Forgotten | MxM | BEENDET

37. Kapitel- In dem sich Wege trennen

„Come down off your throne and leave your body alone
Somebody must change
You are the reason I've been waiting all these years
Somebody holds the key
Well, I'm near the end and I just ain't got the time
And I'm wasted and I can't find my way home"
(„Can't find my way home", Eric Clapton)

。。。
Erde, 2007
Castiels POV
。。。

Rote Flüssigkeit tropft von meiner Schläfe auf den beigen Kragen meines Trenchcoates.

Jeder Muskel in mir schreit vor Schmerz, doch ich zwinge mich zu einer geräuschlosen Landung. So geräuschlos, wie es mir der ausgelaugte Körper Jimmy Novaks gestattet. Es ist nicht lange her, dass ich diesen Körper in meinen Besitz gebracht habe. Ein Wechsel, der zwingend notwendig war, um unentdeckt zu bleiben.
Unterzutauchen.
Denn genau darauf, wurde meine Existenz, nach meiner Ansprache reduziert: Verstecken.

Gemeinsam mit dem kleinen Überbleibsel an Verbündeten. Selbst meine engsten Vertrauten beginnen sich von mir abzuwenden, den Glauben an meine Vision von freiem Willen zu verlieren. Stattdessen liegen alle Blicke nun auf der neuen Anführerin, aufgestiegen, wie der Phönix aus der Asche meines Chaos: Naomi schwingt ihren Bohrer und alle Engel parieren. Nicht einmal die rebellischsten können ihren Techniken auf Dauer standhalten und es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis ich ihr vollkommen allein ausgeliefert bin.
Diese Ära lässt mich beinahe den Erzengeln nachtrauern.

Allmählich verheilen die jüngsten Wunden, aber aus unzähligen Erfahrungen weiß ich, dass das Brennen und Jucken unter meiner Haut nicht aufhören wird. Ich dachte, es würde besser werden, in diesem neuen Körper. Aber die Narben haften an meiner wahren Gestalt und folgen mir- ganz egal, welcher Mensch mich einlässt.
Es sind Spuren von einer blutigen Auseinandersetzung, die ich mir selbst zuzuschreiben habe: ich musste genaueres über die Situation im Himmel erfahren, musste sehen, wie weit Naomi bereits vorangeschritten ist. Und da ich keinen Kontakt zu meinen Verbündeten aufbauen kann, bin ich auf eigene Faust zurück in die Sphäre geflogen.
Ein Fehler, den ich beinahe mit meinem Leben bezahlt hätte.

Nun stehe ich wieder hier; auf der Erde. Eine Sphäre, die inzwischen mehr denn je, dem Himmel gleicht.
Wenn auch nur in der Hinsicht, dass mir beide Orte fremd sind.
Ich gehöre nicht mehr nach oben. Das haben mir die Engel mehr als deutlich gemacht.
Doch genauso wenig gehöre ich hier her: in diesen kleinen Raum mit dem dreckigen Fenster. Umgeben von dunklen Möbelkonturen, die vom Mondlicht angestrahlt werden. Die Wände sind in einer markanten, obgleich billigen Tapete eingekleidet; Silhouetten sich anzüglich räkelnder Frauen, soweit das Auge reicht.
Es ist stickig und in der Luft klebt der Geschmack von übersalzenem Fastfood.

Schon bereue ich, ausgerechnet hier her gekommen zu sein. Es ist falsch von mir, egoistisch gar, in Gedanken zu schwelgend, den leisen Atemgeräuschen zu lauschen. Meine Augen auf die fleckige, abgenutzte Ausklappcouch zu richten, auf der der schlafende Junge liegt.
Inzwischen ist er längst nicht mehr der kleine Achtjährige von der Tankstelle. Nein, aus Dean Winchester ist ein stattlicher Mann geworden. Das Jagen liegt ihm im Blut, weitergegeben von seinen Eltern.

Meine Mundwinkel zucken instinktiv, als ich an die strahlend grünen Augen zurückdenke. Wie gerne würde ich sie jetzt sehen, doch ich habe nicht vor, ihm den Ausdruck von Frieden aus dem Gesicht zu rauben.
Stattdessen frage ich mich weiterhin, warum mich meine Flügel hier her getragen haben. Zurück zu der Person, der ich ganz leicht all meine Qualen der vergangenen Jahre zuschreiben könnte. Eigentlich kenne ich die Antwort bereits, sie schlummert verborgen in mir, noch nicht bereit, ausgesprochen zu werden; Seine Worte allein haben mich so sehr berührt, dass ich seit unserer Begegnung einen Teil meiner Gedanken stets ihm widme. Es ist ein Drang, wie ich ihn nie zuvor gespürt habe: der innigste Wunsch nur noch ein mal -ein einziges mal- bevor mein Körper zu nichtigem Staub zerfällt, seiner Stimme lauschen zu dürfen. In seinem Blick schwelgen zu dürfen.
Nur noch ein allerletztes mal.