◀ Prolog ▶

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◀ Prolog ▶

Annie Irwin, Atlantis, 09.21 Uhr

Ich liege neben Namor in seinem Bett in Atlantis und sehe mir seine schlafende Silhouette an. Er sieht friedlich aus und schläft noch tief und fest. Seine Haare sind komplett durcheinander und ich realisiere, dass ich daran nicht ganz unschuldig bin. Die Erinnerungen an die letzte Nacht durchfluten mich und ich beginne innerlich direkt zu grinsen. Namor und ich hätten uns schon viel eher unsere Gefühle gestehen sollen. Doch ich bin mir mittlerweile gar nicht mehr so sicher, ob dies hier die Beziehung ist, die ich will. Sofort fällt mein Grinsen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Namor und ich zu verschieden sind. Seitdem ich an seiner Seite bin, versucht er immer, mich zu kontrollieren. Wirft mir vor, dass ich mich wie eine Königin verhalten solle und nicht immer noch, wie eine Kämpferin. Und mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich nicht an seine Seite passe... Wir haben viel gestritten in letzter Zeit und jedes Mal endet es darin, dass wir unseren Streit nicht mit Worten begraben, sondern Namor mich wieder in sein Bett bekommt und ich ihm verzeihe. Ich liebe Namor, aber ich bin mir nicht sicher, ob es diese Art von Liebe ist, die ich will. Als ich Stephen davon berichtet habe, meinte er nur, dass ich auf mein Herz hören solle, am Ende würde ich die richtige Entscheidung treffen. Als ich allerdings realisiert habe, was mein Herz mir geraten hatte, habe ich es schnell ignoriert und mich dagegen entschieden. Doch in den vergangenen Wochen, hatte ich an meiner Entscheidung gezweifelt. Weshalb sollte ich bei einem Mann bleiben, der mich schlecht behandelt? Ich weiß nicht mal mehr, ob ich überhaupt noch etwas für Namor fühle, das nichts mit unserer jahrelangen Freundschaft zu tun hat.

Ich sehe meinem Freund dabei zu, wie er ein Mal grummelt und sich dann umdreht. Allerdings nicht, ohne mich wieder näher an ihn zu ziehen. Mein nackter Rücken legt sich an seine Brust und ich ziehe die Bettdecke etwas höher, dann versuche ich auch wieder zu schlafen. Wir haben heute sowieso nichts vor, Namor hatte gestern Luke mit allem, was heute gemacht werden muss, beauftragt. Luke hatte natürlich sofort begeistert zugestimmt, mit den Worten, dass er sich bloß gut um mich kümmern solle, nicht, dass ich ihm wieder weglaufe. Ich bin mir nicht sicher, ob Luke nicht schon etwas ahnt, oder nicht. Doch es würde mich wundern, wenn Luke unsere Streitigkeiten überhören würde. Immerhin hatte mich neulich sogar eine Magd, die mich ankleiden sollte, darauf angesprochen. Dies hatte natürlich wieder zu einem weiteren Streit mit Namor geführt, da er nicht verstehen konnte, weshalb ich die Frau hochkant aus meinem Zimmer geschmissen habe.

Ich bin beinahe wieder eingeschlafen, als mein Avengers-Kommunikator einen leisen Ton von sich gibt. Ich sehe ihn erschrocken an, denn er wurde schon lange von niemandem benutzt. Genau genommen wissen alle der Avengers, dass ich mich eigentlich in Atlantis zurückziehen wollte und selbst, wenn sie mich brauchen würden, dann riefen sie wohl eher auf meinem Handy an. Alle, bis auf Thor.

Ich lasse den Kommunikator mit einer fließenden Bewegung zu mir fliegen und nehme die Anfrage entgegen.

„Annie, hör mir zu! Wir haben nicht viel Zeit!", ist das erste, das ich höre. Ich kann die Stimme nirgends einordnen, vor allem nicht, da ich im Hintergrund mehrere Kampfschreie höre.

„Mein Bruder und ich sind aus Asgard geflohen und stecken in einem Schiff fest, in dem-", beginnt der Anrufer und ich erstarre, als ich die Stimme erkenne. Es ist nicht Thor.

„Loki?!", frage ich zur Sicherheit noch Mal nach, der entsetzte Unterton meiner Stimme ist nicht zu überhören.

„Ja! Und nun hör mir zu! Thor braucht deine Hilfe!", beginnt er.

„Wieso sollte ich dir vertrauen?", frage ich ihn und er seufzt.

„Weil du die einzige bist, die Thors Leben retten kann. Du bist die einzige Person, die mir eingefallen ist, die stark genug dafür ist." Ich ignoriere die Fragen, die in meinem Kopf herumschwirren, wie zum Beispiel die Frage, wie Loki an den Kommunikator gekommen ist. Denn irgendwas tief in mir drinnen sagt mir, dass ich eine ganze Menge verpasst habe, während ich mich von der Welt abgekapselt habe. Ich höre Thors Schmerzensschrei im Hintergrund und zucke zusammen. Dadurch wacht Namor auf und sieht mich irritiert an.

„Ich schicke dir die Koordinaten. Ohne deine Hilfe wird Thor sterben – und wir alle gleich mit." Mit diesen Worten bricht der Anruf ab und die Koordinaten erscheinen auf dem Kommunikator. Ich fluche, dann stehe ich allerdings ruckartig auf. Namor versucht mich noch zurückzuhalten, bekommt aber nur die Bettdecke in die Hand. Ich ziehe mich schnell an – duschen waren wir die Nacht noch – und drehe mich zu ihm um.

„Ich muss gehen."

„Wohin?", fragt er mich. Ich schlüpfe in meinen Kampfanzug.

„Thor braucht meine Hilfe.", meine ich nur und schnüre meinen Stiefel zu.

„Und da gehst du sofort los?", fragt er mich und ich kann das Missfallen in seiner Stimme hören.

„Namor, er braucht mich.", antworte ich nur und binde meine Haare zu einem Zopf zusammen.

„Ich brauche dich hier auch.", meint er und steht ruckartig auf. Alleine an seinem Gesicht kann ich schon sehen, dass ihm das hier wieder überhaupt nicht gefällt und ahne, dass das Ganze hier gleich wieder ausarten wird.

„Nein, du brauchst jemanden, den du kontrollieren kannst.", zische ich ihm zu, bevor ich mich aufhalten kann. Wütend baut sich Namor vor mir auf. Eine so lächerliche Geste, die er in den letzten Wochen viel zu oft gemacht hat. Als ob er mich aufhalten könnte, wenn er es drauf anlegen würde.

„Was?"

„Du hast mich schon verstanden, Namor. Seit Wochen versuchst du etwas aus mir zu machen, was ich nicht bin. Schreibst mir vor, was ich zu tun und zu lassen habe. Und dieses Gespräch hier, führen wir nicht zum ersten Mal.", meine ich kalt und schnalle mir meinen Waffengürtel um.

„Annie, du hast keine Ahnung, was du da sagst. Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Du weißt nichts!", fährt er mich kalt und mit schneidender Stimme an und ich verenge die Augen wütend.

„Ja, stimmt! Ich bin ja immer nur die dumme Annie, die keine Ahnung vom royalen Leben hat und sich ständig unsittlich verhält! Das hast du mir oft genug gesagt, ich weiß.", schreie ich ihn an und schnalle meinen Gürtel fester zu, als ich es eigentlich sollte. Doch das ist mir gerade egal.

„Weißt du was? Wenn es so schlimm hier ist, dann verschwinde! Und komm bloß nicht wieder! Wenn du auch nur einen weiteren Fuß in mein Königreich setzt, dann sorge ich persönlich dafür, dass du in den Kerker geworfen wirst! Komm niemals wieder!" Namor erinnert mich in diesem Moment an einen Wahnsinnigen und ich realisiere, dass das hier das Ende ist. Keine Chance mehr, dass wir noch etwas retten können. Keine Chance, dass ich noch etwas retten will. Ich sehe ihn nickend an.

„Gut, werde ich nicht!" Mit diesen Worten drehe ich mich wortlos um und lasse die schweren Türen der königlichen Gemächer mit meinen Kräften zuknallen. 

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Diese Geschichte ist der vierte Teil meiner Avengers Reihe. Es empfiehlt sich, die ersten Teile ebenfalls zu lesen, um alle Hintergründe zu verstehen, ist aber nicht notwendig. 

Viel Spaß xx 

Annie IV - Infinity War + EndgameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt