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Nachdem sich Hannah beruhigt hatte, saßen die drei im Wohnzimmer. Sandra betrachtete das Ultraschallbild. „Das soll ein Kind sein? Das sieht aus wie ein Wasserkopf mit zu großen Ohren." Kira fing an zu lachen. „Erkennst du das nicht? Schau, das ist der Kopf und das sind die Ärmchen." Selbst Hannah musste ein wenig lachen, wie Sandra das Bild drehte und wendete, verstummte jedoch wieder als sie an die ganzen Sorgen und Entscheidungen dachte, die getroffen werden mussten. „Scheiße, was mache ich denn jetzt? Ich bin gar nicht bereit für so ein...ein...Ding da. Was ist mit meinem Studium?" „War ja klar, dass du zuerst an dein Studium denkst.", neckte Sandra sie. Hannah fasste sich an den Kopf. „Verfickte scheiße, was ist mit Paddy? Oh nein...nein...nein...scheiße...nein. Der fällt doch aus allen Wolken. Das versaut ihn doch alles." „Hannah, dir ist aber schon klar, dass du ihm das sagen musst, oder?" Kira schaute Hannah eindringlich an, die zögernd nickte. „Ihr müsst gemeinsam eine Entscheidung treffen." „Ich weiß, ich weiß. Das passt alles doch ganz und gar nicht...scheiße, scheiße, scheiße. Unsere Situation hat doch überhaupt kein festes Standbein. Ein Vater, der ständig unterwegs ist, eine unreife Mutter, die zuerst an ihre Karriere denkt, als an...dieses...dieses...Ding." „Du weißt schon, dass das ein Kind ist, oder?" „Fuck, was mache ich denn jetzt?" „Erstmal lässt du das alles sacken.", sagte Kira. „Dann schläfst du eine Nacht drüber und dann redest du in aller Ruhe mit Paddy. Egal wie du dich oder ihr euch entscheidet, jede Entscheidung ist ok. Wir stehen hinter dir und Paddy auch." „Und wie soll ich das anstellen? Hannah mimte mit ihrer Hand ein Telefon und hielt sich diese ans Ohr. Hi, Paddy wie geht's dir? Oh du bist gerade auf Tour in Timbuktu? Oh und dann geht es weiter nach Amerika? Das freut mich aber für dich. Du, kannst du dich noch an die heißen Nächte in Irland erinnern? Ja, genau. Übrigens, wir sind Schwanger. Mach dir aber keine Sorgen, ich lasse mich einfach ein bisschen auskratzen und schwuppdiwupp ist alles geklärt." Sandra prustete los. „Heiße Nächte in Irland also?" Hannah rollte mit den Augen und ließ ihren Kopf auf Kiras Schoß sinken. „Ich bin total erledigt. Oh Gott, wie bringe ich das nur meiner Mutter bei?"

„Oh nein, das hat gerade noch gefehlt.", unterbrach Kira ihre Unterhaltung und starrte auf ihr Handy. „Was ist?" Sandra schaute verwirrt zu Kira, die ihr Handy in Luft hielt. „Maite." Hannah seufzte. „Geh ran, früher oder später wird sie es eh erfahren." „Bist du dir sicher?" „Ja. Ich muss es ihr erzählen. Eigentlich findet Maite immer die passenden Worte." Kira zögerte einen Moment, ging dann aber doch an ihr Handy. Sie quatschte mit Maite über belangloses Zeug, während Hannah nervös hin und her schaukelte. „Du, ich glaube Hannah will dich auch nochmal sprechen." Kira gab das Handy weiter, das Hannah entgegen nahm, und verschwand in ihrem Zimmer. „Ok schieß los. Was hast du für ein Problem?" „Maite, woher weißt du, das etwas nicht stimmt?" Verwundert schloss Hannah ihre Zimmertür und ließ sich an dieser runtergleiten. „Muss ich dir das wirklich noch erklären? Ich spüre das. Und Paddy ist auch ein sehr guter Indikator dafür." „Was hat Paddy damit zu tun?" Maite atmete laut aus. „Der hat wieder eine Laune. Habt ihr euch gestritten oder so?" Dass Paddy nicht gut drauf war, passte Hannah gerade gar nicht in den Kragen. „Nein, nein. Zwischen uns ist soweit alles ok...noch." „Verdammt, Hannah was ist denn los? Lass dir doch nichts alles aus der Nase ziehen." Hannah zögerte. „Versprich mir, dass du die Klappe hälst. Das ist wirklich wichtig." „Ja natürlich. Also was ist los?" „Maite...ich...ich...ich bin schwanger." Maite lachte schrill. „Sehr guter Witz. Also was ist wirklich los?" Als Hannah jedoch nichts erwiderte, wurde sie still. „No fucking way. Das ist dein ernst?" Ist Paddy deswegen so schlecht drauf? Oh Gott, ihr wollt es nicht behalten? Oder willst du es nicht behalten, aber Paddy schon? Oder ist es umgekehrt?" „Maite, Paddy weiß es noch nicht. Ich weiß es auch erst seit heute." „Oh....Oh! Verstehe." „Ich weiß nicht, was ich machen soll. Mir ist das alles gerade echt zu viel. Wie soll ich das denn Paddy sagen?" „Oh Hannah, mach dir keine Sorgen wegen Paddy. Der verkraftet das schon. Aber wie geht's dir?" „Ganz ehrlich? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich fühle nichts. Ich muss das auch erstmal alles realisieren." „Mhh ja, das kann ich verstehen. Das ist bestimmt ein Riesenschock. Ich frage dich dann besser nicht, ob du das Kind behalten willst, oder?" „Weiß nicht. Ich bin jetzt schon total überfordert. Ich weiß nicht wie das alles funktionieren soll." „Hannah, bevor du für dich irgendeine Entscheidung triffst, denk bitte gründlich darüber nach. Ich will nicht, dass du irgendetwas bereust. Soll ich mal bei Paddy vorfühlen?" Hannah wurde bei Maites Worten leicht panisch. „Was? Zur Hölle nein! Ich will das selbst klären...am besten persönlich unter vier Augen." Maite stimmte ihrer Freundin zu. „Ja, das wird wohl echt das beste sein. Oh man, das ist alles so unerwartet. Du musst es Paddy so schnell wie möglich sagen." Hannah redete noch eine Weile mit Maite und erzählte ihr alles, was der Arzt gesagt hatte und dass Sandra die erste war, die überhaupt den Verdacht hatte. „Na ein Glück haben sie dich zum Arzt geschleppt. Also, ich muss Schluss machen. Wir sehen uns ja in ein paar Tagen. Bis dann und grüß Kira und Sandra ganz lieb von mir."

Maite atmete noch einmal tief durch und bemerkte dabei nicht, dass Paddy schon länger in ihrer Hörweite stand. „Was muss Hannah mir so schnell wie möglich sagen?", fragte er skeptisch und musterte seine kleine Schwester. Maite schreckte hoch. „Was? Wie kommst du denn darauf, dass ich mit Hannah telefoniert habe?" „Are you fucking kidding me? Grüß Kira und Sandra von mir? Denkst du ich kann eins und eins nicht zusammen zählen?" „Paddy, bitte. Ich habe versprochen mich daraus zu halten. Das müsst ihr unter euch klären." Paddy funkelte Maite finster an. „Ist das wirklich dein ernst? Sag mal willst du mich verarschen? Warum haben sie Hannah zum Arzt geschleppt?" „Sag mal, warum belauschst du mich eigentlich? Meine Gespräche mit Hannah gehen dich gar nichts an." „Gut, dann rufe ich sie eben selbst an." „Paddy, bitte mach das nicht. Komm erstmal runter und ruf sie morgen an. Vertrau mir einfach." „Ihr geht mir alle sowas von auf die Nerven!" haute Paddy raus, ehe er sich sein Handy schnappte und vergebens versuchte Hannah zu erreichen. In Paddy tobte ein Chaos der Gefühle; zum einen war er wütend auf Maite und enttäuscht von Hannah, auf der anderen Seite machte er sich tierische Sorgen. Warum war Hannah beim Arzt? War sie wieder krank? Und warum ging sie nicht an ihr Handy? Wollte sie gar nicht mit ihm sprechen?" Nach etlichen Versuchen gab es Paddy auf und donnerte sein Handy in eine Ecke. Er wollte nichts sehnlicher als aus diesem Bus raus und schreien.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt