33. Kapitel- In dem Castiel sich erinnert

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(Da inzwischen doch mehr Menschen meine Geschichte lesen, als ich erwartet hätte)
Triggerwarnung: Das folgende Kapitel enthält sensible Themen -Suizid und Selbstverletzung- beides Dinge, die ich N I C H T  romantisieren will.

„I see the way he looks at you through the crowd
I see you wanna take him somewhere
Where it's not so loud
And I see everyone else just disappear
And it's just you and him
With your silent speech so clear
And you're the only one he sees
and you're the only one he needs
But you're the only one for me"
(„Vision", Jason Manns)

。。。
Castiels POV
。。。

„Wo ist sie?"

Fauche ich und stürme ungehalten auf den Schreibtisch zu. Dort sitzt, wie immer, meine Schwester und beobachtet mich mit ruhiger Zurückhaltung. Der schiere Anblick ihrer kontrollierten Visage facht meine Wut nur noch stärker an.
„Ich fürchte, du musst dich etwas spezifischer ausdrücken."
„Meine Erinnerung. Sie war dort, greifbar. Für einen Augenblick, aber jetzt-" Ich halte vor dem Schreibtisch inne und kämpfe gegen ein plötzliches Schwindelgefühl.

„Was passiert mit mir?", rufe ich verzweifelt aus und stütze mich auf der weißen Platte ab, um nicht umzukippen.
„Die Nachwirkungen der Folter."
„Ich dachte, du wolltest mir helfen", presse ich hervor, kaum fähig mich auf Naomis Antwort zu konzentrieren. Alles in meinem Schädel hämmert, pocht und pulsiert, als hätte jeder Hirnbereich ein Eigenleben. Tausende Stimmen, die allesamt durcheinander brüllen; Sachiel, Naomi und noch so viele andere.
„Ich hätte dir helfen können, aber du wolltest ihn nicht vergessen."
„Dean", bringe ich hervor und mir wird beim Aussprechen seines Namens übel.

Blanke Panik erfüllt mich, als mir die Unberechenbarkeit meiner Emotionen bewusst wird:
Ich habe Angst vor ihm- nein. Ich weiß, dass er mich noch immer liebt. Wie kann ich da Angst verspüren?
Ist es Hass? Ist es Sorge?
Ich kann es nicht benennen, nicht einordnen.

Meine Gefühle entgleiten meiner Kontrolle, vermischen sich zu einer undefinierbaren Masse, in der jedes Einzelne auf ewig um die Oberhand kämpft;
Mal dominiert die Angst, dann sehe ich den Mann mit der Klinge. Der Mann, der mich immer wieder gefoltert hat, mir in die Augen gesehen hat, während er all die Schmerzen verursachte.
Mal dominiert die Wut, dann sehe ich den Mann, der sich selbst aufgegeben hat, sich von seinem Leben und seiner Zukunft abgewandt hat. Für mich. Für ein verlorenes Wesen, das nicht zu retten ist.
Mal dominiert die Sorge, dann sehe ich den Mann, der vollkommen ausgelaugt ist, von all den Kämpfen, die er führen musste. Der Mann, der mir mit nur einer einzelnen Bewegung auf ewig genommen werden kann.

Nur Liebe. Dieses Gefühl ist ein ohnehin blasses Bild für mich, das mit jedem Atemzug weiter an Farbe verliert.

„Was hast du mit der Erinnerung gemacht?" Ich richte mich vorsichtig wieder auf, als das Schwindelgefühl allmählich abklingt. Eindringlich starre ich meine Schwester an, die nicht einmal blinzelt. „Wer weiß, vielleicht ist sie bei all den Prozeduren, die du durchmachen musstest, verloren gegangen. Von welcher reden wir hier genau?"
„‚Wir werden uns doch wiedersehen, nicht wahr?' Diese Frage habe ich gehört und für einen Moment war alles wieder da. Alles war wieder, wie es sein sollte, aber dann-", ich breche ab und betrachte meine eigenen Hände, als hätte ich in ihnen einst die Antwort gehalten, -verloren. Alles verloren."

Naomi kneift die Augen zusammen. „Ich könnte in deinem Schädel nachsehen, wenn du möchtest."
„Nein", unterbreche ich bestimmt, ehe sie mit ihrem Vorhaben ins Detail gehen kann, „Du wirst mir die Erinnerung zurückholen, ohne, dass ich dafür andere Verluste in Kauf nehmen muss", fordere ich und straffe meine Schultern. Ich darf ihr meine Schwäche nicht länger offensichtlich präsentieren.
„So funktioniert das Ganze aber nicht."
„Finde einen Weg", halte ich dagegen, erwidere das herausfordernde Funkeln ihrer Augen.

Forgotten | MxM | BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt