Kapitel 1

1.6K 58 0
                                    

Das Klingeln des Weckers stört meinen Schlaf und lässt mich mal wieder dankbar für meine Magie sein. Automatisch schalte ich ihn aus und kuschle mich weiter an Alec. Immerhin ist heute den ganzen Tag Berufsinformation, die uns, gelinde gesagt, nicht wirklich interessiert. Meine Ausbildung hat eigentlich schon begonnen, als ich noch ein Kind war und jetzt nimmt mich mein Partner noch in die Mangel, damit ich auch die Politik, Traditionen und Angewohnheiten der Drachen beherrsche, wenn ich nach dem Abschluss mit in ihr Reich gehe. Normalerweise finde ich das höchst anstrengend, an den meisten ihrer Rituale sind nämlich Waffen beteiligt, aber heute kann ich mich dafür noch etwas an ihn schmiegen und vor mich hin dösen, bis einem von uns die Idee kommt, auf zu stehen. Müssten wir nur nicht noch für die Prüfungen lernen und üben, die wir natürlich mit schreiben und vor allem, vorbildlich abschließen müssen. Dann könnte ich jetzt deutlich entspannter dösen.
Leider gehen mir die Prüfungen nicht aus dem Kopf, selbst als Alec mich an ihn zieht und ich von seinem wundervollen Geruch umhüllt werde, kann ich einfach nicht aufhören, über diesen einen Zauber nach zu denken, den ich nur mit Ananis Hilfe hin bekomme; Blumen zum Blühen zu bringen. Ja, was meinem kleinen Bruder leicht fällt ist für mich hoch komplizierte Magie. Das liegt vor allem daran, dass er dem Element Erde besonders verbunden ist und ich mit, naja, keinem. Natürlich kann man das vor den Prüfungen am Ende der Schulzeit meistens nicht so genau sagen, aber zumindest ein Verdacht wäre mir bestimmt gekommen.

"Worüber denkst du nach?" Alec verschlafene stimme unterbricht meine Gedanken und bringt mich automatisch zum Lächeln.
"Die Elemente und die anstehenden Prüfungen. Denkst du, wir haben eines?"
"Vielleicht. Jeder hat Talente, aber die Frage ist immer, ob tatsächlich ein Element dahinter steckt. Wir werden sehen und sollten wir keines haben ist das auch in Ordnung."
"Stimmt schon, und die übrigen Prüfungen? Denkst du, wir schaffen sie so gut wie erwartet?"
"Lucius, du hast seit Jahren Bestnoten, fast ohne etwas dafür zu tun. Ist das gerade eine ernst gemeinte Frage?"
"Ja, ich mache mir halt Sorgen, immerhin haben wir eine Vorbildfunktion."
"Du denkst eindeutig zu viel darüber nach, wie du dich verhalten solltest und was von dir erwartet wird. Entspann dich Babe, du lernst so viel, wie du brauchst und der Rest kann dir egal sein. Okay?"
Na gut." Ergeben kuschle ich mich weiter an ihn und versuche, mich zu entspannen. Allerdings wandern meine Gedanken immer wieder zu den blühenden Blumen zurück, die meinem Bruder so leicht fallen und für mich unschaffbar scheinen. Erst als mein Partner mir einen Kuss auf den Scheitel haucht und seine Hände zu meinen Schultern wandern, um mich zu massieren, rücken diese Gedanken langsam in den Hintergrund und ich genieße seine Berührungen einfach.

An diesem Tag stehen wir erst kurz vor Mittag auf, um uns Essen zu holen und machen es uns dann mit unseren Schulsachen in Alec Zimmer bequem. Als wir uns schließlich in Geschichte abfragen, hören wir, wie die anderen zur Mittagspause in den Gemeinschaftsraum kommen. Glücklicherweise ist heute nämlich lediglich Berufsinformation und weder Alec noch ich brauchen daran Teil zu nehmen. Als klar ist, dass ich in Geschichte in Topform bin und auch mein Drache den Stoff vorwärts, rückwärts und quer runter beten kann, wechseln wir Fach.

"Zeigst du mir die Magie, bei der du so Probleme hast?"
"Aber ich krieg sie einfach nicht hin, wie soll ich sie dir dann vor führen?"
"Ich helfe dir, okay?"
"Na gut. Probieren wir es halt." Ich hole uns eine der Pflanzen, die Anani mir dazu gegeben hatte und wollte mich gerade wieder neben Alec fallen lassen, als der mich auf seinen Schoß zieht.
"Also, wie funktioniert das jetzt?"
"Man konzentriert sich auf die Pflanze, fordert sie zum Blühen auf und schon blüht sie." Verlegen werde ich rot, zusammengefasst klingt das wirklich nicht schwer.
"Wo ist da denn der Sinn, dass sie euch das bei bringen?"
"Konzentration auf die Umwelt. Eigentlich soll es dazu bei tragen, unsere Aufmerksamkeit und Konzentration zu stärken und Leben zu respektieren."
"Und womit hast du dabei ein Problem?"
"Ich spüre die Pflanze nicht wirklich. Also geistig, eigentlich sollte es so sein, wie bei Bäumen, man konzentriert sich auf sie, was man möchte und schon wachsen sie, wie man es will. Aber bei Blumen klappt es bei mir einfach nicht."
Gedankenversunken beginnt Alec leise zu brummen, wie so oft, wenn er nach denkt. Eine dieser Angewohnheiten, die ich extrem süß finde und erst bemerkt habe, seit ich öfter auf seinem Schoß sitze.

Dann plötzlich flimmert meine Sicht und alles wird irreal blau. Ich sehe unschärfer, eine Veränderung, die nicht gerade beruhigend ist, aber die Pflanze vor mir ist nun extrem scharf, klarer als zuvor und zudem in eine pulsierende grüne Aura gehüllt. Verwirrt sehe ich mich noch etwas um und auch ich bin so umhüllt, ebenso Alec, nur dass seine Aura rot und kaum wahr zu nehmen ist, aber sobald ich mich auf etwas konzentriere, wird es wieder scharf und detailliert zu sehen.
"Alles okay Babe? Was siehst du?" Besorgt sieht er mich an und hält mich sanft an der Taille, für den Fall, dass ich umkippen sollte.
"Warst du das?" Schnell zeige ich ihm über unsere Verbindung ein Bild meiner jetzigen Sicht.
"Gut, ich hatte etwas Angst, dass es bei dir vielleicht nicht klappt. Das hat nämlich so weit ich weiß noch niemand aus probiert. Was du gerade siehst ist unsere Jagdsicht. Das mit den Pflanzen blende ich normalerweise aus, aber dir könnte es gerade helfen."
"Wow, ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt." Begeistert streiche ich über seinen Arm und beobachte, wie unsere Auren funkensprühend verschmelzen.
"Wolltest du nicht deine Magie ausprobieren?" Grinsend streicht er meine Haare bei Seite und haucht mir einen Kuss in den Nacken.
"Ja, gleich." Lächelnd lehne ich mich an ihn und konzentriere mich auf die Pflanze, bis ich merke, wie tatsächlich eine Verbindung entsteht und unser beider Schein ins hellblaue wechselt. Selbst Alec scheint davon überrascht zu sein denn er zieht mich skeptisch näher an sich. Doch dann bildet sich der Stiel der Pflanze weiter, wächst zu einer Knospe heran, die sich langsam öffnet und eine aschgraue Blüte enthüllt, deren Staubfäden wie eine kleine Flamme zu tanzen scheinen.

Erschöpft aber glücklich lasse ich mich gegen Alec sinken und schließe die Augen. Ich fühle mich schwer, als hätte ich gerade einige Stunden trainiert und er ist so schön warm. In Sekundenschnell übermannt mich die Müdigkeit und lässt mich in seinen Armen einschlafen. Aber ich habe es endlich geschafft.

___
Wie immer dürfen Rechtschreib-, Grammatik- oder Logikfehler gerne kommentiert werden, also wer sich berufen fühlt...

Juli

Der DrachenprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt