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Als Hannah wach wurde, war es bereits 12 Uhr und ihre Mutter versuchte vergebens sie anzurufen. Verschlafen wie sie war ging sie an ihr Telefon, an dessen anderen Ende ihre Mutter lachte: "Ich wusste doch, dass du so schnell nicht wach werden würdest. Schaffst du es um 14 Uhr hier zu sein?" Hannah gähnte: "Du kennst mich eben. Ja, ich bin dann um 14 Uhr da. Bis später!"

Genüsslich streckte sich Hannah und machte sich in Ruhe fertig. Sie schaute auf die ganzen Kisten, die darauf warteten ausgepackt zu werden, verschob dieses jedoch auf später. „Hab ich alles?", nuschelte Hannah vor sich hin und wühlte in ihrer Tasche herum. Bis auf ihre Schlüssel war alles in ihrer Tasche verstaut. Eine Weile musste sie nach ihrem Schlüssel suchen, bis sie ihn letztendlich in der Küche auf dem Fensterbrett fand. Da sie nun doch etwas in Eile war, ging sie mit schnellen Schritten den Flur entlang und riss die Tür auf, als sie abrupt stehen blieb und geradewegs in Bens Gesicht sah.

"Was zur Hölle machst du hier?" Hannah sah ihn neugierig an. Mit Ben hatte sie überhaupt nicht mehr gerechnet. Sie war eher verwundert, dass er sich überhaupt noch blicken ließ. Ben blickte auf seine Hände, die er nervös knetete. „Ich wollte nach dir sehen und fragen wie es dir geht. Ich konnte dich nicht erreichen und die anderen wussten auch nichts von dir. Ich habe mir einfach Sorgen gemacht." Hannah gab einen pfeifenden Ton von sich, zog die Tür hinter sich zu und schloss diese ab. „Jetzt siehst du es ja. Es geht mir gut. Ich brauchte einfach ein wenig Zeit für mich. Das kannst du mir ja wohl nicht verübeln, oder?" Er schüttelte den Kopf. „Hör mal. Es tut mir wirklich leid wie das mit uns gelaufen ist. Ich wollte dich wirklich nicht verletzen." Gemeinsam gingen sie die Treppen hinunter. In Bens Stimme lag ein Hauch Verzweiflung und vielleicht auch ein wenig Reue. „Hannah, du bist mir immer noch wichtig und wollte, dass du das weißt. Vielleicht können wir ja Freunde bleiben?" Hannah blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Sie musterte ihren Exfreund von oben bis unten. Was sollte sie davon halten? Letzte Woche war noch alles anders und Hannah hätte sich nie denken können, dass ihre Beziehung zu Ben so enden würde. Auf der anderen Seite fragte sie sich, ob sie, jetzt wo sie sich ihrer Gefühle zu Paddy sicher war, überhaupt besser war als Ben selbst: „Ben, wirklich. Ich weiß es nicht. Gib uns einfach ein wenig Zeit, ok? Ich weiß, dass es dir leidtut. Irgendwann können wir bestimmt Freunde sein. Also, ich muss dann auch los. Man sieht sich." Mit diesen Worten drehte sich Hannah um und lief in die eine Richtung, während Ben ihr hinterher sah und anschließend in die andere ging.

Bei ihrer Mutter angekommen wurde sie freudig von Pad begrüßt. Sie aßen gemeinsam zu Mittag, während Hannah von ihrer Reise nach Irland und von den letzten Tage erzählte. „Schade, dass die Tage schon wieder vorbei sind. Ich vermisse sie jetzt schon alle. Und Kira ist auch echt eine Liebe." Hannahs Mutter hörte ihr aufmerksam zu. „Aber nicht, dass du dein Studium vergisst." „Ach Mama, das fängt doch erst im Oktober an." „Oh, da fällt mir etwas ein", sagte Hannahs Mutter und stand auf, um aus der Küche einen Briefumschlag zu holen. „Hier, der ist für dich angekommen." Hannah schaute auf den Brief und suchte vergebens nach einem Absender. Erst als sie den Brief öffnete, erkannte sie, dass dieser Brief von ihrem Vater war. Schnell überflog sie den Brief: „Der ist von Papa. Er gratuliert mir zum Studiumsplatz und dass er zu Weihnachten in Köln sein wird." Hannahs Mutter nickte: „Das ist doch schön." Hannah freute sich auch darüber. Die letzten Jahre waren nicht einfach und deshalb freute sie sich umso mehr, dass die Beziehung zu ihrem Vater von Besuch zu Besuch besser wurde. Mutter und Tochter redeten noch eine Weile, ehe sich Hannah von Pad und ihrer Mutter verabschiedete. Sie wollte schließlich noch einige ihrer Kisten auspacken und Sandra kam heute Abend ebenfalls aus ihrem Urlaub zurück.

Es klingelte als Hannah in mitten ihres Zimmers stand. Um sie herum stapelten sich leere Kartons, die sie zur Seite treten musste, um aus ihrem Tohuwabohu heraus zu kommen und die Tür öffnen konnte. Das Klingeln wurde immer energischer: „Ja, man. Ich komme ja schon", meckerte Hannah und öffnete ihrer Mitbewohnerin die Tür, die sie gleich stürmisch umarmte. Hannah lächelte ihre Freundin an: „Sag, mal hast du keinen Schlüssel?" Sandra machte ein unschuldiges Gesicht: „Natürlich habe ich einen, aber ich hatte all meine Hände voll. Konnte ihn nicht aus der Tasche rausholen." „Wie geht's dir?" Sandra betrat ihre gemeinsame Wohnung und stellte sämtliches Gepäck im Flur ab." „Du hast mich das letzte Mal am Telefon ganz schön abgewürgt junge Dame." Hannah zuckte mit den Schultern und musste daran denken, wie Paddy aus der Dusche kam. „Hatte auch einen guten Grund. Wie war denn dein Urlaub?" „Ach, der war herrlich!" Nachdem die beiden im Wohnzimmer Platz genommen hatten, erzählte Sandra von ihrem Urlaub und auch von einigen Flirts und Bekanntschaften, die sie währenddessen gemacht hatte." Hannah schmunzelte. Sandra nahm noch nie ein Blatt vor den Mund und war schon immer ein kontaktfreudiger Mensch. Dass sie in einer Woche so viele Leute kennen lernte, wunderte sie nicht. „Aber jetzt genug von mir." Sandra winkelte ihre Beine an und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab. „Und wie geht es dir? Ich habe mir schon ein bisschen Sorgen um dich gemacht. Nora und Nicole übrigens auch. Was ist an dem Abend zwischen dir und Ben passiert?" Hannah erzählte alles nochmal genau. „Dieser Arsch. Dann stimmte unsere Vermutung." „Ja, leider. Aber es ist wirklich alles gut. Ben kann ja auch nichts für seine Gefühle." Sandra machte große Augen: „Wie bitte? Er hat dich betrogen und du nimmst ihn auch noch in Schutz? Was ist denn bei dir kaputt?" Hannah zuckte mit den Schultern und errötete leicht: „Naja, wenn er sich in eine andere verliebt. Dafür kann doch keiner etwas, oder?" Verlegen spielte sie mit ihren Haaren. „Du verheimlichst mir doch etwas", merkte Sandra an und nagelte Hannah mit ihrem Blick fest, dessen Gesicht nun einer Tomate ähnelte. „Oh man Sandra, ich weiß auch nicht, was da passiert ist." Hannah erzählte, wie Paddy sie abholte und von den letzten Tagen, die sie gemeinsam mit ihm und seiner Familie verbrachte. Sie erzählte auch, warum sie sie am Telefon so abwürgte. Sandra fing an zu kreischen und wie wild im Wohnzimmer rumzuhüpfen: „Ich hab's dir doch gesagt! Ich wusste es, ich wusste es! Also seid ihr jetzt zusammen oder wie?" Verlegen biss sich Hannah auf die Unterlippe und dachte nach: „Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Wir haben keine Zeit gehabt darüber zu reden." „Muss man das denn?", fragte Sandra. Wieder hatte Hannah keine Antwort parat und blies die Wangen auf: „Keine Ahnung, ich weiß nur, dass es sich einfach nur gut angefühlt hat." „Na dann, kann es auch nur richtig sein", sagte Sandra in einem selbstgefälligen Ton und schmiss sich wieder zu Hannah aufs Sofa. „Ich wusste, dass es irgendwann zwischen euch beiden funkt. Ihr passt so gut zusammen. Wann seht ihr euch wieder?" „Ich hoffe spätestens zu Maites Geburtstag im Dezember." „Das ist ja noch voll lange hin!" Hannah nickte. Innerlich hoffte sie inständig, dass sie nicht allzu lange auf ein Wiedersehen mit Paddy warten muss.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt