Meine Gedanken kommen langsam zur Ruhe, während ich mir die verschwitzten Klamotten ausziehe und in das Wasser tauche. Das Sehnen nach Alec lässt zwar nicht nach, doch die Wärme umhüllt mich. Es ist, als stünde für einen Moment die Welt still, während sich die Wasseroberfläche über mir schließt. Luftblasen steigen blubbernd auf, dann folge ich ihnen.
Zufrieden atme ich ein und streiche mir die nassen Haare zurück. Zufriedenheit erfüllt mich, während ich entspannt die Augen schließe. Es ist besser, erschöpft zu sein, weil man etwas mit anderen gemacht hat, als es zu sein, weil man abgehauen ist.
Eine Welle wärmeres Wasser schwappt auf mich zu, gerade so kann ich noch den Mund schließen, um keines zu schlucken, dann fühle ich etwas an meinem Bein. Erschrocken öffne ich die Augen. Alec. Er kniet bei mir in der Wanne, sein Bein an meinem und grinst mich verschmitzt an.
„Hättest du mich nicht vorwarnen können?“, schnell setze ich mich auf und lasse ihm damit mehr Platz.
„Hab ich versucht, aber du warst wohl in Gedanken und hast mich nicht gehört. Alles okay bei dir?“
„Sollte ich das nicht dich fragen? Du bist immerhin der, der den meisten Stress aushalten muss.“
„Sicher? Und selbst wenn, heißt das nicht, dass es dir gut geht. Außerdem, brauche ich einen Grund, um meinen Freund zu fragen, wie es ihm geht?“ Sein Lächeln ist sanft, vorsichtig, zerbrechlich. Es schmerzt. Ihm geht es nicht gut. Ganz bestimmt nicht.
„Mir geht es gut. Was bedrückt dich?“
„Nicht so wichtig“, auf meinen kritischen Blick hin spricht er allerdings weiter. „Also schon, aber es ist kompliziert. Ich will gerade nicht darüber nachdenken, okay?“
„In Ordnung.“ Behutsam ziehe ich ihn in eine Umarmung. „Tut mir leid.“ All das, was ich ihm zusätzlich aufbürde. Es kommt mir so viel vor und es wird nicht weniger werden. Weil ich nicht perfekt bin, nicht so gut wie er.
„Denk nicht so viel nach. Wir sind gerade hier, nirgendwo anders, Lucy.“ Seine Lippen streifen meinen Hals und seine Markierung und sofort entspanne ich mich merklich. „Hattest du einen schönen Tag?“
„Das Ende war es auf jeden Fall. Ich hab mit Serafin und einem Trupp Wachen trainiert. Sie sind wirklich nett.“
„Hast du gewonnen?“ Er klingt kritisch, nicht gerade, als würde er es gutheißen. Vermutlich, weil es das Bild von unserer Perfektion zerstören könnte.
„Im Kampf nicht, aber wir hatten Spaß zusammen, also hör auf zu zweifeln, Kenneth.“
Alec´ Muskeln zucken leicht. Er ist eindeutig irritiert. „Tut mir leid. Ich weiß nur nicht, in welche Richtung das führt. Ich wollte dich nicht zurechtweisen, ich bin nur unsicher, verstehst du? Aber es ist schön, dass du Spaß hattest. Sogar im Palast.“
„Ich weiß doch auch nicht, wohin das führen wird, aber ich weiß, dass mich die Steifheit hier aufregt, also werde ich sehen, wie ich damit umgehen kann. Ich verspreche dir, wenn es irgendetwas schlimmer macht, höre ich wieder auf damit.“
„Das nehme ich nicht an. Du sollst immer tun, was du als richtig empfindest, nicht aus einem Pflichtgefühl heraus. Erstrecht nicht, weil du mir etwas versprochen hast. Das wärst nicht du.“
„Wie könnte ich dir widersprechen, wenn du das so schön sagst?“ Grinsend schmiege ich mich näher an ihn.
„Wir sollten uns waschen und raus aus dem Wasser.“ Alec´Finger fahren sanft die Flammenzeichnungen auf meinem Körper nach. „Wir hatten schon viel zu lange keinen Abend mehr ganz für uns.“
„Viel zu lange. Eindeutig.“
Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist Alec schon weg. Kein Wunder, denn es ist schon fast Mittag. Meine Muskeln protestieren schmerzhaft, als ich mich aus dem Bett schäle. Trotzdem tue ich es und ziehe mich an, frühstücke und klingle nach Jade.
„Und? Was ist der Plan für heute?“ Er lächelt mich neugierig an. „Gehst du wieder aus?“
„Nicht ganz.“ Ich atme tief durch, bevor ich ihm antworte. „Wann ist die Lagebesprechung doch gleich?“
„In zwei Stunden. Du hast vor, teilzunehmen?“
„In etwa, ja. Erklär mir bitte, warum die so wichtig ist.“
„Naja, da bekommt der Herrscher Berichte darüber, wie es in den Mienen, Schmieden, in den Lagern, der Stadt und überall sonst im Land aussieht. Wenn es Beschwerden oder Engpässe gibt, werden Lösungen dafür gesucht und es wird besprochen, was als Nächstes ansteht. Sie ist wichtig, weil dabei gezeigt wird, wie wir dastehen und ob Gefahren drohen.
Deswegen ist sie so wichtig.“
„Und dafür muss man sich wirklich die ganzen Zahlenfriedhöfe ansehen? Sagen die überhaupt irgendwem was?“
„Dem König und Prinzen offensichtlich. Und wenn du mehr als Alec´ Partner im Bett sein willst, solltest du vielleicht sehen, auch mit ihnen klar zu kommen.“
Geschockt sehe ich den Drachen vor mir an. Wie kann er es wagen? Aber er hat auch irgendwie Recht ... Trotzdem muss ich mir das nicht gefallen lassen.
„Hat Serafin dich die letzten Tage nicht hart genug rangenommen?“
„Bitte was!“
„Gut, jetzt, da wir beide uns unsinnig beleidigt haben, können wir ja damit aufhören. Haben wir Vergleichswerte zu den Zahlen? Vielleicht kann ich dann etwas damit anfangen.“
„Ich denke, es müsste ein Verzeichnis über die geförderten und verbrauchten Ressourcen der letzten Jahre geben. Ich kann dir zeigen, wo du solche Dokumente finden kannst.“ Jade lächelt verlegen, dann geht er voran.
Vor einer dunkleren Tür hält er an. „Tut mir leid wegen vorhin. Ich wollte nicht respektlos sein.“
„Schon okay. Es stimmt ja, auch, wenn du es übertrieben hast.“
Der Drache nickt, dann hält er mir die Tür auf und ich betrete eine lichtdurchflutete Bibliothek.
„Die meisten Schriftstücke hier sind nur einige Tage oder Wochen alt, wenige Jahre und kaum eines Jahrzehnte. Das hier ist die modernste Bibliothek des Landes. Sie sammelt die Berichte der Zeit. Also wenn du wissen willst, wer mit seinem Wildbestand unzufrieden ist, wessen Kind doch bitte befördert werden soll, weil es ganz ganz besonders ist, kannst du all das hier nachlesen. Es gibt allerdings Beamte, die dafür zuständig sind, also keine Sorge. Die finden schon raus, wer wirklich Hilfe braucht.
Ansonsten gibt es hier allerdings auch die Berichte, nach denen du gefragt hattest.“
Ich kann über die Geringschätzung Jades über die Bittbriefe nur den Kopf schütteln. Vielleicht bin ich zu nett, aber ist das Königshaus nicht dazu da, zu helfen?
Sobald ich den Drachen weggeschickt habe, mache ich mich daran, sie zu lesen. Ich will verstehen, warum er so denkt, bevor ich es verurteile, doch das kann ich nicht. Es geht hier um Drachen, die um Hilfe, einen Ratschlag und Unterstützung bitten. Manche nur bei Kleinigkeiten, andere bei Größerem, doch sie alle setzen Hoffnung hinein. Wie kann man das nur so verurteilen?
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Der Drachenprinz
FantasiLangsam nähert sich das Schuljahr seinem Ende und während alle mit den Prüfungen kämpfen und auf die Verbindung zu einem Element hoffen, steht Lucius' größte Herausforderung erst noch bevor. Er ist ein Prinz der Elfen, doch vor Allem der Gefährte Al...