Kapitel 2 - Schicksalshafter Zauber

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Konzentriert blickte Yara auf die vor ihr ausgebreitete Landkarte. Sie zeigte ihr Heimatland Erian. Im Norden von hohen Bergen umgeben, schmiegte es sich im Südosten an das blaue Meer. Viele kleine und größere Punkte markierten die Städte und Siedlungen.

Scheinbar unbewusst ließ sie die Glieder einer Perlenkette durch ihre Finger gleiten. Gleichzeitig strich sie mit der anderen Hand über die detaillierte Karte. Den bohrenden Blick des Menschen vor sich bemerkte sie nicht mehr.

Wo steckst du?, murmelte sie in Gedanken und atmete tief durch. Nicht lange, und die Kette schien mit Yaras Hand zu verschmelzen. Wie weiche Knetmasse vermischten sich Fleisch und Perlen und wurden für das Auge zu einer untrennbaren Einheit.

Bilder zuckten durch Yaras Gedanken, Emotionen und Gesprächsfetzen. Zielsicher blieb ihr Finger auf einem Punkt auf der Landkarte liegen. Behutsam trennte sie ihre Hand wieder von der Kette und atmete nochmals tief durch.

Als sich ihr Blick geklärt hatte, sagte sie zu dem Mann: „Eure Frau befindet sich bei ihren Großeltern, einige Tagesreisen von hier entfernt."

Mit gerunzelter Stirn betrachtete der Mann die Karte. „Seid Ihr sicher?"

„Ja", erwiderte Yara eindringlich und schob ihm das Schmuckstück wieder zu.

Menschen... Erbitten unsere Dienste und wollen uns dann nicht glauben, schimpfte Yara stumm und wartete, bis der Mann den Ortsnamen aufgeschrieben hatte.

Nachdem er gezahlt und sich bedankt hatte, verließ er schnellen Schrittes den Laden. Sobald sich die Tür wieder geschlossen hatte, seufzte Yara resigniert. Nach einem kurzen Blick auf die Wanduhr drehte sie das Ladenschild auf „geschlossen" und verriegelte die Tür.

„Cari, ist das Essen schon fertig?", rief sie laut und ging ins Hinterzimmer.

„Ja, komm hoch", ertönte es dumpf von oben. Es war kurz nach Mittag und Yaras Magen schrie nach Nahrung. Den Vormittag über waren viele Kunden in den Laden gekommen und hatten ihre Dienste als Venefi angeboten.

Venefi, so wurden die Zauberer und Zauberinnen genannt. Nur Wesen mit etwas Magischem in ihrem Blut konnten diese Kunst ausüben. Mithilfe der Hände und der Gedanken konnten sie – je nach Ausprägung ihrer Fähigkeiten – Dinge manipulieren.

Yara schüttelte sich bei dem Gedanken. Es war nicht immer ein angenehmes Gefühl, die Hände mit etwas verschmelzen zu lassen. Und es war anstrengend, die Vereinigung wieder rückgängig zu machen.

Aber besser als dauerhaft mit einer Perlenkette in der Hand, dachte Yara und lächelte vor sich hin. Ein verführerischer Duft stieg ihr in die Nase, als sie das Obergeschoss erreichte und auf die Küche zuging.

„Können wir es nicht immer so machen, dass du kochst?", fragte Yara, als sie sich an den kleinen Esstisch in der gemütlichen Küche setzte.

Cari schüttelte grinsend den Kopf. „Kommt nicht in Frage. Wir haben ausgemacht, dass wir uns abwechseln und dabei bleibt es auch."

„Aber du kannst das so viel besser als ich", maulte Yara. Beim Anblick des dampfenden Gemüses und Fleischs lief ihr das Wasser im Mund zusammen.

„Blödsinn, du hast nur keine Lust dazu. Kochen kannst du mindestens genauso gut wie ich." Cari zwinkerte ihrer Freundin zu und setzte sich ihr gegenüber.

„Ich bin doch nur der Meinung, dass es mit Zauberei schneller geht."

„Vielleicht, aber schmecken tut es wie in einem Schuh gekocht", erwiderte Cari und füllte Yaras Teller.

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