11

469 28 0
                                    

„Erzähl, was ist da zwischen Angelo und Kira?", fragte Hannah, während sie auf ihren Tee warteten. „Nee, nee! So geht das nicht. Ich plaudere doch nicht einfach irgendwelche Sachen über meinen Bruder aus. Und vor allem erzähle ich solche Sachen nicht der besten Freundin meiner kleinen Schwester." Hannah zog eine Schnute: „Ach komm schon. Ich erzähle es auch nicht Maite. Indianerehrenwort." Hannah legte eine Hand auf ihre Brust und schwang ihre andere in die Luft. Paddy tat so, als würde er eine Weile überlegen und fing dann an hinterlistig zu grinsen: „Ok pass auf. Ich erzähle dir ein paar Details, aber dafür darf ich dir Fragen stellen, die du ehrlich beantworten musst. Je nach Antwort bekommst du Infos." Paddy, der dachte, dass Hannah sich auf diesen Deal nicht einlassen würde, war völlig perplex, als Hannah nickte. „In Ordnung, schieß los. Was willst du wissen?" Er überlegte eine Weile und fing mit einer harmlosen Frage an: „Warum hast du mit den Rauchen angefangen?" Hannah fing an zu lachen. „Ernsthaft? Das ist deine erste Frage? Gut also, wann habe ich damit angefangen...ehm...ich glaube das war auf einer Party, auf der jeder geraucht hat, weil das cool war. Ich war glaub ich 16 oder 17? So lange ist das noch nicht her. Bin da halt irgendwie dran hängen geblieben. Und wie du siehst, halte ich es auch ganz gut ohne Kippen aus. So jetzt du. Wie lange geht das schon mit Kira und Angelo?" Paddy wurde durch die Kellnerin unterbrochen, die ihnen einen Tee und Gebäck brachte. Er biss genüsslich in einen Keks, während Hannah erwartungsvoll auf seine Antwort wartete: „Also?" „Du erzählst das aber wirklich nicht Maite?" Als sie nickte fuhr er fort: „Angelo ist schon ziemlich lange in Kira verschossen. Eigentlich schon, seitdem er sie kennt. Ok, ab und zu hat er auch mal für dich geschwärmt. Du erinnerst dich?" Hannah grinste: „Ja daran kann ich mich noch gut erinnern."  "‚I can't help myself', hat Angelo für Kira geschrieben." „Ich wusste es! Oh, das ist so süß!" „Hannah, hörst du bitte auf so zu quieken?" Ihre Wangen erröteten, als sie merkte, dass sie einige Gäste anstarrten und hielt sich die Hand vor den Mund. Paddy grinste: „Ok, also jetzt bin ich wieder dran: „Wann warst du das erste Mal betrunken?" „Die Frage ist einfach. Noch nie!" „Das ist nicht dein Ernst!" Er schaute sie mit geweiteten Augen an. „Echt jetzt?" Hannah schüttelte den Kopf. „Nein, noch nie! Aber das will ich jetzt auch von dir wissen. Wann warst du das erste Mal richtig betrunken?" „Mit 15, zu viel Bier und danach höllische Kopfschmerzen!" „Und jetzt Details über Angelo und Kira, bitte!", forderte Hannah nun ein. Paddy lachte: „Nee, du hattest deine Frage, ich bin wieder dran."

Die Fragen erreichten irgendwann einen sehr privaten Punkt, über den Hannah und Paddy jedoch ohne Scheu reden konnten: „Und warum hast du zu deinem Vater nicht mehr so engen Kontakt?", fragte Paddy. Mittlerweile hatten beide bereits ihre zweite Tasse Tee: „Naja, er ist einfach abgehauen, nach Bastis Tod, hat mich alleine gelassen. Ich war doch damals auch erst 12 und wusste nicht wie mir geschieht. Meine Mutter wollte für mich stark sein und hat sich abends die Augen ausgeweint und ja, ich habe meinen Vater dafür gehasst, dass er einfach gegangen ist. Weißt du, mit dem Alter nimmt man die Dinge anders wahr und ich verstehe, warum er damals gegangen ist. Es war keine Schwäche oder Angst, er selbst war einfach überfordert und musste oder wollte selbst mit seiner Trauer fertig werden. Vor ein paar Jahren hat mein Vater versucht wieder den Kontakt aufzubauen. Ich war natürlich am Anfang total dagegen. Dann schleppte mich meine Mutter zu einer Gruppentherapie. Ich hatte auch viele Einzelgespräche mit einer Therapeutin, die mir half alles zu verarbeiten." Hannah schaute an Paddy vorbei: „Was meinst du warum ich jetzt Psychologie studieren will? Es hat mir geholfen und meinem Vater auch." „Wow, das ist wirklich stark von dir. Ich bewundere dich dafür!" Sie lächelte und trank einen Schluck von ihrem Tee: „Ich weiß, das ist jetzt ein totaler Themenwechsel, aber wie ist das mit Joelle und Fernbeziehung? Wie managed ihr das?" „Diese Frage musste ja kommen." Paddy verschränkte die Arme. „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst. Ich frage wirklich nur rein aus Interesse. Schließlich zieht Ben demnächst nach Münster und ich bleibe in Köln." „Du willst also Tipps von mir?" Hannah lächelte schräg: „Vielleicht?" „Wo soll ich denn da anfangen?" Er kratzte sich am Kinn. „Naja anfangs war das gar nicht so schwierig. Meistens haben wir uns am Wochenende gesehen. Je nachdem, wo wir gerade waren. Als Joelle noch in der Schule war, war es für sie auch wesentlich einfacher auch mal zwischendurch vorbei zukommen und in den Ferien war das alles eh kein Problem. Wenn wir keine Auftritte hatten, bin ich meistens zu ihr gefahren. Und solche Tage, die wir zusammen als „normales" Paar verbringen konnten, waren die Schönsten. Ich kenne das ja auch nicht anders, nur dieses hin und her pendeln. Jetzt ist es aber so, dass wir vielleicht auch nur nebeneinander herleben, da fehlt dieses innige zusammen sein, das Genießen der Zweisamkeit. Wenn wir uns treffen, wirkt das alles so gezwungen." „Oh Paddyboy." Hannah schüttelte den Kopf. „Was?" „Du musst unbedingt mit Joelle reden. Ich glaube, ihr macht euch beide unglücklich, wenn ihr so weiter macht." Paddy atmete laut aus: „Ja, das weiß ich auch." „Tut mir leid, dass ich dich danach gefragt habe", sagte Hannah und senkte ihren Blick, während Paddy sie erstaunt ansah. „Machst du Witze? Ich bin dir sogar dankbar. Es tut gut darüber zu reden und sich einiges klar zu machen." „Kann ich dir noch eine Frage stellen?", fragte Hannah. Als Paddy nickte, grinste sie. „Was hat es mit der einen Bravoschlagzeile auf sich?" „Welche meinst du? Da musst du schon spezifischer werden." Er lachte und lehnte sich zurück. „Na ob du noch Jungfrau bist. Ich weiß, die Schlagzeile ist schon älter, aber ich fand sie doch recht amüsant." Paddy prustete drauf los: „Ich kann mich schon gar nicht mehr daran erinnern, kann dir aber sagen, dass sie nicht mehr aktuell ist. „Ha ha. Das ist mir durchaus bewusst, bei den Knutschflecken, die dir Joelle verpasst hat." Hannah lachte, als sie Paddys gequältes Gesicht sah: „Musst du mich daran erinnern? Aber wenn wir schon dabei sind: Was ist mit dir? Sind schon Kinder mit Ben geplant?" Er grinste sie schelmisch an. „Ganz bestimmt nicht."

Als es langsam dämmerte, machten sich Paddy und Hannah auf den Rückweg. Währenddessen unterhielten sich die beiden ununterbrochen über alte Zeiten und lachten. „Da seid ihr ja endlich. Ich habe schon gedacht, ich muss einen Suchtrupp losschicken", sagte Maite, als die beiden hereinkamen. „Dir scheint es besser zu gehen, so wie du aussiehst", stellte Hannah fest und hing ihre Jacke an einen Haken. Maite rümpfte die Nase: „Leute, nehmt es mir nicht übel, aber riecht nach Pferd." Paddy lachte: „Das ist mir gar nicht aufgefallen." „Geht erstmal duschen, ich mache für euch ein paar Schnittchen und dann schauen wir uns einen Film an." Paddy und Hannah nickten und gingen wie kleine Kinder, die von ihrer Mutter getadelt wurden, nach oben. Oben angekommen standen die beiden im Flur. „Danke für den schönen Tag, Hannah. Es tat wirklich gut mit dir zu reden. Du bist wirklich...danke!" Er umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel, während sie die Umarmung erwiderte. Sie gab ihn ohne weitere Worte einen Kuss auf die Wange und ging in ihr Zimmer. Paddy schaute ihr hinterher. Er verspürte ein wohliges Gefühl im Bauch, das er schon lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Er grinste vor sich hin und verschwand ebenfalls im Badezimmer.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt