Kapitel 1: Der Rat des Ordens

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Kirishimas PoV

Ich öffnete die schwere Tür zum Versammlungssaal. Die eisernen Scharniere ächzten unter der Belastung und das Geräusch verschaffte mir eine Gänsehaut. Vor uns öffnete sich ein großer hell beleuchteter Raum. Die steinernen Wände waren kunstvoll behauen, sodass es so schien, als würden sie bewachsene Säulen zieren. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch aus dunklem Holz, um den herum der Rat des Ordens Platz genommen hatte. Es waren 12 Personen, bunt gemischt in Alter und Geschlecht. Jeder von ihnen hatte eine besondere Aufgabe, aber nicht mit jedem von ihnen hatte ich bisher persönlichen Kontakt.

Mein Blick schweifte zu Mister Fennricks, dem Hüter der Bibliothek hinüber zu Telana und Taran. Es war Zufall, dass ausgerechnet die einzigen beiden in meinem Alter diejenigen waren, deren Wissen sich für mich als am wertvollsten erwies.

Angefangen hatte alles damit, dass Miss Farney mich nach ihrem Unterricht zu Telana, einem großen schlanken Mädchen mit kupferrotem Haar, schickte. Ihre Aufgabe bestand darin, mich in die Geschichte und Eigenschaften der verschiedenen Drachenclans zu unterweisen. Telana war von besonders freundlicher und geduldiger Natur, besaß aber zugleich einen messerscharfen Verstand. Gerade in der Anfangszeit hatten wir viel Zeit in der Bibliothek verbracht, immer unter den strengen dunklen Augen von Mister Fennricks.

Taran war mir erst nach einiger Zeit aufgefallen. Er war offiziell nur der Schlüsselhüter der geheimen Schriften. Inoffiziell wusste aber jeder, dass er Wissen besaß, dass viel tiefer reichte. Taran war ein junger Mann von 25 Jahren, mit schwarzen Haaren und ebenso dunklen Augen. Kennengelernt hatte ich ihn jedoch nicht als ein Mitglied des Ordens, sondern als niemand anderen als Telanas festen Freund. Immer wieder hatte ich ihn, während einer von Telanas und meinen Sitzungen gesehen und hatte seine eifersüchtigen Blicke bemerkt, bis Telana mir irgendwann mit einem Augenrollen erzählt hatte, wer er war. Taran war die gesamte Zeit sehr distanziert gewesen, doch das hatte sich schlagartig verändert, als ich einmal beschloss Katsuki mit zu einem der Treffen zu nehmen. Nicht nur, dass er und Telana sich intellektuell ebenbürtig waren und sich Wortgefechte lieferten, bei denen mir Hören und Sehen verging. Nein, Katsuki war ein ebenso eifersüchtiger und besitzergreifender Partner wie Taran es war, und in dem Moment wo er auftauchte, waren die Fronten geklärt und der distanzierte Schlüsselhüter taute allmählich auf.

Taran ging von dort an mehr und mehr auf mich ein und erklärte mir viel über die Halbdrachen, ihre Eigenschaften und ihre besonderen Fähigkeiten. Sein Wissen über meine Art war erstaunlich und manchmal fragte ich mich, ob er seine Kenntnisse aus den geheimen Schriften gewonnen hatte. Er erzählte mir viel: Was für Eigenschaften die Halbdrachen von den Drachen und welche sie von den Menschen besaßen. Außerdem zeigte er mir, wie ich diese besonders geschickt einsetzten konnte und übte mit mir die Teilverwandlungen. Diese Art von praktischer Übung und Training lag mir deutlich mehr, als all die Geschichte und blanke Theorie und so genoss ich die Einheiten mit Taran schließlich doch am meisten.

Der Schlüsselhüter nickte uns lächelnd zu, als wir den Raum betraten und Telana zu seiner rechten hob unauffällig die Hand und winkte. Am Kopfende des Tisches saß Mister Dracoon, der Vorsitzende des Rates. Er war der älteste in der Runde, mit schulterlangem silbernem Haar und smaragdgrünen Augen, die unter buschigen Brauen hervorblitzten. Er hatte sich ein wenig vorgelehnt, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt und die Fingerspitzen bedächtig aneinandergelegt.

Er beobachtete geduldig, wie wir drei uns auf die verbliebenen Stühle setzten, ehe er mit tiefer sanfter Stimme anfing zu sprechen.

„So ich schätze wir wissen, warum wir alle hier sind. In einem kleinen Dorf, nicht weit von hier hat es den ersten Drachenangriff seit Jahren gegeben. Wir wissen momentan noch nicht, was den immerwährenden Krieg neu entfacht hat, aber feststeht, dass es viele Opfer gegeben hat. Jahrelang war der Orden unfähig zu handeln, doch seit drei Jahren haben wir unseren Hoffnungsträger Kirishima bei uns."

Ich spürte, wie sich die Blicke aller auf mich richteten und rutschte unruhig auf meinem Stuhl herum, während ich die Ratsmitglieder nervös anlächelte.

Mister Dracoon zwinkerte mir aufmunternd zu, ehe er fortfuhr. „Ich denke wir sind uns alle einig, dass wir die Fähigkeiten eines Halbdrachen vor Ort brauchen, aber da es diese Situation in der Geschichte des Ordens noch nicht gegeben hat, möchte ich sichergehen, dass ich mit einem solchen Befehl im Sinne aller handele. Also frage ich euch jetzt: Soll Kirishima ausrücken? Wenn ja, bitte ich um ein Handzeichen." Alle 12 Ratsmitglieder hoben ihre Hand und Mister Dracoon lächelte beifällig bei dem zu erwartenden Ergebnis. „Nun gut, dann stellt sich nur noch die Frage, wer mit ihm geht."

„Ich werde mitkommen.", sagte Taran ruhig. „Er wird mein Wissen gebrauchen können, falls es zu einer Auseinandersetzung kommen sollte."

Der Vorsitzende nickte ihm lächelnd zu. „Das erscheint mir sinnvoll, aber die Gruppe sollte nicht allzu groß sein. Vielleicht noch zwei Leute. Ich schlage vor, dass ihn noch Telana und Mister Harlek begleiten. Telanas Wissen wird bei den Verhandlungen helfen und Mister Harlek kann ihm Geleitschutz geben."

Mein Blick wanderte zu dem stiernackigen Mister Harlek, der ein hervorragender Schwertkämpfer war. Ich kannte ihn nicht wirklich, hegte aber eine gewisse Antipathie. Doch noch ehe ich höflich etwas einwenden konnte, meldete sich Katsuki zu meiner linken zu Wort.

„Wozu braucht er Geleitschutz, wenn ich dabei bin?", fragte er beinahe knurrend.

Die Stille, die sich nach dieser Frage über die Anwesenden senkte machte eines deutlich: Keiner war je davon ausgegangen, dass Katsuki mich begleiten würde.

Mister Dracoon legte den Kopf ein wenig schief und lächelte meine Gefährten fragend an. „Nun denn ... Herr Bakugou, dies ist eine Mission des Ordens und Sie sind keinesfalls Mitglied. Dass Sie hier überhaupt an einer Versammlung teilnehmen dürfen, können Sie schon als Ehre betrachten. Um das klarzustellen: Sie sind nicht Teil dieser Mission.", sagte er ruhig.

Katsuki sprang wutentbrannt auf. „Sie haben mir nicht zu sagen, wohin ich gehen werde und was ich zu tun habe! Ich bleibe bei Red, ob Sie wollen oder nicht!" Seine roten Augen blitzen gefährlich, während er in die Runde sah.

Aber auch ich spürte, wie in mir mehr und mehr Wut hochkochte. Ich hatte mich der Mission des Ordens willentlich unterworfen, da ich fand, dass der Frieden es wert war. Dennoch fand ich den Umgang, den sie Katsuki gegenüber pflegten langsam nicht mehr tragbar. Ich biss die Zähne wütend zusammen.

„Setzen Sie sich Herr Bakugou und mischen Sie sich nicht in unsere Angelegenheiten ein!" Der sonst so ruhige Mister Dracoon hatte seine Stimme warnend angehoben.

Katsuki wollte gerade etwas Hitziges erwidern, als ein tiefes Knurren den Raum erfüllte. Mein Knurren. Ich bleckte die Zähne und spürte wie ich mich unbewusst halb verwandelte. Hörner sprossen über meinen Ohren, meine Pupillen verengten sich zu Schlitzen und zwischen meinen Schulterblättern sprossen zwei Flügel hervor. Wütend starrte ich die Ratsmitglieder an, ehe mein Blick schließlich an dem Vorsitzenden hängen blieb.

Alle im Raum waren wie erstarrt, als ich langsam aufstand. „Wagen Sie es nicht so mit ihm zu sprechen. Er kommt mit, sonst können Sie ihre Mission ohne mich durchführen."

DRACHENBRUT II (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt