neuntes Kapitel (Yuki)

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Als ich zurückkam, fiel mein Blick sofort auf das nun beschriftete Blatt. Ich war sehr perfektionistisch, weshalb mir auch kleinste Veränderungen sofort auffielen. Es ist noch nicht mal so, dass ich sehr fleißig wäre, ganz im Gegenteil! Aber trotzdem brauche ich das. Diese Ordnung. Ist etwas nicht an seinem Platz, oder so, wie ich es gewohnt war, fühlte ich mich so unwohl, irgendwie unerfüllt. Hätte ich zu viel oder viel unnötiges, fühlte ich mich so bedrückt, als wären die materiellen Güter an schweren Ketten um meinen Körper gebunden und schränkten mich auf allen Ebenen ein.
Aber wieder zur Nachricht: Zuerst war ich natürlich etwas sauer, ich dachte meine Mutter oder so wären einfach in mein Zimmer gekommen und hätten es geschrieben, auch wenn ich bereits da nicht so genau wusste, weshalb sie es hätten tun sollen. Gereizt las ich also die Nachricht: ‚Hier ist Leyla...' Plötzlich stockte mein Atem. Leyla? Nervös schaute ich mich um. Ob sie noch da war? Wie ist sie in mein Zimmer gekommen? War sie überhaupt ein Mensch? Ja, ich war eigentlich sehr realistisch, wie bereits erwähnt, trotzdem gab es für mich zu diesem Zeitpunkt keine bessere Erklärung für das Geschehene. Ein Mensch hätte nicht in der kurzen Zeit in mein Zimmer hätte kommen können und dann einfach so spurlos verschwinden. Vielleicht war sie ja ein Geist... Warte... Spurlos? Ich schaute mich nochmal in meinem ganzen Zimmer um, vor allem an den Türklinken und am Fenster. Sollte ich nach Fingerabdrücke suchen? Naja, jetzt wäre es eh bereits zu spät. Nach fast einer halben Stunde wurde das selbst mir zu blöd und ich beschloss, die Tatsachen einfach so hinzunehmen. Also begann ich, die Nummer in mein Telefon einzutippen und drückte auf „anrufen". Es passierte nichts. Regelmäßig piepte es, aber keiner nahm ab. „Diese Nummer ist leider nicht bekannt, versuchen sie es bitte erneut", sagte eine elektronische Stimme. Ich versuchte es erneut und dann ein drittes und viertes Mal, wieder ohne Erfolg. Vielleicht hat sie sich auch einfach verschrieben, das kommt schon mal vor. Ich sollte ihr einfach einen Brief schreiben. Aber was ist, wenn die Adresse auch falsch ist? Ich sollte auf Nummer sicher gehen! Also setzte ich mich wieder an meinen Schreibtisch und begann eine Antwort zu verfassen. Sowohl in Briefform, als auch auf meinem Zeichenblock, direkt unter Leylas. Vielleicht war ich ja auch Teil eines Experiments und sollte eine neue Form von Kommunikationsmittel ausprobieren. Im Mittelalter hätte schließlich auch keiner erwartet, dass es irgendwann mal möglich sein würde, mit Leuten am anderen Ende der Welt zu sprechen. Damit gab sich mein Gewissen zufrieden.
„ Liebe Leyla. Wer, was und wo bist du? Warum hast du mir diese Nachricht geschickt und  mir es nicht persönlich gesagt. Können wir uns irgendwo treffen?"
Ich las mir ihre Nachricht noch mal durch. Traumartig? Bin ich etwa in einem Psycho-Experiment? Oder vielleicht einfach nur psychisch krank und bilde mir alles ein? Ist sie ein Alien? Zu diesem Zeitpunkt wurde mir zum ersten mal wirklich bewusst, dass mein „normales" Leben nun vorbei war.
Ich setze noch
„Bis bald, Yuki
PS: ich kann dich übers Telefon leider nicht erreichen und bin mir beim Brief auch nicht so sicher. Versuch mal meine:
04432/8794808
Marienallee 7
50657 Adere"
drunter. Ich hoffe, wir treffen uns bald, Leyla.

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