Kapitel 26

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Natürlich hört alles irgendwann auf. Sogar der schönste Moment.

Seufzend konzentriere ich mich wieder auf die Briefe vor mir. Warum wollte ich doch gleich allen helfen? Gerade wünschte ich, ich hätte mir heute euch noch freigenommen. Das ist das Doofe an schönen Tagen, sie werden sich nie genau so wiederholen, so sehr man es sich auch wünscht.

Abgelenkt schnippe ich gegen das Tintenglas und sehe zu, wie Bläschen in der dunklen Flüssigkeit auftauchen.

Eine Tür knallt gegen eine Wand.

Erschrocken springe ich auf. Im gleichen Moment springt auch die zu meinem Büro auf und Jade bleibt atemlos vor mir stehen: „Du wirst nicht glauben, was ich gefunden habe!“ 

Verwirrt nehme ich ihm den Zettel aus den Händen, den er mir entgegenstreckt.

„Ich soll Insiderinformationen weitergegeben haben?“ Schockiert lese ich weiter. „Wer zur Hölle weiß, wann ich wem geschrieben habe und wie kommt er bitte auf die Idee, sowas stünde darin?“

„Keine Ahnung, leider, aber die Dinger liegen im ganzen Dienertrakt.“

„Und was jetzt?“

„Wir müssen Alec Bescheidgeben. Da könnte was Ernstes hinterstecken, er muss es wissen.“

„Muss das sein? Er hat schon genug zu tun und der eigentliche Angriff richtet sich ja gegen mich.“

„Es gibt keine Angriffe mehr allein gegen dich. Du musst es ihm sagen.“

„Okay. Wir sagen es ihm, aber erst einmal müssen die Dinger verschwinden.“

„Schon dabei.“

„Ich will wissen, ob irgendwer etwas gesehen hat, wie sie verteilt wurden. Ob irgendwer sich auffällig benommen hat und so weiter.“

„Ich kümmere mich darum.“

„Außerdem möchte ich, dass du überprüfst, wem mein Briefverkehr bekannt ist. Irgendwoher müssen die Informationen ja kommen. Und so bald wir mehr wissen, erzähle ich es Alec.“

„Wenn du meinst, dass das das richtige Vorgehen ist, werde ich deinen Befehlen Folge leisten.“

„Danke. Ich sehe mal, ob einer der Lords etwas weiß.“

Jade verbeugt sich leicht. Ich kann seine Skepsis spüren, doch er vertraut mir. Er wird tun, was ich will. Sobald er weg ist, mache auch ich mich auf den Weg. Irgendwer muss ja etwas wissen. Und je nachdem, wie viele, desto größer ist die Gefahr hinter diesen Zetteln wohl.

Wut erfüllt mich bei dem Gedanken daran. Ich hasse Lügen und so etwas zu behaupten ...

Aufgewühlt halte ich vor Lord Astrodons Gemächern an. Ich muss mich beruhigen. Alles wird gut. Wir schaffen das schon.

Sie sollten wirklich nicht merken, wie sehr mich das geschockt hat. Stark sein ...

Natürlich funktioniert es nicht. Kein Lord, kein Diener, niemand scheint irgendwas gesehen oder mitbekommen zu haben. Seit dem Vorfall ist es zum Glück ruhig geblieben. Nur ab und an wurden Zettel mit Verleumdungen gefunden. Haltlos, doch trotzdem besorgniserregend. Irgendwas ist hier im Gange und ich habe noch immer keine Ahnung, was das soll.

Bis jetzt habe ich Alec nichts erzählt, sind es doch nur noch zwei Wochen bis zur Krönung. Ich hasse sie langsam. Wegen ihr ist Alec im Dauerstress und ich schaffe es einfach nicht, ihm von den Zetteln zu erzählen. 

Ich will ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten, doch langsam frage ich mich, ob ich nicht genau das Gegenteil erreiche. Er hätte bestimmt eine Idee, was wir tun können oder könnte mich wenigstens beruhigen.

Entschlossen stehe ich auf, um zu ihm zu gehen, da höre ich die Tür zu unseren Gemächern gegen die Wand knallen. Nicht schon wieder!

Genau wie damals stürmt Jade in mein Arbeitszimmer.

„Brief!“ Schnappend holt er Luft, „Ein Brief mit den Wachplänen wurde abgefangen. Vermutlich von den Gleichen.“

„Luci!“ Erneut trifft die arme Tür die Wand, dann ist auch Alec da und zieht mich erleichtert in seine Arme. „Dir geht es gut. Was ein Glück!“

„Es war nur ein Brief.“ Überfordert lasse ich mich gegen ihn sinken. „Alles in Ordnung.“

„Kein Bisschen. Die waren geheim. Irgendwer gibt geheime Unterlagen nach draußen. Welche, die deinen Schutz betreffen! Das ist nicht in Ordnung, okay oder leicht beunruhigend, das ist ein Fiasko!“

„Ja. Aber uns geht es gut, okay? Noch ist nichts passiert. Das ist jetzt erstmal die Hauptsache. Beruhige dich und wir denken nach.“

„Ich will, dass du den Palast bis zur Krönung nicht mehr verlässt. Keine Ausflüge mehr, nichts Ungesichertes.“

„Okay.“ Schluckend stimme ich zu. Ich kann mir wirklich Schöneres vorstellen, doch wenn es ihn beruhigt und mich schützt, werde ich es tun. Dafür würde ich alles tun. „Ich vermute mal, das war der Gleiche wie bei den Zetteln.“

„Den Zetteln?“

„Ich wollte dir gerade davon erzählen, als Jade kam. Es gibt wohl jemanden, der gegen mich hetzt. Wir haben vor ein paar Wochen die ersten Flyer gefunden, ich würde geheime Informationen an Werwölfe und Elfen weiter geben und solche Dinge. Darin stand auch sehr genau, wann ich wem geschrieben habe, ich finde, das klingt auch nach einem Insider. Also sind es vermutlich die Gleichen? Die Lords und Diener schienen allerdings auch nichts darüber zu wissen. Bisher bin ich also noch kein Stück weitergekommen, allerdings dachte ich auch nicht, dass so etwas passieren würde.“

„Wenn es die gleichen sind, dann gehen sie jetzt wohl einen Schritt weiter. Das sieht aus, als wollten sie ihren Verleumdungen Taten folgen lassen wollen. Ich werde das gleich nochmal mit Vater und den Lords besprechen. Aber auf jeden Fall werden Jade und Serafin jetzt mehr in deiner Nähe sein, in Ordnung?“

„Okay. Wir schaffen das schon.“ Mit einem beklemmenden Gefühl im Magen nicke ich.

„Ganz bestimmt.“ Er gibt mir noch einen Kuss auf den Kopf, dann geht er, sich mit den anderen besprechen. Über unsere Überwachung. Zu unserem Schutz, dennoch ist mir nicht ganz wohl dabei. Ich habe Angst. 

Und ich sehe in Jades Augen, dass er sie teilt. Also ist sie real. Wie ein Schatten, der sich plötzlich über alles legt. Ich bin in Gefahr, Alec ist es und wir wissen nicht, woher sie kommt. Ist es eine Palastwache, mit denen ich schon so oft trainiert habe? Ein Diener, den ich jeden Tag sehe? Es könnte quasi jeder sein und doch muss ich allen hier vertrauen. Es ist nur einer von ihn, vielleicht ein paar, aber die Meisten hier sind gut. Sie arbeiten und leben für uns. Teilen unser Glück und Leben.

Wir dürfen einfach nicht an allen von ihnen zweifeln. Und doch müssen wir den oder die finden, die uns Böses wollen.

Der DrachenprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt