Kapitel 2

1.2K 39 5
                                    

,,Und, wie war dein Tag?" Ich antwortete sofort. ,,Alles normal, zumindest soweit ich es als normal bezeichnen kann. Es ist nichts aufregendes passiert." Er seufste. ,,Du kannst mir von den Eindrücken in der neuen Schule erzählen. Wie ist der Unterricht? Wie sind die Lehrer? Wie sind die Schüler? Hattest du irgendwo Probleme? Hat dir das Essen geschmeckt?" Ich holte tief Luft. ,,Der Unterich ist sehr simpel und die Aufgaben sind einfach. Die Lehrer sind nett und achten auf ihre Wortwahl. Die Schüler kenne ich nicht, weswegen ich dir keine Auskünfte geben kann. Es gab keinerlei Probleme. Das mit dem Essen, ich habe keine Ahnung. Ich habe nichts gegessen." Er seufste. ,,Warum hast du nichts gegessen?" ,,Du hast es mir nicht erlaubt." Er seufste nur. ,,Kleines, habe ich dir nicht gesagt, dass du alles machen kannst, was du willst?" Ich nickte. ,,Schon, aber... ich..." zum ersten Mal seit Jahren stotterte ich und verstummte. Er lächelte. ,,So verhällt sich ein normales Mädchen. Wenn sie nervös ist, stottert sie." Groß sah ich zu ihm auf. ,,Ich werde nicht deswegen bestrahft?!" Er verneinte. ,,Ich werde dich nicht bestrahfen. Zumindest nicht mit körperlicher Gewalt. Ich glaube nicht mal, dass du das, was ich als Strafe ansehe, auch so bezeichnen würdest. Du musst doch einen riesen Hunger gehabt haben!" Er verstand es nicht. ,,Bei meinen früheren Meistern bekam ich, wenn ich glück hatte, zwei mal pro Woche was zu essen. Manchmal, wenn sie nicht gut drauf waren, bekam ich ein bis zwei Wochen nichts. Ich bin eine Sklavin. Ich bin nunmal Wertlos, was die Seele betrifft, auch wenn ich auf der Auktion ziehmlich hoch versteigert wurde." Er bremmste hart. ,,Sag doch sowas nicht! Natürlich bist du etwas Wert!" Ich lächelte. ,,Danke." Er blinzelte nur überrascht. ,,Warum?" Mein lächeln wurde breiter. ,,Du bist der erste, der mir jemals gesagt hat, dass ich etwas wert bin." Er starrte nur und bis wir in seinem Haus ankamen, sprach keiner von uns auch nur ein Wort. Ein weiteres Auto stand in der Einfahrt und meine Augen weiteten sich. ,,Dad, weißt du wem dieses Auto gehört?" hauchte ich erschrocken. Er sah auf und seine Augen begannen vor Freude förmlich Funken zu sprühen. ,,Ja. Das ist das Auto meines Sohnes. Er muss wohl früher zurückgekommen sein." Ich stieg aus und blieb zitternd stehen. Ich mochte Besuch nicht. Wenn bei meinen Ex-Besitzern mal besuch gekommen war, hatten die meisten meiner Herren ihnen erlaubt, sich mit mir zu vergnügen. Ich wusste, dass mein Dad das nicht machen würde, aber... nun, was wenn er mir die ganze Zeit nur was vorgespielt hatte, nur um mir jetzt wehzutun wie noch kein Anderer, um meine Hoffnung endgülig zu zerschmettern? Nein. Dad war nicht so. Ich vertraue ihm. Oder? Er griff nach meiner Hand und wir gingen in's Haus. ,,Dad!" rief eine tiefe Jungenstimme und Dad ließ mich los. ,,Jake! Wie geht's? Hab dich vermisst mein Junge!" Sie umarmten sich. Dad sah so glücklich aus! Und man merkte sofort, dass sie verwandt waren. Glattes, schwarzes Haar, leuchtend grüne Augen und symetrische Gesichtszüge mit einer geraden Nase. Nur, dass sein Sohn größer war als Dad. Er hatte mich anscheinend vollkommen vergessen, weswegen ich in Richtung meines Zimmers ging. ,,Jing." Ich blieb augenblicklich stehen, drehte mich um und antwortete mit gesenktem Blick. ,,Ja?" Er seufzte. ,,Könntest du was zu essen machen? Ich möchte mich noch kurz mit Jake unterhalten." Ich nickte. ,,Sofort." Ich schlich in die Küche und bereitete schweigend das Essen zu. Ich hatte alles gefunden, was ich für ein drei-Gänge-Menu bräuchte und machte mich sogleich ans Werk. Als vorspeise eine Rahm-Pilz-Suppe, der Hauptgang war gebratenes Hünchen mit Reis und einem kleinen Salat und der Nachtisch war Crème brûlée mit Vanilleglasur. Als die beiden schließlich in die Küche kamen, war ich gerade dabei, mit rasender Geschwindigkeit den Salat zu zerschneiden und ihn neben dem fertig gebratenem Hünchen zu drapieren. Die Suppe stand bereits auf dem Tisch. Ich hatte nur zwei Portionen von jedem Gang gekocht. ,,Setzt euch, bevor das Essen kalt und ungenießbar wird." Sie setzten sich und begannen zu essen, werend ich die Crème anrührte. ,,Isst du denn nichts?" fragte Dad. ,,Ich habe keinen Hunger, danke." Ich musste nicht mal probieren, wusste einfach, dass ich das richtige Maß gefunden hatte. Aber ich würde es warscheinlich nicht mal an dem Geschmack merken. Immerhin durfte ich nie probieren. Ich räumte die, inzwischen leeren, Schüsseln weg und stellte den Hauptgang vor ihnen auf den Tisch. Die Crème war fertig und ich gab sie in zwei Förmchen und ließ sie abkühlen, wärend ich die Glasur zubereitete. ,,Jing, möchtest du wirklich nichts? Du hattest heute ja nichts." Ich schüttelte den Kopf. ,,Ich bin das gewohnt und brauche dementsprechend nicht viel." Auch die leeren Teller, auf denen sich der Hauptgang befunden hatte legte ich in die Spühle. Die Crème stand fertig angerichtet auf dem Küchentresen und ich übergoss sie leicht mit einem Cherry Brandy. Ich schnappte mir ein Feuerzeug, stellte das Dessert auf den Tisch und zündete den Alkohol an. Wärend die beiden staunten, machte ich mich daran, die Kochuntensielien zu säubern und sie an ihre Plätze zurückzustellen. Bald kamen auch die Dessertteller an die Reihe, welche ich vom Tisch angelte. ,,Das war sehr lecker. Wo hast du kochen gelernt?" Ich wusch weiter ab. Jakes Stimme hallte durch meinen Kopf. ,,Eine... Bekannte hat es mir beigebracht." Dad blieb stumm. Hatte es ihm nicht geschmeckt? Hatte ich bei der Zubereitung einen Fehler gemacht? Oh Gott! Meine Hand zitterte und der Teller fiel mir fast aus der Hand. ,,Jing? Hey, was ist los?" Ich schluckte und unterdrückte das Zittern. ,,Nichts Sir." Jake sah mich groß an. Verdammt! Das war eindeutig ein Fehler! Ich wusch schnell alles ab und zog mich mit einer geflüsterten Entschuldigung zurück. In meinem Zimmer angekommen, lehnte ich mich an die Wand und umarmte mich selbst. Er hatte zwar gesagt, dass er mich nicht bestrahfen würde, aber ich hatte zwei, wenn nicht sogar mehr Fehler hinter einander begangen. Das würde sicher Folgen haben! Ich hatte Angst. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Seiten, bis es zu bluten begann. Ich wollte ihn nicht wütend machen. Es klopfte. ,,Jing?" Es war Dad! Was sollte ich machen?

The Neko AkademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt