Türchen 21 🎁

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Drei Tage vor Weihnachten hatte Katrin mit Hilfe ihrer besten Freundin ihre Wohnung geschmückt und sogar einen kleinen Tannenbaum in ihr Wohnzimmer gestellt. Er leuchtete in grün und rot und es sah alles so gemütlich aus. Katrin setzte sich abends auf ihre Couch, eine Tasse dampfender Tee stand vor ihr auf dem Couchtisch und daneben Lebkuchen. Ihre Füße steckten in dicken grauen Wollsocken und ihr Körper in einem grauen flauschigem Wollkleid. Da sie heute nicht mehr vor die Tür wollte und auch keinen Besuch erwartete, lag ihre Perücke im Badezimmer über dem Styroporkopf.

Als es klingelte, war sie verwirrt, ging aber zur Tür. Bestimmt hatte Susi etwas vergessen. Schwungvoll öffnete sie die Tür und wartete darauf, dass der ungebetene Gast die zwei Stockwerke zu ihrer Wohnung fand.

»Susi, wenn der Kopf nicht festgewachsen wäre, würdest du den auch andauernd irgendwo vergessen«, rief sie lachend durchs Treppenhaus.

Sie wunderte sich, dass von ihrer besten Freundin kein Protest kam und verschluckte sich an ihrer eigenen Spucke, als nicht der blonde Lockenkopf im Flur erschien, sondern ein braunhaariger männlicher Wuschelkopf.

Oh Gott. Das war der Tattoomann. Was machte er hier? Sie hatte doch ihre Haare nicht und ...

Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als der Fremde vor ihr zum Stehen kam und seine grünen Augen sie musterten.

»Hey Sweety. Der Weihnachtsmann hat ein Geschenk für dich«,sagte er mit tiefer Stimme und Katrin begann es zu frösteln.

»Du musst das nicht tun«,stammelte sie unbeholfen.

Er schob sich, ohne ein Wort, an ihr vorbei und suchte sich den Weg in ihr Wohnzimmer. Vorsichtig folgte sie ihm und wollte ins Bad abbiegen, doch Pascal hielt sie auf, nahm sie an der Hand und führte sie zu ihrer Couch. Zusammen setzte er sich mit ihr darauf.

»Sweety, du meinst, ich nehme Reißaus, weil du keine Haare hast? Du meinst, ich habe mich um dich gekümmert und dich geküsst, weil Susi mich dafür bezahlt hat?«

Langsam nickte Katrin.

»Das ist falsch. Susi hat mir nur gesagt, dass ich genau dein Typ bin. Ich habe weder etwas mit ihr ausgemacht noch Geld angenommen. So einer bin ich nicht. Ich habe Zeit mit dir verbracht und dich geküsst, weil ich es wollte.«

»Aber du bist jetzt hier.«

»Ja, weil Susi meinte, du würdest dich über einen Besuch von mir freuen und ich bin hier, weil ich dich wirklich wiedersehen wollte. Komm her. Ich mag dich.«

Er hielt ihr die Hand hin und sie haderte mit sich, doch er nahm ihr die Entscheidung ab, indem er sie sanft zu sich zog und sie ihren Kopf an seine breite Brust lehnte.

»Ich bin nicht...«

Pascal unterbrach sie, hob ihren Kopf ein Stück an und versiegelte ihre Lippen mit seinen. Seine warmen weichen Lippen liessen es in Katrins Bauch Kribbeln.

Sie warf für den Moment all ihre Zweifel und Bedenken über Bord und gab sich diesem Kuss hin. Er war zärtlich, beinah schüchtern, aber es gefiel ihr.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, lag sie in ihrem Bett und dachte zuerst, es wäre nur ein wunderschöner Traum, der ihre Seele wärmte, aber als sie neben sich schaute, lag Pascal tatsächlich neben ihr.

»Guten Morgen Sweety«, sagte er mit rauer tiefer Stimme und sah sie verschlafen an.

»Guten Morgen«, erwiderte sie und ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht.

»Hast du etwa gedacht, es wäre nur ein Traum?«

»Ja.«

»Keine Chance. Mich wirst du so schnell nicht mehr los.«

»Pascal«, begann sie, wurde aber erst durch einen Kuss und dann durch die folgenden Worte gestoppt: »Sweety, ich habe dir gestern schon gesagt, dass ich mich um dich kümmern werde und du nicht mehr allein bist. Ich werde bei dir bleiben, egal wie schlecht es dir geht.«

»Wieso?«, fragte sie mit zitternder Stimme und Tränen in den Augen.

»Weil jeder einen besonderen Menschen braucht und weil ich mich in dich verliebt habe und ich die Zeit mit dir in vollen Zügen genießen möchte. Weißt du, dass du es eigentlich gut hast, so scheiße sich das auch anhört. Die Ärzte sagen du hast noch ein halbes Jahr oder vielleicht sogar mehr, aber du hast nun die Chance all die Dinge zu tun, die du immer tun wolltest und dich mit Leuten zu umgeben, die dir wichtig sind. Du kannst dein Leben in vollen Zügen genießen. So traurig es auch ist. All die anderen Leute hetzen meistens durch ein Leben, das ihnen gar nicht passt und sagen sich immer, später wird alles besser, später werde ich dies machen und das machen und so weiter. Doch später erreichen sie nie. Die einen sterben früher, die anderen später, aber glücklich und zufrieden meistens nicht, denn in ihren Augen haben sie noch ohne Ende Zeit. Doch jeder von uns kann den morgigen Tag schon nicht mehr erleben.«

Wie Recht Pascal mit diesen Worten doch hatte.

Katrin erlebte mit diesem besonderen Mann nicht nur den besten Kuss und den besten Sex. Nein, sie erlebte von allem das Beste, weil er an ihrer Seite war. Er war ihr Engel und schenkte ihr das beste halbe Jahr ihres fünfundzwanzig jährigen Lebens und als die Zeit gekommen war, konnte sie mit einem Lächeln im Gesicht in seinen Armen für immer einschlafen.

Warten auf Weihnachten Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt