Our Blood

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Die undurchdachte Aktion hat mir ein winziges bisschen Respekt eingebracht. In mir steckt vielleicht doch eine winzige Serpent. Wenn ich meinem Vater davon erzählen würde, wäre er stolz auf mich. Nicht unbedingt auf mein Schlangenblut, aber auf meinen Sinn für Gerechtigkeit. Aber er würde sich auch Fangs vornehmen, mir zwei Wochen Hausarrest aufbrummen und mich wieder an der Riverdale High anmelden, wo die Zeiten meines unsichtbaren Daseins entgültig der Vergangenheit angehören werden.

Zwischen Sweet Pea und mir herrscht tönernder Frieden. Er lässt mich in Ruhe und ich mich in keine Auseinandersetzung mit den Serpents verwickeln. Was leicht ist, denn es gibt keine. Sie lassen mich in Ruhe. Fangs "Lehre" kann ich jedoch nicht vergessen. Jeden Abend betrachte ich die Schnitzerei auf meiner Schulter. Diese Narbe wird niemals vollständig verblassen. Spätestens im Sommer wird jemand sie sehen und ich werde Fragen beantworten müssen.

Der Frieden beschränkt sich ironischerweise auf die Southside High. Auf der Northside entbrennt derweil ein Krieg. Die fehlende Spur zu Jasons Mörder lässt die Menschen munter Gerüchte anheizen. DIe Southside Serpents werden schuldig gesprochen, ohne das die wahren Ermittlungen vorankommen. Und alle, die je auf der Southside gelebt oder sonstige Sympathien gepflegt haben, stehen unter Generalverdacht.

Zuhause ist die Stimmung gereizt. Wir stehen unter der ständigen Beobachtung argwöhnischer Nachbarn, die vor Jasons Tod noch nett über den Gartenzaun hinweg mit uns geplaudert haben. Jetzt sind wir wieder „welche von denen". Immer so, wie es am besten zu ihrer Geschichte passt. Meinem Vater haben die Tratschereien nie etwas ausgemacht, aber das sie uns mit einem Mord in Verbindung bringen, macht ihm zu schaffen. Das ich gerade jetzt die Schule gewechselt habe, hilft nicht weiter.

Dad knallt die Zeitung wütend auf den Tisch. Ich spähe über meinen grünen Tee hinweg auf die Titelseite des Registers.

„Was haben die Serpents mit Jason Blossoms Tod zu tun", lese ich die ersten Zeilen laut vor. Ziemlich reißerisch. Aber Alice Cooper war schon immer eine Verfechterin der Anti-Serpent-Kampagne. Jasons Mord bietet den perfekten Nährboden, um weiter zu hetzen und auch die letzten Zweifler der Northside auf ihre Seite zu ziehen.

„Haben sie ... etwas mit seinem Tod zutun?", frage ich arglos. Das findet mein Vater nicht besonders witzig.

"Sie ermitteln in alle Richtungen", antwortet er, „und solange sie nichts finden, sind die Serpents die Schuldigen. Sie sind Dealer, aber keine Mörder."

Wow, so zu ihnen bekannt hat mein Vater sich seit Jahren nicht. Wenn das so weiter geht, ziehen wir wohl bald wieder in einen Trailer. Ich greife an meine Schulter. Unter dem dünnen Stoff meines Schlaf-T-Shirts spüre ich die rauen narbigen Linien. Ich werde mich dafür rächen, irgendwann, wenn sich der Moment ergibt. 

Mein Handy klingelt. Jughead. Seit ich die Prügelei zwischen Sweet Pea und Fangs beendet habe, ist die Stimmung zwischen uns angespannt. Er ist wütend, weil ich mich eingemischt habe und wütend, weil sie mich seither beinahe so behandeln, als sei ich eine von ihnen. Und ich kann nicht verstehen, dass er mir das vorwirft. Ich habe nicht aus Loyalität gehandelt, sondern weil Sweet Pea ihn wahrscheinlich krankenhausreif geprügelt hätte.

„Was gibt's?", ich bemühe mich, unbekümmert zu klingen. 

"Mein Dad wurde verhaftet."

Oh gut, der Tag hält, was der Morgen versprochen hat.

„Was? Wann? Wieso?", ich laufe meinem Vater ins Wohnzimmer nach, „Dad, FP wurde verhaftet."

Mein Vater flucht.

„Sag Jughead, ich kümmere mich drum. Er soll bleiben, wo er ist. Wir kommen zu ihm", sagt er. Ich richte es Jug aus und wir machen uns auf den Weg.

Meinen Vater wieder auf der Southside zu sehen, fühlt sich seltsam an. Jughead ist wie ein Sohn für ihn. Und er tut das für Jughead, nicht für FP, das weiß ich. Auch, wenn er trotz allem noch ein Freund ist. Mein Vater ist in so vielem mein großes Vorbild. Er hat mich trotz vieler Widrigkeiten großgezogen und zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Ich will ihn stolz machen, mit allem, was ich tue. Schon immer.

„Die Blossoms verdächtigen die ganze Stadt", sagt mein Vater diplomatisch, „dein Dad würde niemals - mach dir keine Sorgen, Jughead. Clifford Blossom setzt die Polizei unter Druck. Sie müssen handeln."

Jug schweigt. Ich habe keine Ahnung, was in ihm vorgeht. Macht er sich Sorgen um seinen Dad oder glaubt er, FP ist nicht zu Unrecht verhaftet worden?

„Ihr beide bleibt hier, ich kümmere mich um FP", beschließt mein Dad, „und ihr haltet euch von den Serpents fern, verstanden?"

Jug nickt grimmig. Wir verbleiben auf der gelb geblümten Couch und schweigen uns an. Das letzte Mal, dass wir uns so lange nichts zu sagen hatten, müssen wir Babys gewesen sein. 

„Alles okay?", frage ich ihn. Er zuckt mit den Schultern.

„Es war nur eine Frage der Zeit."

„Sie müssen ihn wieder gehen lassen."

Das klingt nicht sehr optimistisch. 

„Und was, wenn nicht?", widerspricht er mir, „sie kannten sich. Was wissen wir eigentlich wirklich?"

„Sie wissen nicht, dass sie sich kannten. Das wissen nur ... wir."

„Früher oder später werden sie es herausfinden", kommt die Einstellung von der neuen Umgebung? Jughead war immer der Optimistischere von uns beiden. Natürlich hat er Recht. Früher oder später werden sie es herausfinden. 

Es klopft. Ich will aufspringen und die Tür öffnen, doch Jug kommt mir zuvor. Er bedeutet mir, mich ruhig zu verhalten. Dann öffnet er. Ungehindert von seinen Anweisungen schleiche ich in Richtung Tür, bleibe aber vorsichtshalber in der Dunkelheit des Wohnzimmers verborgen. Ich belausche das Gespräch mit angehaltenem Atem. Sie haben von FPs Verhaftung gehört und das kann nur eines bedeuten. 

Sie überreichen ihm eine Lederjacke. Serpents sind Familie. If a Serpent is killed or imprisoned, their family will be taken care of. Ich kenne die Regeln. Ich kenne sie alle. Als ich klein war, habe ich Dad dazu gedrängt, sie mir vor dem Einschlafen vorzusagen. Er weigerte sich anfangs, war ich war ein sehr überzeugendes Kind. Ich musste ihm versprechen, sie niemals laut zu wiederholen. 

„Nein, nein, nein", flüstere ich ungläubig, als ich sehe, wie Jug die Jacke entgegen nimmt. Bitte tu das nicht, Jughead. Ich weiß, du glaubst, du müsstest. Für deinen Vater, für die Familie. Die Northside hat ihn im Stich gelassen und die Southside fängt ihn jetzt auf. Aber wir sind seine Familie. Ich bin seine Familie! Und ich muss dabei zusehen, wie er die Jacke überstreift. Etwas zwischen uns ist gerade zerbrochen und kann nicht mehr repariert werden. Wir entfernen uns voneinander. 


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