Kapitel 18

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Dieses Mal weckt mich wirklich erst der Wecker. Kein Vergleich zu gestern. Das hebt natürlich auch meine Stimmung und irgendwie ist so auch der Palast um mich herum gar nicht mehr so schlimm.

Na gut, als Alec mir den heutigen Termin der Lagebesprechung gibt, wird der Tag wieder etwas grauer, doch bis die beginnt, ist noch eine Ewigkeit Zeit. Also kein Trübsalblasen. Ich weiß auch schon genau, was ich heute mache und praktischerweise geht Alec auch früh genug dafür. Kaum hat er unsere Gemächer verlassen, tue ich es ihm gleich. Na gut, nachdem ich nach Jade geklingelt habe. Wohl unnötig, denn er wartet bereits auf mich.

„Und? Wie willst du heute abhauen?“

„Gar nicht. Ich habe später schließlich einen Termin.“ Ich verziehe das Gesicht, aber Versprechen ist Versprechen, also werde ich hingehen. „Allerdings haben wir bis dahin noch massig Zeit, also wollte ich dich fragen, ob du mir bei etwas helfen kannst.“

„Kommt ganz darauf an. Was ist es denn?“ Ich kann seine Skepsis deutlich fühlen, in seinen Augen jedoch funkelt die Neugier und Unternehmenslust.

„Ich will Alecs Kinderbilder sehen. Er meinte, sie seien weg, stimmt das?“

„Wenn weg Dachboden heißt, ja.“ Der Drache grinst mich an. „Ich kann sie dir gerne zeigen. Ein paar sind wirklich niedlich, mindestens die solltest du kennen.“

„Klingt gut“, zufrieden grinse ich ihn an und er lächelt zurück.

„Ist es auch“, und schon führt er mich Gänge entlang, Treppen hinauf und durch Türen, deren Lack bereits vom alten Holz abblättert, hinauf unter das Dach.

Schlussendlich schließt er eine schwere Eichentür auf und lässt mich zuerst eintreten.

Es riecht nach Staub, der schimmernd im Dämmerlicht der kleinen Fenster wirbelt und alter Farbe, Leinwänden und ein wenig nach Mottenkugeln. Doch doch für mich riecht es vor allem nach warmem Holz. Und dann sehe ich auch schon das erste Bild. Es zeigt einen frisch geschlüpften Drachen, noch mit Eierschalen neben ihm, mit fast durchsichtigen Flügelhäuten und unfassbar hellen grünen Schuppen.

„Ist das Alec?“ Neugierig komme ich näher, doch Jade enttäuscht mich.

„Nein, das Bild entstand lange vor ihm. Das ist vor etwa tausend Jahren entstanden. Damals gab es eine Krankheit, die sich schon im Eierstadium bemerkbar machte und die Schalen so sehr schwächte, dass sie einfach zerbrachen. Es dauerte, bis man herausgefunden hatte, woran es lag und dieser Schlüpfling war einer der Ersten, der es nach langer Zeit schaffte. Deswegen das Bild. Alec kam erst ein paar Generationen danach.“

„Das sieht man dem Bild gar nicht an, also sein Alter.“

„Dafür sind sie gemacht. Aber sehen wir mal, wo die neueren sind.“ Er sieht vorsichtig durch die Leinwände, die fein säuberlich mit Schutztüchern von einander getrennt sind.

„Ah hier.“ Er zieht das erste Gemälde heraus und lehnt es vorsichtig gegen die Wand. Darauf ist ein weiterer junger grüner Drache, doch er ist etwas älter als der Schlüpfling und seine Schuppen sind von tieferem Grün. Doch er ist nicht weniger süß. Er ruht zusammengerollt auf einem roten Samtkissen, die Augen zufrieden geschlossen und völlig entspannt. 

Das nächste Bild, das Jade mir reicht, ist da schon ganz anders. Es zeigt eindeutig Alec in seiner menschlichen Form. Er ist wohl ungefähr 5, doch trägt bereits eine schmale Goldkrone und ein schlankes verziertes Rapier an seiner Uniform. Auch dieses Bild würde eher süß wirken, wäre da nicht dieser Blick. Er ist selbstbewusst, etwas trotzig, während er verrät, wie gerne er die er die Waffe einsetzen würde, an der seine Hand ruht.

Allein seine Augen verraten so viel. Ich kann nur über die Kunst des Malers staunen, sie so gut darzustellen.

Dann reicht Jade mir das nächste Bild und das Nächste und offenbart mir damit immer neue Facetten des jungen Alec. Mal noch als Baby, wie er fröhlich lächelt, als verspielter oder siegreicher Jungdrache, bei seinen frühen Flugversuchen und immer so weiter. Ich kann einfach nicht genug davon bekommen, auch, weil Alec immer mehr zeigt, was er von den Bildern hält und sie immer weiter mitgestaltet. So sind sie bald nicht mehr süß, sondern vermitteln Würde, seine Kraft und manchmal einfach seine Freude bei so vielen Dingen. Und das, obwohl er auf den Meisten noch ein halbes Kind ist.

„Lucius?“ Jades Stimme reißt mich aus der Betrachtung eines Teenager-Alecs, natürlich in Uniform.

„Ja?“

Als er einen Moment nicht antwortet, reiße ich mich von dem Anblick los und sehe zu ihm. Der Drache spielt aufgeregt mit seinen Fingern, während er auf das Chaos sieht, das wir veranstaltet haben. 

„Was ist los?“ Erschrocken zuckt er zusammen. Dann antwortet er endlich.

„Dein Termin beginnt gerade. Weißt du, wohin du musst? Dann räume ich hier eben auf.“

„Ich werde es schon finden.“ Verdammt! Ich darf nicht schon wieder nicht kommen!

„Sag nicht, was genau wir gerade gemacht haben!“, ruft er mir noch hinterher, als ich schon die Treppe hinunter renne.

„Klar!“ Dann murmle ich einen Spruch und sofort erscheint ein kleiner Lichtball neben mir und flitzt los in Richtung Ziel. Eilig folge ich ihm zum Konferenzsaal. Zum Glück kann ich Magie. Auch, wenn ich in diesem Bereich des Palastes schon ein paar Mal war, hätte ich sonst garantiert nicht hingefunden. Ganz zu schweigen von der Zeit, die ich mit Herumirren und Suchen verschwendet hätte.

Bleibt mir nur, zu hoffen, dass alle mir meine Verspätung verzeihen. Immerhin besser als gestern, aber trotzdem unhöflich und nervig.

Mein Führer löst sich schließlich vor einer metallbeschlagenen und verzierten Tür auf und lässt mich alleine.

Da muss ich also rein.

Tief atme ich durch, versuche, meinen Puls und damit mich selber zu beruhigen, richte eben meine Kleidung und klopfe den letzten Staub ab. Dann nehme ich meinen Mut zusammen, klopfe kurz an und drücke dann die Tür auf.

Sieben Drachen sehen mich überrascht an. Sie sitzen an einem Tisch, am Kopfende mir gegenüber Alec, dessen Mundwinkel sich bei meinem Anblick zu einem erleichterten Lächeln formen.

„Lucius, schön, dass du da bist.“

Die Minen der anderen am Tisch wechseln von überrascht zu neugierig, abwartend, eine sogar zu verachtend. Und sie alle mustern mich nun aufmerksamer. Ob ich ihren Erwartungen wohl entspreche?

Ohne ein Drache zu sein? Vermutlich nicht, doch das wussten sie doch schon im Vorhinein, oder etwa nicht?

Pünktliches Update ... Oder so.
Irgendwie hab ich es ein wenig verpennt. Aber dank meines nicht vorhandenen Schlafrythmuses kommt es jetzt nur etwas zu spät.

Juli

Der DrachenprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt