mein Zimmer. Ich putze mir schnell die Zähne. Da ich mich heute nicht geschminkt hatte, war das Abschminken ja nicht nötig. Ich ziehe meinen Shorty-Pyjama an, ziehe dann allerdings mein Top wieder aus und Jakes T-Shirt, das immer noch auf dem Boden, neben meinem Bett liegt, an. Es ist so lang, dass meine Shorts darunter total unnötig ist und somit ziehe ich die auch noch aus. Dann schlüpfe ich schnell unter die Bettdecke. Es dauert auch gar nicht mehr lange, bis ich ins Traumland abschweife.

Der Unbekannte FremdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt