V E I N T I D Ó S

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Träge sah Boston zu mir auf. 

Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Haar zerzaust und sein Hemd voller Weinflecken.

Kurz gesagt: Im Großen und Ganzen sah er scheiße aus. Einfach nur verwahrlost.

Es war nichts mehr von dem gutaussehenden charmanten Typ übrig, den ich mal kennengelernt hatte.

„Was ... wie ... Träume ich?"

Wie in Zeitlupe stand er auf. Dabei wackelte er unkontrolliert. 

Er hatte eindeutig zu viel getrunken.

Ebenso sprachlos wie er, saß ich erstmal einfach so da.

„Bo-Bo-Boston?!"

Das Glück war zu greifbar, als dass ich meinen Augen trauen durfte.

Klirr.

Die Flasche, die sich eben noch in Bostons Hand befunden hatte, schlug splitternd auf dem Boden auf. 

Mit schnellen Schritten torkelte Boston auf mich zu.

Ich rollte ihm ebenfalls entgegen.

Jeder Meter fühlte sich an wie eine anstrengende Reise um die Welt, doch als wir es endlich geschafft hatten, verspürte ich nur noch Glück. 

Endloses Glück.

Boston kniete sich zu mir runter und wir fielen uns weinend in die Arme.

„Scheiße, bist du eine Oase?!" 

Boston strich sanft und gleichzeitig heftig schluchzend über meine Wangen.

„Hat Carlo Recht und ich habe jetzt schon so viel getrunken, dass ich halluziniere?"

Seine Hand wanderte wie früher von meinem Gesicht zu meiner Taille. 

Es fühlte sich so vertraut an, an seiner warmen Brust zu lehnen, dass ich mir sicher war, dass das hier echt war.

Nach drei unendlich langen Monaten umarmte ich endlich wieder Boston Lopez Garcia.

Meine einzig große Liebe.

Weinend drückte ich mich an ihn. Er war es wirklich.

„Was machst du hier?" Langsam schien Boston aus seinem benommenen Zustand aufzuwachen. Jetzt fielen ihm die Fesseln auf. 

„Sie sind hier, habe ich Recht?"

Wütend wollte er aufstehen und aus dem Raum stürmen, doch ich versperrte ihm schnell die Tür mit meinem Rollstuhl.

Mal ganz davon abgesehen, dass er viel zu viel Alkohol intus hatte, war es grundsätzlich keine gute Idee, sich mit ausgebildeten Gangstern – oder Managern für spontane Eigentumsübertragung – anzulegen.

„Pssst!" Verzweifelt lehnte ich meine Stirn gegen sein. 

„Du musst dich verstecken! Wenn sie dich finden, dann ..."

„Ich?!" Boston blinzelte ein paar Tränen weg. 

„Du! Dich müssen wir verstecken! Wo bist du die ganze Zeit gewesen? Wir haben nie aufgehört, nach dir zu suchen!" 

Forschend sah er mich an, dann machte er sich daran, die Fesseln um meine Hände zu lösen. 

Gleichzeitig musterte ich ihn.

„Du verstehst das nicht!"

Erschöpft versuchte ich nochmal, jedes Detail von seinem Gesicht aufzunehmen. 

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