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Die nächsten Tage war Hannah damit beschäftigt ihre Habseligkeiten in Kartons zu packen. Sie war froh darüber, dass ihre Mutter ein paar Tage freinehmen konnte, um ihr zu helfen. Während Hannah hauptsächlich ihre privaten Dinge säuberlich in den Kartons verstaute, durchforstete ihre Mutter den Keller: „Hannah kommst du mal bitte runter in den Keller?", schrie Tina nach oben. Hannah, die gerade dabei war Fotos von ihrer Pinnwand zu nehmen, seufzte und ging in den Keller. „Schau mal, ich habe hier noch ein paar Müslischalen und Töpfe. Willst du die mitnehmen?", fragte ihre Mutter, die zwischen gefühlt hunderten von Kartons stand. Hannah begutachtete die Küchenutensilien und nickte: „So etwas kann man immer gebrauchen. Hast du hier zufällig auch noch Gläser rumstehen?" Sie schaute in den einen oder anderen Karton, während sich ihre Mutter am Kopf kratzte. „Ich glaube, in den Kartons an der Wand sind Gläser drin. Schau da mal nach." Hannah tat wie ihr geheißen und inspizierte diese. Als sie die Kartons öffnete, fing sie jeodch laut an zu lachen. „Mama, ich glaube das sind keine Gläser", sagte sie grinsend und hielt ein vergilbtes Tüllkleid nach oben. Tina schaute verwirrt zu Hannah, fing dann aber doch an zu lachen: „Das ist mein Hochzeitskleid. Lach nicht. Damals hat man das so getragen." Hannah winkte ab: „Ja ist klar." Sie wühlte weiter in dem Karton und fand noch weitere Kostüme mit Schulterpolster und eine Schiefermütze, die sie jedoch recht stylisch fand. „Kann ich die haben?", fragte sie und zeigte ihrer Mutter die karierte Mütze. Tina ging zu ihrer Tochter rüber und begutachtete das gute Stück und lächelte: „Natürlich. Die ist von deinem Vater." Hannah lächelte ebenfalls und setzte sie sich auf. „Wann ist der eigentlich mal wieder in Köln. Ich habe schon länger nichts von ihm gehört. Er ist doch noch in Äthiopien unterwegs, oder?" Hannahs Mutter nickte. „Ja. Ich glaube, er wollte in der Adventszeit wieder hier sein. Er meldet sich bestimmt vorher nochmal. Du weißt ja, bei deinem Vater ist das alles spontan."

Gemeinsam suchten sie weiter nach nützlichen Dingen für Hannahs WG und packten anschließend die Sachen, die Hannah mitnehmen wollte, zusammen in eine Kiste. Im Flur stapelten sich die Kartons. Ben kam sogar noch vorbei und half Hannahs Möbel abzubauen. Nach dem Streit vor ein paar Tagen, haben sich die beiden zusammengerauft, allerdings herrschte eine eisige Stimmung zwischen den beiden, die Hannahs Mutter jedoch nicht bemerkte. Ben verabschiedete sich auch schnell wieder mit der Begründung, dass er noch arbeiten müsse. Hannah nickte dies widerwillig ab. Mittlerweile war es ihr auch ziemlich egal, was er tat. Als Hannah versuchte das Gespräch auf Lisa zu lenken, zickte Ben rum und blockte dieses Thema vehement ab, was sie nur noch skeptischer und vor allem wütend machte.

Nachdem alles gepackt war, kam Tina auf die Idee etwas Essen zu gehen. Hannah war hellauf begeistert und stimmte sofort zu. Sie gingen in ihre Lieblingspizzeria und genossen den Mutter-Tochter-Abend. Hannah war froh, dass sie in dieses Restaurant Pad nehmen konnten, denn ihre treue Seele würde sie mit Sicherheit vermissen. Nachdem sie sich die Bäuche vollgeschlagen hatten, schlenderten sie gemütlich nach Hause. Dabei kamen sie an der Bar vorbei, in der Ben arbeitete. „Sag mal Hannah, arbeitet Ben nicht hier?" Als Hannah nickte, sagte ihre Mutter: „Der arbeitet doch heute. Wollen wir ihm nicht schnell Hallo sagen?" Sie war von der Idee überhaupt nicht begeistert: „Nee Mama. Der hat bestimmt viel zu tun." „Sicher?" Hannah schaute in die Bar und hatte es auf einmal ziemlich eilig. „Ja, sicher. Los, lass uns nach Hause. Ihr Magen fühlte sich an, als ob mehrere Backsteine von oben in diesen reinfielen. Ben war arbeiten. Immerhin entsprach das der Arbeit. Nur sah das, was Ben da trieb nicht wie Arbeit aus, im Gegenteil. Er schien sich prächtig mit einer dunkelhaarigen jungen Frau zu amüsieren.

Zu Hause angekommen, versuchte Hannah die Contenance zu wahren und entschuldigte sich bei ihrer Mutter mit der Ausrede, dass sie ganz vergessen hatte, Maite anzurufen. Zwei Stufen auf einmal nehmend ging sie in ihr Zimmer, das komplett leer war, und setzte sich auf das Fensterbrett, um Maite anzurufen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging Maite ans Telefon: „Hey Hannah. Mit dir habe ich ja gar nicht gerechnet." Hannah konnte nicht mehr an sich halten und fing an zu schluchzen. „Hannah, was ist denn los?" Es dauerte eine Weile, bis Hannah ihre Sprache wiedergefunden hatte und Maite überhaupt erzählen konnte was los war. Maite hörte ihrer Freundin aufmerksam zu: „Ach Hannah, vielleicht ist das alles nur ein Missverständnis." „Hör auf. Ich glaube schon nicht mehr an Missverständnisse. Nicole und Nora haben mich schon gewarnt und an sich läuft es gerade echt scheiße mit Ben." „Hast du ihn denn schon mal drauf angesprochen?", wollte nun Maite wissen. „Ich habe es versucht, aber immer, wenn ich nur den Namen Lisa erwähnt habe, hat er abgeblockt. Was soll ich jetzt machen?" Hannah wischte sich ihre Tränen mit einem Taschentuch weg und schniefte. „Erstmal beruhigst du dich, bevor du jetzt noch Amok läuft und falsche Entscheidungen triffst und Morgen siehst du Ben doch, oder? Dann erzählst du einfach die Wahrheit, dass du mit deiner Mutter an der Bar vorbei gegangen bist und du ihn mit jemanden gesehen hast. Und dann klärt sich das bestimmt auf." Hannah zögerte: „Ich weiß nicht." „Was willst du sonst machen?", fragte Maite. Auf diese Frage hatte Hannah keine Antwort und seufzte: „Danke Maite. Jetzt fühle ich mich nicht mehr ganz zu mies." „Kein Problem, dafür bin ich doch da. Melde dich mal, wenn du mit Ben geredet hast, ja?" Die beiden Freundinnen quatschten noch, ehe Hannah müde auflegte und sich bettfertig machte. Da ihr Bett schon abgebaut war, schlief Hannah unten im Wohnzimmer. Sie teilte sich das Sofa mit Pad, der es sich am Fußende bequem gemacht hatte. Auch wenn Hannah müde war, konnte sie nicht schlafen. Zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt