Es war Yara nie aufgefallen, wie viel innerhalb von fünf Minuten passieren konnte. Als sie zusammen mit Hakki ihr Haus betrat, hörte sie im Obergeschoss ein verdächtiges Rumpeln.
„Komm", sagte sie zu dem Heiler und hastete die Treppe hinauf. Schnell hatte sie Cari und Arik gefunden.
Wäre die Situation nicht so absurd gewesen, Yara hätte Tränen gelacht: Mitten im Wohnzimmer lag Arik ausgestreckt auf dem Boden, unter ihm die völlig hilflos eingeklemmte Cari. Yara hörte Hakki hinter sich nach Luft schnappen, als er sie eingeholt hatte.
„Stören wir?", fragte sie und grinste amüsiert.
„Halt den Rand und roll dieses Schwergewicht von mir runter", zeterte Cari und schlug erfolglos mit den Flügeln. Ein unverständliches Grummeln ertönte, was wohl von Arik stammen musste. Da Zunge und Lippen auch nichts anders als Muskeln waren, konnte er sich nicht verständlich machen. Doch der bohrende Blick seiner Augen sprach Bände, als Yara und Hakki ihn von Cari herunterzogen.
Diese richtete sich blitzschnell auf und ordnete ihre Federn.
„Was wiegst du – dreihundert Pfund?!", fragte sie und sah ihren Freunden dabei zu, wie sie Arik mit dem Gesicht nach unten auf das Sofa legten. Das Möbelstück wirkte winzig, weil sie seine Beine über die Lehne legen mussten.
Cari seufzte. „Ich gehe Wasser heiß machen." Eilig verließ sie den Raum.
„Dürfte ich erfahren, was jetzt schon wieder passiert ist?", fragte Hakki und legte seine Arzneitasche neben den Schreibtisch.
„Arik wurde mit einem Pfeil angeschossen, dessen Spitze in Wickelkirschensaft getaucht worden war." Yara hielt Hakki den besagten Pfeil hin. Der Pan musste nicht nah herankommen, um den Saft zu riechen. Wie beinah alle Tiermenschen hatte er einen ausgeprägten Geruchssinn.
„Und wo ist der Pfeil eingetreten?"
„Einen Moment...", sagte Yara und trat zu Arik. Als sie anfing seinen Umhang und das Hemd auszuziehen, gab er ein eindeutig missfallendes Brummen von sich. Yara trat in sein Blickfeld und hob eine Augenbraue. „Falls du es vergessen hast, du standst schon splitternackt vor mir. Für Schüchternheit ist es jetzt zu spät."
Es dauerte, ehe sie den klammen Stoff von seinem Körper gezogen hatte. Die tiefblauen Schuppen entlang seiner Wirbelsäule schimmerten wie feuchte Saphire. Leider verunstaltete die hässliche Schusswunde das perfekte Bild aus Muskeln und Sehnen. Verwirrt schüttelte Yara diese Gedanken aus ihrem Kopf.
So ein Unsinn, von wegen perfekt, schalt sie sich. Dennoch konnte sie den Blick nur schwer abwenden.
Hakki riss sie schließlich in die Realität zurück, als er sich an ihr vorbei zu Arik drängte. „Naja, wenigstens hatte der Pfeil keine gezackte Spitze", sagte der Pan, als er vorsichtig die Wunde untersuchte. „Sonst hätte er die halbe Schulter verloren bei dem Versuch, das Geschoss zu entfernen."
„Kannst du ihn wieder zusammenflicken?", fragte Cari, als sie mit einer dampfenden Schüssel hereinkam.
Hakki fuhr mit einer Hand von Ariks Nacken bis zu seinem Steiß. „Hm... Yara muss helfen."
„Warum ich?" Erschrocken weiteten sich Yaras Augen. Sie hatte noch nie ein Talent fürs Heilen besessen – das hatte sich schon während ihrer Ausbildung gezeigt.
„Anders geht es nicht. Du weißt doch, dein Blut." Als Yara nichts sagte, zitierte Hakki: „Wenn etwas dauerhaft verändert wurde, muss der Venefigrad des anderen höher sein um es erneut zu verändern."
„Arik ist deine Schöpfung, also kann Hakki ihn nicht verändern. Er ist kein so starker Venefi wie du", fügte Cari hinzu und tätschelte Ariks Kopf. Diesem schein überhaupt nicht zu gefallen, dass er jemandes Eigentum war.
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Drachenfeuer
FantasiaFeuer im Herzen - das hat die Zauberin Yara auf jeden Fall, denn sie gehört zu den Drachenmenschen. Aber auch in einer Welt voller Fabelwesen und Magie kann man noch Überraschungen erleben. Denn wie oft kommt es vor, dass sich vor einem ein altes Am...