Kapitel 8

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Ihre Freundin klang zurecht verärgert und auch Amelia war zwischen Erleichterung und Enttäuschung hin- und hergerissen.

Sie hätte so gerne mehr über ihn erfahren.

»Was sollte was?«, versuchte Mara sich zu verteidigen, bevor sie unsanft unterbrochen wurde.

»Deine Fragerei und dein Geschwätz von wegen Abendspaziergang und Eislaufen! Du hast ihn vergrault! Er ist deinetwegen gegangen!«

Chris holte aufgebracht Luft.

»Man könnte meinen, du wärst eifersüchtig. Mir lag echt etwas daran, ihn kennenzulernen und du machst mir das kaputt.«

»Moment mal, hier ging es nicht um dich, sondern um Amelia. Hast du das nicht gemerkt? Wie er sie angesehen hat?«

Chris hielt irritiert inne, sah zwischen ihren Freundinnen hin und her.

»Es tut mir wirklich leid. Es lag nicht in meiner Absicht, ihn zu verjagen. Ich hatte ganz andere Pläne. In diesem einen Fall gibt es nämlich etwas, das du noch nicht weißt.«

Mara sank die Stimme zu einem Flüstern und das brachte bei Chris alle Dämme der Vernunft und Zurückhaltung zum Einsturz.

»Kann mir bitte jemand erklären, was hier eigentlich los ist?«

»Das war DER Junge! Amelias damaliger Retter aus dem See. Also zumindest glauben wir das«, wisperte Mara.

Chris brauchte einen Moment, ehe sie begriff, von wem ihre Freundin da sprach. Dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck und die anfängliche Verärgerung schlug in vorsichtige Sorge um.

»Du klingst paranoid, weißt du das?«, sagte sie.

»Nicht mehr als Amelia selbst vor fast 10 Jahren. Sie glaubt, dass er dieser Junge sein könnte und wenn dem so ist, dann weiß er vielleicht, was damals passiert ist. Verstehst du?«

»Ja, tue ich tatsächlich und nein, ich halte das immer noch für Schwachsinn. Ihr kommt hier her und seid plötzlich überzeugt davon, dass Efryon dieser ominöse Retter ist? Und da überlegt ihr euch ihn auszufragen und glaubt allen Ernstes, das lässt er einfach so über sich ergehen? Der hält euch höchstens für irre, wenn ihr ihn darauf ansprecht. Und wieso? Weil er keine Ahnung hat, denn der Junge war nur Einbildung! Es gab ihn nie wirklich!«

»Sagt wer?«, hakte Mara unmittelbar nach.

»Ich und alle, die von dem Unfall wissen. Das ist nicht gut. Amelia hat lange gebraucht um diesen schrecklichen Vorfall zu verarbeiten und jetzt erneut alte Geschichten auszugraben, halte ich für gar keine gute Idee.«

»Efryon sieht aus wie er, Chris. Ich kann es nicht erklären und möglicherweise ist es auch bedeutungslos. Allerdings lässt sich die Ähnlichkeit nicht abstreiten. Ich weiß, das erscheint absurd, aber ich habe so viele Fragen, auf die ich keine Antworten finde«, drängte sich nun auch Amelia in das Gespräch zurück, sah die beiden hilfesuchend an.

Chris seufzte mitfühlend und warf Mara einen bedeutungsvollen Blick zu.

»Habe ich es nicht gesagt?«

»Das ist lieb von dir Chris, aber ich kann Efryon nicht ignorieren. Es ist nicht das erste Mal, dass er nach dem Unfall auftaucht.«

Mara nickte zustimmend und grinste belehrend, was Chris aufs Neue verärgerte.

»Gestern Abend bin ich ohne euch zum See zurück, weil ich etwas vergessen hatte«, begann Amelia und erzählte von der Begegnung, die Ursache und Auslöser für diese absurde Situation war.

Meeresrauschen (Arbeitstitel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt